Dienstag, 17. Oktober 2006
Rindviecher
Es gibt da eine großartige Printwerbung einer Fastfoodkette. Da dürfen dann Menschen wie du und ich die (angeblich) komplette Kette der Nahrungsmittel bis zum Endprodukt verfolgen.

Dieses Mal ist es Niklas K. aus Tübingen. Er durfte als "Qualitäts-Scout" dabei sein, wie das Rindfleisch verarbeitet wird. Das sieht schon sehr lustig aus, weil er in seinem weißen Ganzkörperkondom aussieht wie ein Spurensicherer im Tatort. Da hat er Glück gehabt. Die Dame nebendran ist nicht ganz so schlank und gleicht eher einer Wurst.

Der Marktführer hierzulande in Sachen Fastfood wirbt mit dem Satz
Das Rindfleisch stammt von 100.000 landwirtschaftlichen Betrieben, überwiegend aus Süddeutschland

Das soll wohl suggerieren, dass das verarbeitete Rindfleisch aus heimischer Produktion stammt.

Niklas K. aus Tübingen, wenn du diesen Scheiß tatsächlich glauben solltest, bist du ein Depp.

Es gibt in ganz Deutschland noch etwa 300.000 landwirtschaftliche Betriebe. Da ist jeder Spargelerzeuger mit drin, jeder Winzer, jeder Milch- und jeder Schweinebauer. Da ist auch jeder dabei, der 2 Hektar Obstwiesen hat und ein paar Äpfel auf dem Markt verscheuert.
Und dann soll es tatsächlich noch 100.000 Betriebe geben, die allesamt Rinder großziehen und die allesamt an die McDoof-Schlachterei liefern?

... comment

 
"überwiegend" ist ja so ein schönes Wort. Das haben die schon richtig ausgesucht, denn es muss nicht zwangsläufig 90% bedeuten, noch nicht einmal 50%.
Denn wenn sagen wir mal 30% aus Deutschland und die restlichen 70% aus verschiedensten anderen Ländern (mit jeweils 0-29% Anteil) kommen, kommt immer noch der überwiegende Teil aus Deutschland.

... link  

 
Gibt es eigentlich Quellen woher das Fleisch tatsächlich kommt? Also die große Masse, nicht nur der überwiegende Teil?

... link  

 
Das wäre es mal wert, nachzuforschen....

Ich nehm mal an, dass dies irgendwo im momentanen "Transparenzwahn" irgendwo festgehalten ist...(ich hätte mal auf Südamerika getippt)

... link  

 
Ich hab auf ihrer HP nichts dazu gefunden. Nicht einmal den Hinweis, dass der "überwiegende Teil aus Süddeutschland" sein soll.

... link  

 
Hm, Südamerika war in den Neunzigern so ein Gespenst. MC holzt die Regenwälder ab, damit die Rinder dort lecker Gras fressen können.

Sollte doch rauszufinden sein.

... link  

 
Könnte passen. Irgendwo muß ja das Zeug hin, daß Maredo nicht in die Pfanne hauen kann.

... link  

 
Der überwiegende Teil kommt aus meinem landwirtschaftlichen Betrieb, der allerdings nicht in Süddeutschland, nicht mal im Süden Berlins liegt. Keine Ahnung, die. Pffft.

... link  

 

Fleisch aus Süddeutschland? Da lachen ja die Hühner! Die meisten Fleischfabriken sitzen bekanntlich im Norden, und schon die Arbeitssituation der Leute spottet jeder Beschreibung.

Letztes Jahr lief im Südwestfernsehen ein interessanter Beitrag, hier der Text aus den Programmhinweisen:

betrifft: Die Fleisch-Mafia
Ein Film von Adrian Peter

Reinhard Bauch ist ein einfacher Mann, rechtschaffen, Vater von acht Kindern. Gelernt hat er Schlachter - zu einer Zeit als das ein sicherer Job war - in einer Region, die vom Fleisch lebt, in der mehr fleischverarbeitende Betriebe existieren als irgendwo in Deutschland. Jetzt ist Reinhard Bauch arbeitslos. Ein halbes Jahr Arbeitslosengeld
bekommt er noch, dann droht auch ihm Hartz IV. Reinhard Bauch wurde entlassen - zusammen mit der gesamten Kolonne, mit der er am Band einer großen Firma arbeitete. Nur wenige Meter von seinem Haus
entfernt sind die Polen untergebracht, die jetzt seinen Job machen.
Sie sind in Streik getreten, erzählen von ausstehenden Löhnen, menschenunwürdigen Arbeitszeiten. Das Wohnheim, in dem sie hausen, ist in einem erbärmlichen Zustand. Auf wenigen Quadratmetern wird hier die Situation einer ganzen Branche deutlich. Der hemmungslose Konkurrenzkampf um Arbeit und Kosten, der Zehntausenden Deutschen ihren Job gekostet hat, wird greifbar. Ob auf dem Bau, im Handwerk oder im Fleischgewerbe. Die Osteuropäer drängen auf den Markt zu Löhnen, bei denen Deutsche nicht mehr konkurrenzfähig sind. Dabei hatte die Politik vor einem Jahr versprochen, dass genau das nicht passieren würde: Die Freizügigkeit für die Beitrittsländer wurde eingeschränkt für sieben Jahre. Doch niemand rechnete mit dem Erfindungsreichtum einer Mafia, die jede Lücke nutzt um Kapital aus dem Lohngefälle zwischen Ost und West zu schlagen. Dank monatelanger Recherchen ist es gelungen, exklusive Zugänge in dieses Milieu zu bekommen. Dadurch ist es möglich, konkret die Hintermänner der Fleischmafia, ihre Geschäfte und Tricks zu zeigen.
Die Geschichte beginnt Anfang der 90 Jahre. Es ist die Zeit des Wandels in Osteuropa - reihenweise fallen die kommunistischen Regime. Unter Helmut Kohl als Kanzler werden gegenseitige Abkommen geschlossen. Kaum im Fokus der Öffentlichkeit damals: Die sogenannten Werkvertragsabkommen. Sie erlauben es deutschen Firmen, sich "Kontingente" osteuropäischer Arbeiter in die Betriebe zu holen - wenn sie belegen können, dass Deutsche für diese Arbeiten nicht zu finden sind. Es ist die Geburtsstunde einer Mafia, die bis heute am Werk ist. Die "betrifft:"-Recherche zur Fleisch-Mafia führt in eine Welt, in der es vor allem um schnelles Geld geht. Wir zeigen die Hintermänner und Profiteure eines Menschenhandels von riesigem Ausmaß. Wir lernen Staatsanwälte und Gewerkschafter kennen, die seit Jahren gegen das Problem ankämpfen und immer wieder hilflos erleben, wie die Paten der Fleischmafia immer wieder in neue Gesetzeslücken stoßen. Wir sind bei aktuellen Razzien und Verhaftungen dabei, die wir exklusiv drehen konnten und bieten einen Einblick in eine Szene, die man eher im kriminellen Milieu als in der Ernährungsindustrie erwartet hätte.

... link  

 
@himbeer: Ist Teil der Printwerbung. Zu finden momentan in Zeitschriften (zumindest bundesdeutschen).
Aktueller SPIEGEL, Seite 165

EDIT: Hier gehts zum Flyer (ist zwar nicht die aktuelle Printwerbung, aber immerhin)
Zu den "Qualitätsscouts" kommt man über die HP: "McD entdecken"-> "Schon gewusst?"->"Qualitätsscouts"->"Rindfleischtour"

... link  

 
bei uns gibts dieselbe werbung im tv mit österreichischen rindsviechern. ;-)

... link  

 
Angesichts vom Bericht des Kollegen maternus und dann noch bei all den Gammelfleischskandalen der letzten Monate frag ich mich, ob das wirklich eine soooo clevere Marketingstrategie ist, mit deutschen Fleischerzeugnissen zu werben...

... link  

 
Man kann über MC sagen was man will, aber die Marketingabteilung hat was drauf. Der Gedanke an Gammelfleisch kam mir noch gar nicht.

... link  

 
Unter dem Gammelaspekt betrachtet kriegt auch der Satz
McD kauft Rohprodukte nicht direkt bei den Bauern, sondern über seine langjährigen Partnerbetriebe, die in der Lage sind, die Ware so zu verarbeiten, zu lagern, zu transportieren und zu kontrollieren, wie McD das fordert.
doch gleich eine ganz neue Bedeutung. Nich?

... link  

 
So wie Du das in den Kontext setzt, liebes Schnitzel - absolut.

ich werde beim Verspeisen meiner nächsten Totkuh- Frikadelle sicher an diesen Satz denken *gg*

... link  

 
:-) Guten Appetit.

...ich denke MC wird extremst kontrolliert. Man sollte sich eher bei den kleinen Fast Food Läden Gedanken machen.

... link  

 
@referral: Das stimmt. Es wird wirklich genau kontrolliert und viel fliegt recht schnell raus....
Vermutlich dürfte einen in Sachen Kolibakterien viel eher in einem urgemütlichen Restaurant der Super-GAU treffen.

... link  

 
Ehrlich gesagt solle man sich um so einen Scheiß auch keine Gedanken machen. Diese Hygienemanie ist zu extrem. Dann ist eben mal verkohltes Fett auf dem Grill und das Nudelwasser ist vom Vortag. Scheissegal! Das haben andere schon vor uns überlebt.

... link  

 
In Sachen Hygiene gibts einige recht interessante Studien. Vor allem hinsichtlich Allergien. Hier war bei Menschen, die im damals ungeteilten Vorkriegsdeutschland aufgewachsen sind, etwa gleiche Werte zu verzeichnen. Je jünger dann die Menschen wurden, desto mehr kam es zur Ost-West-Schere: Allergien waren in der Ex-DDR trotz -oder vielleicht gerade wegen- größerer Umweltprobleme deutlich weniger ausgeprägt (aber nicht nur deswegen). Mit der Wiedervereinigung gab es dann praktisch eine Riesenfeldforschung (mit dem Ergebnis, dass seither der Osten aufholt).

....nur mal so nebenbei von jemandem, der noch weiß, dass ein Butterbrot auch mit dreckigen Fingern schmeckt...

... link  

 
@bufflon: Ich mache mir grade echt Sorgen um die Jungbüffel...

... link  


... comment