Freitag, 14. Juli 2006
Papier ist geduldig
Ein Vergleich zweier deutscher Lexika. Nur das eine ist im Volkseigenen Verlag der DDR erschienen, das andere ist von Bertelsmann (BRD). Beide stammen aus den 50ern. Ich fand den Vergleich sehr interessant...


Bundesrepublik Deutschland: Bez. für den entgegen den Beschlüssen der Konferenzen von Jalta u. Potsdam auf Veranlassung der westl. Besatzungsmächte in Übereinstimmung mit den Interessen der dt. Monopolisten u. Junker am 7.9.1949 gebildeten Seperatstaat; (...) In der dt. B. gelang es mit Unterstützung desinternat. Großkapitals, die Machtposition der Großbourgeoisie wiederherzustellen (...). Mit Hilfe amerik. Dollaranleihen wurde bes. die kriegswichtige Industrie unter Herrschaft u. Leitung der alten Monopolherrn wieder aufgebaut u. in das Kriegswirtschaftssystem der NATO-Paktstaaten eingeordnet.
Die den Werktätigen in der Verfassung formal gewährten Rechte werden in der Praxis weitestgehend beschnitten (s.a. Betriebsverfassungsgesetz).
Im Charakter der Staatsform nach eine parlam. Republik , die in der Praxis militarist.-faschist. Züge annimmt. In der Bonner Regierung sind von 18 Minister 13 Großkapitalisten, Bankiers oder Gutsbesitzer.
Die Werktätigen Westdtschl. erkennen mehr u. mehr den antinat. u. antidem. Charakter des Staates u. kämpfen mit wachsendem Erfolg auf der Grundlage des Programms der Nationalen Front des dem. Dtschl. für ein einheitliches, friedliebendes, dem. Dtschl., das frei ist von Monopolen, Junkern und knechtenden Kriegsverträgen.

Bundesrepublik Deutschland: Der am 23.Sept. 1949 auf der Grundlage des GG aus den damaligen 11 westdeutschen Ländern (...) gebildete Bundesstaat. (...) Die Staatsbürger besitzen gegenüber der Staatsgewalt festumrissene Grundrechte, an die alle Staatsorgane gebunden sind. Das Bundesvolk ist zwar Träger der Staatsgewalt und höchstes Staatsorgan, an der Ausübung der Staatsgewalt aber unmittelbar nur durch Wahl des Bundestags u. durch Abstimmungen über gewisse Neugliederungen des Bundesgebiets beteiligt.
(...)
Die Souveränität der BRD ist zunächst durch das Besatzungsstatut beschränkt. Die darin den Alliiierten Besatzungsmächten vorbehaltenen Befugnisse werden von der Alliierten Hohen Kommission (...) wahrgenommen.















Nur am Rande: Ist das eigentlich mit allen Browsern (v.a. Firefox) als Zweispalter dargestellt? Ich hatte da ein paar HTML-Probleme (und so wies jetzt drin ist, scheint die einzige Version, wie es bei IE einigermaßen korrekt wiedergegeben wird).

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Habe Feuerfüchslein und kann es ordentlich sehen. Die Spalten sitzen ein bißchen eng nebeneinander, z.B.
in das Kriegswirtschaftssystem der beteiligt
läuft direkt ineinander, aber es ist ok.

Abgesehen davon ist es ein wirklich interessanter Text. Wir halten uns viel zu selten vor Augen, auf welch komplett unterschiedlicher Information die Weltsicht anderer basieren kann und wie jeder von uns dadurch auch geprägt wird.

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@la schluess: Danke für die Info... (irgendwann mal krieg ich das mit den Abständen auch noch hin...)

Ich find allein schon die Sprache sehr interessant (v.a. den DDR-Teil <- das liegt aber vermutlich daran, dass ich in Westdeutschland aufgewachsen bin und mir der hiesige Sprachgebrauch vertraut erscheint).
Da werden noch ein oder zwei Folgen kommen...;-)

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Und welcher Text beschreibt uns nun Realitätsnäher? Wer von beiden hat(te) recht? Ich denke, beide Ansichten sind heute noch vertreten.

Ist sowas ein Grund Lexika zu misstrauen? Ist die Wikipedia in dieser Hinsicht ein Fortschritt?

Hey, alle meine Fragen sind völlig wertfrei. Die gingen mir nur gerade durch den Kopf.

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@Herrn Goetze
Und welcher Text beschreibt uns nun Realitätsnäher? Wer von beiden hat(te) recht? Ich denke, beide Ansichten sind heute noch vertreten.
...deshalb wars mir wichtig, das nebeneinander zu stellen...
Historisch könnte man nun sagen, dass letzten Endes wohl die BRD Recht behalten hat. Dennoch haben für mich beide Versionen ihre Berechtigung. Auch in der BRD war längst nicht alles Gold was glänzt(e)...
Ist die Wikipedia in dieser Hinsicht ein Fortschritt?
Mal abgesehen von der großen Schwäche von wikipedia ("viele Köche verderben den Brei" und der Gefahr der Fehlinformation (bewusst oder unbewusst eingestellt), gibts durch eine hohe Anzahl der Beteiligten irgendwo schon ein Korrektiv. Nennen wirs mal "demokratischer"....

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Ich bin ein Westkind und habe lange geglaubt, dass bei uns alles so toll und demokratisch ist. Wenn man diese ideologische Kampfsprache mal wegnimmt, bleibt aber doch das ein oder andere Bedenkenswerte übrig, nämlich wer hat hinter den Kulissen stark prägend Einfuss auf unsere Gesellschaft genommen? Werden wir nicht auch manipuliert? Wenn ja, von wem? Allein die Augen offen halten für eigene Anfälligkeiten ist schon ein wichtiger Schritt. Ich finde auch diese Hochnäsigkeit unerträglich, mit der manche Wessis so tun, als ob sie per se die besseren Menschen seien, sich in einem repressiven Umfeld ganz sicher viel besser verhalten hätten und daher in einer Weise über Dinge urteilen, zu denen ihnen jegliche Berechtigung fehlt.

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...man verliert -selbst im vermeintlichen Paradies BRD- irgendwann mal sämtliche Illusionen...

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Das ist aber schon ein älteres DDR-Lexikon, oder?

Wir hatten damals eine junge Dame in der Klasse, die behauptete immer, sie wisse, dass die Kinder in Westdeutschland in absoluter Armut aufwachsen und täglich ums überleben kämpfen müssten. Ich weiß nicht, wo sie das her hatte, sie nahm es aber irgendwie als gegeben hin. Ok, nachschauen konnte sie nicht aber der gesunde Menschenverstand und der Glaube an das heimlich geschaute Westfernsehen ließ eigentlich alle anderen daran zweifeln. Da könnte man tatsächlich eine Serie draus machen.

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@büffel: Ja...beide Lexika sind älter. Das DDR-Lexikon ist aus dem Jahr 1957, die BRD-Version stammt von 1955.

EDIT: Schöne Idee mit der Serie....bufflons Wünsche setz ich gerne um...

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Ich finde das Thema auch äusserst interessant - also wenn du noch mehr Material zur Verfügung hast, immer her damit!

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