Samstag, 13. Mai 2006
Spot the Difference
Sehr geniale Aktion von Herrn Radke...

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Das Klassenbuch
Die ganze Schulkarriere über waren wir ein ziemlich eingeschworener Haufen.
"Wir", das waren zu Beginn 8 Jungs. Im Laufe der Jahre gingen infolge indiskutabler schulischer Leistungen 2 davon abhanden. Blieben die letzten beiden Schuljahre noch 6 übrig.

Wir galten lange Zeit als Schrecken der Schule. "So eine schlimme Klasse hatten wir noch nie", hieß es. Aber das sagen sie ja immer über jede Klasse.
Man sagte uns, dass uns keiner unterrichten wollte und auch die Fahrt ins Schullandheim wegen uns 6 nicht stattfinden wird. Keiner der Lehrer sei bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen.

Wir begannen, uns in unserer Rolle zu gefallen und spielten die Anarcho-Rolle sehr gern mit: Im Englischunterricht beispielsweise mussten noch vor Unterrichtsbeginn 2 von uns den Saal verlassen und es war gut möglich, dass noch der ein oder andere nachkam. Für uns eine prima Gelegenheit, im Kiosk nebenan ein Bier zu trinken.

Wir, das waren:

- L.: Ihn verdächtigten sie lange, der Rädelsführer zu sein. In einigen "Affären" war er durchaus auch der Ideengeber gewesen. Bereits sein Bruder hatte mächtig Ärger mit den Lehrern und daher war er quasi von Beginn an "notorisch".

- H.: Einer, der eigentlich kein Wässerchen trüben konnte. Auf den ersten Blick. Auch wenn er chronisch bleich war und damals eher harmlos aussah....er war immer mit von der Partie. Bei allem.

- K.: Den hatten sie immer auf der Rechnung, wenn es um Blödsinn ging. Sehr ärgerlich fanden sie, dass K. trotz allerlei Schandtaten einer der Klassenbesten war.

- W.: W.s lange Schulkarriere hatte bereits diverse Schulen durchlaufen. Er galt als stinkefaul. Was er auch war. Dennoch hat er denn doch mit einem bewunderswertem Minimaleinsatz noch seinen Abschluss hingedeichselt.

- F.: Auch F. war immer und überall dabei. Sie appellierten an sein christliches Elternhaus, an seine Moral....es half alles nichts. Ihm machte es einfach Spaß. Zu allem Überfluss war F. auch noch Klassensprecher. Demokratisch gewählt. Das fuchste sie wohl am meisten.

- Tja. Und dann noch ich. Mein schulischer Einsatz wurde wohl nur noch durch W. unterboten. Trotzdem waren meine Noten noch einigermaßen passabel. Die Lehrer nannten mich "stinkfaul" und dass ich das alles noch bereuen werde (tue ich bis heute nicht). Sie fanden mich "provokant" und "vorlaut" und ich hätte einen völlig fehlgeleiteten Humor.


Eines Nachmittags saßen wir 6 beisammen. In Erwartung der Nachmittagschule. Die Schulkarriere neigte sich langsam dem Ende entgegen. Die schriftlichen Prüfungen hatten wir vor ein paar Tagen beendet.
Jeder von uns hatte schon ein paar Einträge und Verweise hinter sich: "Stören des Unterrichts", "Karateunterricht für S." (wir hatten einem Mitschüler ein blaues Auge gehauen und dies unter "Karate" verbucht; der Mitschüler traute sich nicht, auch nur nen Piep zu sagen), "Beleidigung eines Lehrers" undundund.

Dann passiert es: Irgendeiner von uns (ich weiß nicht mal wer) wirft das Klassenbuch/Tagebuch einmal quer durch den Raum. Ein anderer wirft es zurück. Ein lustiges Spiel beginnt. L. -passionierter Fußballer- versucht einen Fallrückzieher.
Darauf schneide ich die Vermerke und Einträge mich betreffend mit der Schere aus. So als kleines Andenken.
Etwa 20 Minuten später sah das Ding arg zerfleddert aus. Und wir standen vor der Frage: What shall we do with this book?

Es fand eine Abstimmung statt. Schön demokratisch. Zur Auswahl stand: Wieder auftauchen lassen und so tun, als wüssten wir von nix. Oder: Standesgemäße Verbrennung und rituelle Einäscherung.
Die Abstimmung endete 4-2. Fürs Verbrennen. Ich war seinerzeit auch fürs Feuer.

Und so fuhren wir einige Hundert Meter hinaus ins Grüne, L. drehte den Benzinhahn an seinem Mofa auf und dann zündeten wirs an. Herrlich. Es brannte nahezu komplett nieder. Bis auf einen traurigen Rest. Den verbuddelten wir.


Am nächsten Tag fiel auf, dass das Ding fehlte. Natürlich kamen sie zuerst auf uns. Wir beteuerten unsere Unschuld. Tja, und dann wurden ihre Mittel fies: Sie drohten (in unserer Abwesenheit) unseren Mädels damit, dass ihnen die Aschlusszeugnisse verwehrt würden und allesamt von der Schule verwiesen würden. Außerdem sei bereits die Polizei informiert. Diesen Druck hat dann die ein oder andere nicht mehr ausgehalten und so haben sie dann gesungen. Zumindest das, was sie wussten.
Seitens der Schule wars ohnehin klar: Wer (außer uns) hatte schon Interesse, das Ding verschwinden zu lassen?

Und so haben wir uns gestellt. Alle. Man befragte uns einzeln: L. kam nach weniger als 10 Sekunden wieder raus. Er hatte auf die Frage, wer denn Schuld sei "Jim, Jack und Johnny" geantwortet. Das hatten sie nicht verstanden und nochmal nachgefragt. Er meinte Jim Beam, Jack Daniels und Johnny Walker.
Auch wir hielten dicht. Wir seien es alle gemeinsam gewesen (was ja auch stimmte). Und dann die grausige Frage: Wo ist es?
Das machte deutlich, dass sie bisher davon ausgingen, dass es sich nur um ein Kidnapping nicht aber um ein tödlich verlaufenes Kidnapping handelte.

Wir erzählten die Wahrheit. Verbrannt und verbuddelt.

Sie glaubt uns nicht und schickten F. die Überreste auszugraben. Er erschien 20 Minuten später wieder mit der Asche in einer Plastiktüte.


1 Woche später beriet die Schulkonferenz über unser weiteres Schicksal. Rauskam:

- Wir hatten die finanziellen Kosten zu tragen für die Wiederbeschaffung eines neuen Klassenbuchs. 15 DM. Geteilt durch 6! (Hätte ich gewusst, wie wenig das kostet, ich hätte 10 verbrannt)

- Teilnahme an der mündlichen Prüfung erlaubt, ansonsten Hausverbot für Schule, Turnhalle und das gesamte Schulgelände.

- Eintrag in Schulakte

- Abschlussfeier gestrichen

- Abschlusszeugnis per Postboten



...und damit machten sie uns zu Helden. Die kleineren betrachteten uns mit großen Blicken, im Schwimmbad wurde getuschelt ("ist einer von denen mit dem Klassenbuch"). Wir fühlten uns wie Superstars.
...ganz ehrlich gehts uns heut noch ein bißchen so. Die Geschichte ist bis heute an der Schule präsent und wir haben bis zum heutigen Tag nichts bereut. Gar nichts.

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