Mittwoch, 22. November 2006
Libanon
gorillaschnitzel, 12:13h
Von jeher war der Libanon ein buntes Völkergemisch. Der Staat baut auf ein fragiles System politischer Rücksichten und Einflussnahmen auf, die entlang dieses Gemischs mal ausgeklüngelt wurden: Der Staatspräsident ist immer ein Christ, der Ministerpräsident Sunnit, der Parlamentspräsident Schiit. Die letzte Volkszählung stammt aus dem Jahr 1932. Mittlerweile dürften sich die Verhältnisse sehr deutlich verschoben haben, was an sich eine neue Zählung notwendig macht. Die aber wird mit Hinweis auf die Gefährdung des fragilen Friedens und des Proporz der Macht stets auf den Sanktnimmerleinstag verschoben. Vielleicht besser so.
Seit einigen Jahren aber brodelt es im Staat der Zedern. Die Schiiten sind längst nicht mehr mit ihrer Rolle als "Formaldritter" im Staat zufrieden und so zeigt sich, was in einem schwachen Zentralstaat alles möglich ist. Mit Hilfe der Syrer hat die schiitische Hizb Allah einen Staat im Staat geschaffen, an dem die politische Wirklichkeit des Libanon längst nicht mehr vorbeikommt.
Der politische Mord hat dabei eine "Normalität" erreicht, die erschrecken muss. 2004 wird gar der Ministerpräsident (Rafik Hariri) in die Luft gesprengt. Das führte dann dazu, dass die UN eine Untersuchung durchführt, die ziemlich eindeutig die Drahtzieher (proyrische Fraktion) demaskiert und recht deutlich macht, wo die inneren Feinde eigentlich sitzen: In Damaskus. Das war damals der Beginn einer zarten Revolution. So etwas wie ein beinahdemokratischer Neubeginn. Die Syrer wurden aus dem Land geschmissen, Tausende Menschen demonstrierten friedlich, die Hizb Allah zog sich still und leise vorübergehend in ihre Hochburgen zurück. Da dachte man, der Libanon könnte etwas anderes sein, als ein kollektiver Bürgerkrieg, bei dem niemand weiß, wer nun grade gegen wen schießt.
Dann aber kam die Hizb Allah zurück. Und wie. Mit diversen Attacken gegen Israel provozierte sie einen mehrwöchigen Krieg, der -wie sich nun zeigt- längst nicht allein gegen Israel gerichtet war sondern auch die Machtverhältnisse im Libanon selbst neu festlegen sollte.
Offiziell hoch empört, klammheimlich aber auch heilfroh, haben die arabischen Nachbarstaaten den Waffengang Israels gegen die Hizb Allah kommentiert. Die nämlich wollen sich -nach dem Iran und potentiell dem Irak- nicht noch einen Schiitenstaat in der unmittelbaren Nachbarschaft leisten. Desto tragischer, wenn diese Auseinandersetzung im besten Fall in einem Patt endet und damit viel eher der Hizb Allah hilft denn der zarten Pflanze "Demokraticus libanensis", die wohl demnächst durch die Dampfwalzen der Hizb Allah -die muntere Koalitionsspielchen mit dem berüchtigten Milizenführer Aoun betreibt- wieder eingestampft werden könnte.
Heute führt am Hizb Allah-Führer Hassan Nasrallah kein Weg mehr vorbei und gestern hat der politische Mord -dieses Mal bei der Familie Gemayel- zugeschlagen.
Es kommen harte Zeiten auf den Libanon zu.
Seit einigen Jahren aber brodelt es im Staat der Zedern. Die Schiiten sind längst nicht mehr mit ihrer Rolle als "Formaldritter" im Staat zufrieden und so zeigt sich, was in einem schwachen Zentralstaat alles möglich ist. Mit Hilfe der Syrer hat die schiitische Hizb Allah einen Staat im Staat geschaffen, an dem die politische Wirklichkeit des Libanon längst nicht mehr vorbeikommt.
Der politische Mord hat dabei eine "Normalität" erreicht, die erschrecken muss. 2004 wird gar der Ministerpräsident (Rafik Hariri) in die Luft gesprengt. Das führte dann dazu, dass die UN eine Untersuchung durchführt, die ziemlich eindeutig die Drahtzieher (proyrische Fraktion) demaskiert und recht deutlich macht, wo die inneren Feinde eigentlich sitzen: In Damaskus. Das war damals der Beginn einer zarten Revolution. So etwas wie ein beinahdemokratischer Neubeginn. Die Syrer wurden aus dem Land geschmissen, Tausende Menschen demonstrierten friedlich, die Hizb Allah zog sich still und leise vorübergehend in ihre Hochburgen zurück. Da dachte man, der Libanon könnte etwas anderes sein, als ein kollektiver Bürgerkrieg, bei dem niemand weiß, wer nun grade gegen wen schießt.
Dann aber kam die Hizb Allah zurück. Und wie. Mit diversen Attacken gegen Israel provozierte sie einen mehrwöchigen Krieg, der -wie sich nun zeigt- längst nicht allein gegen Israel gerichtet war sondern auch die Machtverhältnisse im Libanon selbst neu festlegen sollte.
Offiziell hoch empört, klammheimlich aber auch heilfroh, haben die arabischen Nachbarstaaten den Waffengang Israels gegen die Hizb Allah kommentiert. Die nämlich wollen sich -nach dem Iran und potentiell dem Irak- nicht noch einen Schiitenstaat in der unmittelbaren Nachbarschaft leisten. Desto tragischer, wenn diese Auseinandersetzung im besten Fall in einem Patt endet und damit viel eher der Hizb Allah hilft denn der zarten Pflanze "Demokraticus libanensis", die wohl demnächst durch die Dampfwalzen der Hizb Allah -die muntere Koalitionsspielchen mit dem berüchtigten Milizenführer Aoun betreibt- wieder eingestampft werden könnte.
Heute führt am Hizb Allah-Führer Hassan Nasrallah kein Weg mehr vorbei und gestern hat der politische Mord -dieses Mal bei der Familie Gemayel- zugeschlagen.
Es kommen harte Zeiten auf den Libanon zu.
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maternus,
Mittwoch, 22. November 2006, 13:49
Die haben schon längst angefangen, spätestens mit dem Hariri-Mord und dem Militär-Desaster der Israelis vom Sommer. Gerade, als der Libanon wieder anfing, auf die Beine zu kommen. Demnächst: Bürgerkrieg reloaded.
Man könnte heulen über die menschliche Verbohrtheit.
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c17h19no3,
Mittwoch, 22. November 2006, 14:17
ww III tobt schon lange, blubbernd im untergrund und hin und wieder eruptiv an den schwachstellen.
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gorillaschnitzel,
Mittwoch, 22. November 2006, 14:22
Donald Kagan ist der Ansicht, das sei bereits WWIV....
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mark793,
Mittwoch, 22. November 2006, 14:27
Kann man so sehen,
wenn man das Wettrüsten im Kalten Krieg als WW III deklariert.
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gorillaschnitzel,
Mittwoch, 22. November 2006, 14:35
Mag einigermaßen plausibel sein, so zu zählen....allerdings barg der Kalte Krieg -bei allen Stellverterterkonflikten- bei weitem nicht entfernt (gottseidank) nicht so viel Zerstörungspotential wie die WK I und II. Hier gleich einen Weltkrieg draus machen zu wollen, verharmlost irgendwie die Waffengänge 14-18 und 39-45...
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ericpp,
Mittwoch, 22. November 2006, 15:26
Ich würde beides nicht als Weltkriege zählen.
Irgendjemand glaubte auch, mir beibringen zu können, daß Desert Storm (Papa Bush gegen Saddam) auch ein eigener Weltkrieg sei weil da ja mehr souveräne Nationen dran beteiligt gewesen seien als im I. oder II. Weltkrieg.
Natürlich kann man hingehen und die derzeit laufenden Konflikte zusammenfassen unter dem Thema 'Krieg gegen den Terror' oder 'legitmer Widerstand gegen eine hegemonistische Imperialmacht und ihre Vasallen' - und beide hätten von ihrem Standpunkt aus Recht.
Aber jeder dieser Konflikte ist durch die Dummheit von mindestens einer Seite (im Fall Libanon eindeutig der Israels) hervorgerufen worden und können sowie müssen auch im entsprechenden Land gelöst werden - und nicht global durch Händeschütteln von irgendwelchen Oberdeppen.
Irgendjemand glaubte auch, mir beibringen zu können, daß Desert Storm (Papa Bush gegen Saddam) auch ein eigener Weltkrieg sei weil da ja mehr souveräne Nationen dran beteiligt gewesen seien als im I. oder II. Weltkrieg.
Natürlich kann man hingehen und die derzeit laufenden Konflikte zusammenfassen unter dem Thema 'Krieg gegen den Terror' oder 'legitmer Widerstand gegen eine hegemonistische Imperialmacht und ihre Vasallen' - und beide hätten von ihrem Standpunkt aus Recht.
Aber jeder dieser Konflikte ist durch die Dummheit von mindestens einer Seite (im Fall Libanon eindeutig der Israels) hervorgerufen worden und können sowie müssen auch im entsprechenden Land gelöst werden - und nicht global durch Händeschütteln von irgendwelchen Oberdeppen.
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gorillaschnitzel,
Mittwoch, 22. November 2006, 17:08
Aber jeder dieser Konflikte ist durch die Dummheit von mindestens einer Seite (im Fall Libanon eindeutig der Israels) hervorgerufen worden
Oh, ich finde, darüber ließe sich streiten: Wenn mal wochenlang Raketen aufs eigene Territorium regnen und innerhalb weniger Tage mehrfach Überfälle auf Grenzsoldaten stattfinden, die in Entführungen (und ebenso Toten) gipfeln, dann darf sich die Gegenseite kaum über eine gesalzene Reaktion wundern. Hassan Nasrallah hat nach dem Krieg gesagt, dass er die Entführungen gar nicht erst angeordnet hätte, wenn er gewusst hätte, dass es Israel mit einer Reaktion gleich so ernst sei. Auch eine Art Eingeständnis.
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ericpp,
Mittwoch, 22. November 2006, 18:42
Nasrallah mußte das sagen - er ist Politiker und es sind Leute gestorben die er zu vertreten vorgibt.
Ich denke, daß da schon sehr viel Kalkül dahintersteckt. Er wußte, daß der Guerillataktik seines Vereins mit ein wenig Luftkrieg nicht beizukommen ist, das wußten eigentlich auch die Israelis. Weswegen sie versucht haben, ihn durch Zerstörung der Infrastruktur und Zermürbung der Bevölkerung beizukommen.
Nur ist Krieg gegen die Bevölkerung genau das, was man Israel schon in Palästina ankreidet. Entsprechend war es vorausschaubar, daß sich die Bombardierten nicht als Opfer der Hisb Allah, sondern von Israel sehen - dazu noch die Hilflosigkeit der eigenen Regierung - es reichten hobbypsychologische Fertigkeiten um vorauszusehen, wer gestärkt aus dem Konflikt hervorgehen würde.
Ich denke, daß da schon sehr viel Kalkül dahintersteckt. Er wußte, daß der Guerillataktik seines Vereins mit ein wenig Luftkrieg nicht beizukommen ist, das wußten eigentlich auch die Israelis. Weswegen sie versucht haben, ihn durch Zerstörung der Infrastruktur und Zermürbung der Bevölkerung beizukommen.
Nur ist Krieg gegen die Bevölkerung genau das, was man Israel schon in Palästina ankreidet. Entsprechend war es vorausschaubar, daß sich die Bombardierten nicht als Opfer der Hisb Allah, sondern von Israel sehen - dazu noch die Hilflosigkeit der eigenen Regierung - es reichten hobbypsychologische Fertigkeiten um vorauszusehen, wer gestärkt aus dem Konflikt hervorgehen würde.
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gorillaschnitzel,
Mittwoch, 22. November 2006, 20:52
Ich glaube, dir geht es viel um das "WIE" der Krieg geführt wurde....
Nun, das stimmt....allerdings möchte ich auch da noch einwenden, dass Jungs, die sich in Bussen in die Luft sprengen oder Leute, die Raketen völlig willkürlich in die Luft ballern immer und ausschließlich Zivilisten treffen (wollen). Mit "Freiheitskampf" hat das meiner Meinung nach nichts mehr zu tun.
Absolut...
Nur ist Krieg gegen die Bevölkerung genau das, was man Israel schon in Palästina ankreidet.
Nun, das stimmt....allerdings möchte ich auch da noch einwenden, dass Jungs, die sich in Bussen in die Luft sprengen oder Leute, die Raketen völlig willkürlich in die Luft ballern immer und ausschließlich Zivilisten treffen (wollen). Mit "Freiheitskampf" hat das meiner Meinung nach nichts mehr zu tun.
es reichten hobbypsychologische Fertigkeiten um vorauszusehen, wer gestärkt aus dem Konflikt hervorgehen würde.
Absolut...
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ericpp,
Mittwoch, 22. November 2006, 21:15
Schwer verfahren, die Situation da unten. Ein Patentrezept hab ich leider auch nicht. Und Idaß srael alles tun muß um Terrorattacken auf seine Zivilisten zu verhindern ist auch klar.
Die Situation wird uns sicher noch lange Zeit begleiten.
Die Situation wird uns sicher noch lange Zeit begleiten.
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gorillaschnitzel,
Mittwoch, 22. November 2006, 21:26
....wie´s aussieht die nächsten Jahrzehnte mindestens...
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