Dienstag, 16. Mai 2006
Yeti
Mit Yeti habe ich mal zusammengewohnt. Wie Yeti eigentlich hieß, weiß ich heute schon gar nimmer. Alle nannten ihn so. Vermutlich weiß allenfalls seine Mutter noch, wie er richtig heißt. In jedem Fall trug er den Namen Yeti zurecht:

Er war an die 2 Meter groß, hatte als alter Heavy-Metal-Freak elendig lange -meist ungekämmte- Haare. Das hatten in der Zeit zwar viele, was ihn aber zum Yeti machte, war seine grauenhaft miserable Körperhaltung. Er konnte mit seiner Größe nicht umgehen und lief immer etwas nach vorn gebeugt mit Krummrücken. Sein Kopf war nach vorn gesackt in Richtung Brustkorb. Er hatte einen Gang wie Ozzy Osbourne. Die Arme baumelten schlaff und nutzlos an der Seite, dazu hatte er noch ziemliche O-Beine. Die Knie waren praktisch kaum existent. Zumindest nicht, wenn er gegangen ist.


Er sah sofort auf den ersten Blick aus wie ein Freak. Irgendwie war er das auch. Er hatte ein massives Alkoholproblem entwickelt. Im Prinzip war er daueralkoholisiert. Die Biere öffnete er entweder mit den Zähnen oder mit der Augenhöhle. Allein das fand ich meist eklig.


Eines Abends hat er dann einen Teil der Zukunft in den Sand gesetzt. Mitten in der Nacht kam die Polizei.
Yeti hatte nach einem Scorpions-Konzert auf der Heimfahrt einen Unfall gebaut. Er war mit seinem uralten Audi 80 an einer T-Kreuzung kerzengeradeaus gefahren und hatte ein Telefonhäuschen zerstört. Danach war er mit dem völlig demolierten Auto noch die letzten Kilometer nach Hause gefahren und hatte dabei noch eine lange Ölspur hingelegt.
Die Polizei kam deshalb schnell auf ihn. Zum einen wegen der Ölspur, die bis kurz vors Haus führte, zum anderen hatte er sein Nummernschild liegenlassen und zu allerletzt lagen zig weitere Teile eines über 15 Jahre alten grünen Audi 80 rum, die alle wohl über kurz oder lang zu ihm geführt hätten. Besonders aufgeräumt war er nie, hat er nie. Das rächte sich jetzt.

Haben ihn dann gleich mitgenommen. Fahrerflucht, Fahren unter Alkoholeinfluss, Sachbeschädigung.

Beamtenbeleidigung war am Ende auch noch dabei.

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Bungee
Ich wollte das nicht. Nie. Verstanden hatte ich das nie.

Wir waren in Südafrika. An einer Brücke entlang der Garden Route haben sie Bungeejumping veranstaltet. Das wussten wir. Und weils ohnehin auf dem Weg lag, sind wir mal schnell rausgefahren. Einfach mal zuschauen. Minutenlang ergötzen wir uns daran, wie bescheuert jemand sein muss, der sowas macht.
Dann ist eine blutjunge Engländerin dran. Die kommt schon kaum übers Geländer. Dann steht sie vorn und versucht mühsam die Arme auszubreiten. Sie zittert. Sie hat Angst. Sie weint fast. Jetzt weiß ich, was es heißt, wenn einem sprichwörtlich die Füße schlottern.
2 Minuten reden sie auf sie ein. Was ich nie dachte: Sie springt. Selbständig. Weg is sie...

In dem Moment denk ich nur noch: "Ja, ich auch. Blöder stell ich mich nimmer an."
Ab da läuft alles wie in Trance: Zurück zum Auto, Geld holen, anmelden, warten, Seil umschnallen. Geht alles von alleine und alles ist elendig lange weg.

Dann komm ich dran: Über die Brüstung ist kein Problem. Noch ist alles ganz cool. Man fragt mich, ob alles ok sei. Na klar. Frau steht zum Foto bereit. Sie erzählt mir hinterher, dass mein rechtes Auge extrem gezuckt hätte. Ich hab das nicht mal bemerkt.
Dann zählen sie den Countdown. Von 5 runter. Bis 1 ist alles relativ locker. Bei 1 frag ich mich, wieso ich verdammt nochmal hiersteh. Ich überleg mir, dass es eine ziemlich bescheuerte Idee war, das jetzt zu tun und ich bin mir im Klaren, dass ich es mit Sicherheit nicht machen werde.
Und dann kommt 0. Für mich war zwischen 1 und 0 eine Viertelstunde vergangen (tatsächlich wars 1 Sekunde). Ich beschließe, dass ich runter muss. Koste es, was es wolle....

Und so stelle ich mir vor, ich würde einen Stuhl runterhopsen, mach die Augen zu und es geht abwärts....


".....wie dumm muss man sein", denk ich während des Falls und mach auch die Augen auf. Blöderweise. 3 Sekunden freier Fall sind beschissen lang und ich hab einfach nur Todesangst.

Dann macht es endlich plopp, man wird nach oben gerissen und das Gehirn rastet gänzlich aus. Man fühlt sich wie berauscht. Wie auf Drogen.

Unten kommt man an, wird abgeschnallt und sieht die ganzen Jungs und Mädels, die es vorher getan haben. Alle mit einem dicken Grinsen im Gesicht. Man weiß: Ich hab das gleiche Grinsen. Keiner sagt auch nur ein Wort.

Oben angekommen dann die überflüssigste Frage, die man jetzt stellen kann: "Wie wars?"

Ich konnte eine Stunde lang nimmer Auto fahren und selbst abends im Bett bin ich noch auf- und abgewippt.

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Autobahn, linksrheinisch, Raststätte Hunsrück
Gesammelte Grausamkeiten, die nächste.

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