Sonntag, 28. Januar 2007
Web Zwo Null
Schöne neue Internetwelt. Vielgepriesen das tolle Web 2.0. Und es ist ja auch tatsächlich toll. Wenn mir vor ein paar Jahren mal jemand prophezeit hätte, dass ich mal Texte schreiben würde und die dann auch noch Publikum finden würden, hätte ich vermutlich den Vogel gezeigt.
Jeder darf mal, jeder macht mal. Das ist gut so.

Allerdings finde ich, dass es auch da sehr bedenkliche Entwicklungen gibt:


Youtube, Flickr etc.

Wunderschönes Instrument. Aber leiderleiderleider find ich hie und da auch äußerst fragwürdigen Content. Ein Video mit extremsten Gewaltinhalten hab ich nach etwa 3 Mausklicks vor mir. Problemlos. Nazidreck? Dito. Nun mag es die Mehrheit der Nutzer verstehen, damit umzugehen, aber der 12jährige Noah-Oliver aus Oer-Erkenschwick weiß das auch zu bedienen (und weiß Gott besser als die allermeisten Erwachsenen)


Wikipedia

Mal von einigen Späßen, die sich dort ereignen abgesehen: Auf den ersten Blick erscheint die Möglichkeit, dass jeder sein Wissen weitergeben kann, als gigantischer Bildungspool, der zum Segen der Allgemeinheit verwendet werden kann. Prinzipiell ist das so. Zumindest in der Theorie. Allerdings hat nicht ein jeder lautere Absichten. Artikel können beliebig und gezielt verändert und gefälscht werden.
Und wenn sich dann die "Mehrheitsmeinung" durchsetzen kann, ensteht nicht selten ein Brei, der mit der Realität und der Wahrheit nicht mehr viel zu tun hat. Dann ist das nicht mehr das, was tatsächlich ist, sondern das, worauf die Gemeinde sich einigen konnte. Es lässt sich die komplette Geschichte neu erfinden und umdeuten.
Mit "Elite" hat das nix mehr zu tun.


Blogs

Tolle Errungenschaft. Wirklich. Ich liebe das inbrünstig.
Nur: Damit lässt sich Stimmung erzeugen bis zum Anschlag. Irgendeiner schreibt irgendwas und schon kann es sein, dass zig Leute angesprungen kommen und in die gleiche Kerbe hauen. Völlig unabhängig mal davon, ob die Ausgangsthese stimmt oder nicht. Auch vollkommen ungeprüft. Das mag bei wirklichen Skandalen ein positiver Pluralisierungseffekt und Multiplikator sein, aber wenn jeder Mist ungeprüft übernommen wird, unterscheidet sich die Gemeinde nicht sehr von der Schafherde, die halt deshalb wählen geht, weil alle wählen gehen und die deshalb ihr Kreuz halt dort machen, wo man es immer schon gemacht hat. Aber fragt man sich denn auch immer, ob das, was man grade gelesen hat, auch stimmt (ich zumindest tu das nicht immer, wie ich immer wieder erschreckt feststell)?
Und nur mal nebenbei: Die Eitelkeit von Bloggern kennt kaum Grenzen. Da wird dann alles sofort persönlich genommen (auch wenns ganz allgemein gehalten ist)

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Ist halt die übliche Frage, für wie mündig man den Nutzer hält. Ich versuche, Artikel und Blogbeiträge möglichst kritisch zu lesen, Populismus von Objektivität zu unterscheiden und für Themen, die mich bewegen, weitere (davon unabhängige) Quellen zu finden. Das gleiche mache ich aber auch bei Informationen, die durch einen Redakteur oder Journalisten vorgefiltert wurden.

Manipuliert wird auch außerhalb des Web 2.0. Im Grunde muss sich jeder selbst entscheiden, wie weit er seiner Quelle vertrauen will. Ich halte es für kritischer, dem Nutzer jegliche Mündigkeit abzusprechen und Dinge wie YouTube und Blogs als potentielle Plattformen für gefährende Inhalte anzusehen. Was ist denn das für ein Menschenbild?

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ich kann da Herrn Chauvi nur zustimmen.
Journalisten rennen zwar gerne in der Gegend rum und behaupten, ihre öffentlichen Zeitungsartikel sind um Längen seriöser als jeder private blogcontent, weil sie sich ja insbesondere dadurch auszeichnen, dass sie professionell recherchiert sind und überhaupt sind Journalisten besser, da sie die gesamte Materie ja von der Pike auf gelernt haben und generell ihren Lebenssinn nur unter der Überschrift des "objektiven Berichterstatters und Informanten" sehen. Darüber kann ich nur leise kichern und mich über jeden amüsieren, der bedingungslos glaubt, was in der Zeitung steht. (Egal in welcher)
Da ich mir meine Meinung gerne selber bilde, finde ich es auch ausgesprochen angenehm, wenn ich zu Themen, die ich wichtig finde, viele verschiedene (vorzugsweise kontroverse) Stellungnahmen finde, insofern mag ich blogs schon deshalb, weil da halt auch mal was anderes steht. Mag ja sein, dass es schlecht oder gar nicht recherchierter Nonsense ist, aber immerhin hat das da jemand als seine persönliche Meinung geschrieben und schon allein deshalb finde ich es interessant, wahrzunehmen, dass es auch abstruse Meinungen geben kann.

Zu Youtube, flickr etc: Mag sein, dass sie den Zugang zu Gewaltvideos oder anderem Schweinkram erleichtern. Da es so ein Zeug aber auch in ausreichender Menge überall sonst gibt, wird jeder, der es sucht, es auch anderswo finden. Und wer es nicht sucht, aber durch Zufall da landet, der klickt entweder weiter, weil er es schlicht blöde findet oder ist im Kern eh schon interessiert und wird es deshalb auch irgendwann irgendwo anders entdecken und sich angefixt reinziehen.

Wikipedia: Finde ich praktisch, weil es geballt und an einer Stelle erste Informationen über ein gesuchtes Thema bietet. Wenn dieses Thema für mich wichtig ist, will ich eh genauer darüber Bescheid wissen, und recherchiere deshalb sowieso auch noch an anderen Stellen.
Wer Wikipedia unbesehen glaubt, glaubt ja auch der Bildzeitung.

Zusammenfassung: Besitzt man ein halbwegs kritisches Gemüt, sind die Vorteile des web 2.0 ganz beachtlich. Für Menschen mit eher einfacher Struktur mag es zu gefährlichen Meinungsfehlbildungen kommen, nur konnten diese Menschen auch schon 1936 ohne jedes Internet ganz wunderbar manipuliert werden - wer manipulieren will, wird dafür immer einen Weg finden.

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Für Menschen mit eher einfacher Struktur mag es zu gefährlichen Meinungsfehlbildungen kommen, nur konnten diese Menschen auch schon 1936 ohne jedes Internet ganz wunderbar manipuliert werden - wer manipulieren will, wird dafür immer einen Weg finden.
Auch wenn ich dem meisten zustimme ist das gelinde so einfach nicht richitg.
Das einfach auf eine "einfache Struktur" der Menschen zu schieben ist zu leicht.

Jeder hat "Knöpfe" die man drücken um Leute zu manipulieren.
Davon ist keiner ausgenommen. Auch wenn manche manipulierbarer sind als andere, heißt das nicht das man dagegen Immun ist.

Manipulierbarkeit ist keine Sache des Willens. Und der größte begünstiger ist die Illsuion nicht (oder kaum) manipulierbar zu sein.
Das Gefühl der sicherheit öffnet dem ganzen einfach Tür un Angel.

Dieser "Irrglaube der Unverwundbarkeit" ist im übrigen grade hier in der "westlichen Welt" zu finde.

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Manipulierbarkeit
Dem kann ich nur zu 100% zustimmen. Da Marketing u.a. eines meiner Seminarfächer ist, finde ich das auch völlig okay - wo bliebe ich sonst mit meinem Marketing?>ggg<

Ich wollte damit aber auch nicht sagen, dass nur Menschen mit einer einfachen Struktur meinungsbildend manipuliert werden können, sondern nur, dass es da noch einfacher ist. (Meines Erachtens nach ist es aber auch grade ein Zeichen für eine "einfache Struktur", wenn man behauptet, man sei nicht manipulierbar. Grade dann, aber hossa!)

Selbst "erkannte" Manipulation wirkt oft noch.
Ich erinnere mich noch an den Tag, wie ich vor den Waschmitteln stand und nach einigem Zögern (ich habe mich vor mir selber geschämt) dann doch das neue Spezialwaschmittel extra für "schwarze Wäsche" dringend kaufen musste. Mir war völlig klar, dass ich da grade auf eine Marketingmanipulation hereinfiel, aber hmmm, wenigstens ausprobieren muss ich es doch mal?.........
Immerhin bin ich nicht so weit gegangen, da für alle Zeiten drauf zu schwören....

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@chauvi und anje: Ich bin weit davon entfernt, die Nutzer verdummen zu wollen...ich stelle mir nur -medienpädagogisch- die Frage, was es bewirkt, wenn jeder auf dem Planeten die Hinrichtung von Saddam Hussein mit 1 (!) Mausklick begutachten kann. Kein Zweifel: Die Mehrheit der Nutzer nutzt die Möglichkeiten sinnvoll und gut und es ist meinetwegen auch ein Instrument der Demokratisierung (nicht umsonst fürchten repressive Staaten wie der Iran oder China ihre Blogger), aber dennoch bin ich der Ansicht, dass man nicht alles "einfach so mal schnell machen" kann. Es gehört auch immer ein gutes Stück Verantwortung dazu...

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Ähhh...ja.
Und: Neinneinnein!

Diese ganze Medienpädagogiknummer ist irgendwie so "deutsch". Ständig sollen alle vor irgendwas geschützt werden. Aber trotz der ganzen Schützerei gibt's täglich eine Sendung auf RTL2, die sich "Nachrichten" oder "News" nennt, die aber mal gar nichts damit zu tun hat.

Wer schützt eigentlich Noah-Oliver aus Oer-Erkenschwick vor den ganzen Talk-Shows?

Ich bin per Zufall auch bei dieser Saddam-Hinrichtung gelandet, als ich aber merkte (noch im Vorspann), was ich da geklickt habe, hab' ich's ganz schnell wieder abgewürgt. Brauch' ich nicht.

Sicher ist es blöd, wenn Nazis durch solche Instrumente eine Plattform bekommen. Aber ich denke mal, daß die auch anders zu ihrer Klientel kämen - sind sie ja auch, in den vergangenen Jahrzehnten.

Es regt mich regelmäßig auf, wenn ich wieder mal irgendwo darüber stolpere, daß unsere Verfassung streckenweise für eine verblödete verblendete Bevölkerung gemacht wurde, die nicht in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen, oder besser gesagt: Für ein Volk, von dem man eben befürchten muß, daß es gleich über ein anderes Volk herfällt, sobald man es mal richtig was entscheiden lässt.
Mag ja sein, daß das 1949 nach besten Wissen und Gewissen passiert ist, aber solange Politiker bei uns in allererster Linie mal "ihrem Gewissen" verpflichtet sind (das ihnen ja spätestens auf Landtagsebene amputiert wird), und nicht ihren Wählern, solange wird's auch nicht besser mit der Politikverdrossenheit.
Politikverdrossenheit heißt für mich persönlich übrigens folgendes: Ich habe mich mal in einer Partei engagiert, auf Jugendebene. Und da bin ich durch die von mir betreuten Wahlkreise geschippert und habe die Leute gefragt, wie ich ihrer Meinung nach über dies und jenes für sie abstimmen sollte - die hatten mich schließlich gewählt. Und das Ergebnis war eindeutig. Und dann gab's eine Abstimmung und auch gleich Skandal, weil man mir plötzlich kam mit "Fraktionszwang, wegen dem ich anders stimmen "mußte", als ich wollte/sollte. Da hab ich's dann geschmissen - das ist meine Politikverdossenheit.

Ich wollte nur sagen: Ihre Besorgnis in allen Ehren, aber Müll gibt's überall. Dagegen sind Sie machtlos, solange BILD in jeder Bäckerei (auch für Noah-Oliver, unter 18) frei verkäuflich ausliegt.

Je größer natürlich die Zahl der Beiträge durch Web zwonull, umso größer wohl auch der Müllanteil. Aber vielleicht gleichzeitig auch eine größere Vielfalt von Ansichten. Die es unter Umständen auch wieder einfacher machen kann, herauszufinden, was man selber denkt.
Wird ja bei uns traditionell nicht gerade gefördert, das Bilden eigener Ansichten.
Also vielleicht doch nicht so braun rot grün schwarz sehen.

Meine Meinung.

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Klar gibts Müll allenthalben und natürlich viel Mist im Fernsehen und sonstwo. Dieses Mal aber produzieren "wir" den Müll und nicht RTL Zwo...

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Ach: Die dürfen und wir nicht??

*ggg*

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....man muss ja die Maßstäbe nicht unten ansetzen und sich niveautechnisch dort einreihen, oder?

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Manchmal befürchte ich, dass ein Großteil der Leute nur noch Müll möchte. Sie kommen mit mehr nicht mehr zu recht. Denken ist zu kompliziert und verlangsamt den Globalisierungsprozess. Nicht denken, konsumieren und viele Schafen springen dann eben auf diesen Zug auf. Was soll man machen? Feststellen ist die eine Seite, reagieren die andere, viel wichtigere. Kanzelpredigten werden wohl nicht helfen, von oben herab darf in Deutschland nur der Bohlen. Selbsternannte Meinungsmacher gibt es sowieso genug. Also, was tun? Und wieder mal stehe ich ein wenig ratlos da, schau mir ein paar youtube-Videos an und schreib einen Blogbeitrag, nen möglichst langen am besten. Den liest eh keiner. ;-)

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Darf sich ja auch gern jeder seine Portion Trash reinziehen....teilweise ist die Trashquote aber schon ganz enorm hoch. Wär alles nicht so schlimm, aber diese Leute gehen -wenns dumm läuft- fatalerweise auch noch wählen....

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"Käsebrot - ist ein gutes Brot"
Der eine sagt:"Kompletter Müll, Schwachsinn, Verblödung", findet es gar ganz "unmöglich" und für den anderen ist das eine "Kunstform".
Was ist überhaupt "Trash"?
Der Röhrende Hirsch? Backsteintapete? IKEA-Regale? Schlingensieff? Büchner? Hölderlin? Helge Schneider?
Wer bestimmt, was "wertvoll" und was "wertlos" ist?

....man muss ja die Maßstäbe nicht unten ansetzen und sich niveautechnisch dort einreihen, oder?

Nein, muß man nicht.
Aber wem will ich diktieren, wo er sein Niveau ansetzt?
Ich kenne Leute, die sind schon mit dem Niveau der RTL2-News überfordert, und andere schätzen das sehr, weil "da mal normal geschwätzt wird, ohne so viele Fremdwörter..."
Das ist nun mal die Realität.

Selber kann man's doch nur so gut machen, wie man's eben kann. Und versuchen, es immer besser zu machen.
Vermutlich trennt einen das schon vom "Trash", der nur Trash sein will.

Schützen kann man sich und das Web vor Müll nicht. Man kann sich höchstens weigern, sich manche Sachen 'reinzuziehen.
Die von Herrn Büffel erwähnten Beiträge mit einer gewissen Länge - eine Fülle von Buchstaben scheint auf viele (potentielle) Leser tatsächlich eine abschreckende Wirkung zu haben und qualifiziert sich damit als probates "Vergraulmich"
Als Abhilfe schlag' ich mal vor: Bloggen Sie einfach weiter Bildung. Vielleicht liest's aus Versehen ein "falscher".

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Nein, ich werde mich nicht in die Debatte um journalisitische Qualität, Gatekeeper und sonstige "die Welt ist schlecht!"-Geschichten einklinken.

Zunächst nur soviel: Der 12jährige Noah-Oliver aus Oer-Erkenschwick heißt rein statistisch Jan, Lukas oder Niklas. ;o)

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