Montag, 19. März 2007
Von Meetings und Konferenzen
Ein Großteil all der Treffen, Sitzungen, Meetings, Besprechungen, Teams, Konferenzen ist schlicht überflüssig. Vieles wird zerredet, einiges ist einfach nur überflüssig und etliches wäre mit ein bißchen Pragmatismus seitens Frau Lohmann aus der Logistikabteilung auch ohne große Diskussion möglich gewesen.
Schon die Zusammensetzung ist in aller Regel mehr als dürftig: Es gibt die Neurotiker, die allein schon deshalb hinmüssenwollen, weil sie wichtig sind und sonst etwas verpassen könnten und es gibt diejenigen, die man aus irgendeinem Grund dazu verpflichtet hat, weil man beispielsweise irgendeinen Deppen braucht, der am Ende das Protokoll schreibt.

Es lassen sich aber mit etwas Distanz auch treffliche Charakterstudien betreiben und wenn man ein bißchen entspannt an die Sache rangeht, hat man selbst auch noch was von.

Die Wichtigen

Das sind immer die, die unwichtig sind. In aller Regel feilen sie zusätzlich zum armen Praktikantenprotokollanten an ihren eigenen Notizen.
Die Highendneurotiker unter ihnen lassen einen dann auch nicht an den Notizen teilhaben und decken sie ganz schnell mit ihrer Hand ab. Ein Reflex, der quasi seit Klasse 2 zur Perfektion getrieben wurde, als der kleine Jürgen mit dem Seitenscheitel damals immer von den bösen Jungs vertrimmt wurde.
Die Wichtigen kommen auch mit allerlei Redeschwällen inklusive 6 Relativsätzen pro Satz an und müssen dann durch den obersten Rädelsführer mittels Ordnungsruf ("komm zur Sache, Karl-Heinz") gebremst werden. Sie sind immer perfekt vorbereitet und haben vermutlich unmittelbar zuvor nochmals das Protokoll vom letzten Mal gelesen.

Die Klugscheißer

Die Klugscheißer sind mit die allerschlimmsten. Meist haben sie für sämtliche Eventualitäten irgendeine abartige Hypothese bereitliegen. Ich bin mir sicher, wenn in irgendeiner deutschen Firma einmal der Fall eintreten sollte, dass ein Kunde eine Staubmilbenwurst bestellen möchte, so hat irgendein Klugscheißer schon ein fertiges Rezept plus Vertrieb plus Marketingstrategie ausgeklügelt im Schreibtisch liegen. Gute Moderatoren bremsen die Energie dieser Klugscheißer meist mit einem "sehr gutes Konzept, Rolf" locker aus und versenken Rolfs Entwurf anschließend im Reißwolf.

Die Checklisten- und Merkpostenverteiler

Das ist nun der wirklich grausige Höhepunkt jeglicher Konferenzcharakterdeppen. Meist spielen sie sich mit den Klugscheißern die Bälle zu und verlangen nach einem klugscheißenden Einwand die umgehende Anfertigung einer Checkliste. Meist sind sie auch noch bereit, das zu übernehmen, was allein schon für eine weitere Disqualifizierung und den Titel Kollegensau reicht.
Sie sind es auch, die eine Besprechung unendlich in die Länge ziehen, indem sie nach jedem Tagesordnungspunkt (irgendein Klugscheißer hat da mal die überaus geniale Abkürzung "TOP" erfunden) nochmals das Wort ergreifen und dringend bitten, doch noch diesen und jenen Merkposten ins Protokoll aufzunehmen. Das Wort Merkposten an sich löst bei Checklistenallergikern spätestens bei der zweiten Erwähnung krampfartige Zuckungen aus.



Sie sehen: Es lauern Gefahren allenthalben. Stolpersteine und Fallen. Aber mit ein bißchen Aufmerksamkeit kommt man drumrum.

- Selektieren Sie die Interessen gnadenlos aus. Ein Thema erscheint Ihrer Tagesform entsprechend zu schwierig oder zu langweilig? Man kennt das ja, wenn man am Abend zuvor mal wieder zuviel gesoffen hat. Halten Sie sich raus und mischen Sie bei der Terminvereinbarung am Ende wieder mit. Hier aber mit großer Dreistigkeit und Impertinenz. Das ist ohnehin das, was schlußendlich übrig bleibt. Lehnen Sie in jedem Fall die ersten 4 Terminvorschläge ab.

- Seien Sie nur halbaufmerksam. Gerade so dabei, um noch am Rande die Thematik mitzukriegen, aber auch nicht so involviert, als dass Sie sich wirklich konzentrieren müssen. Halten Sie Ihr Gehirn stattdessen mit wirklich wichtigen Fragen auf dem Laufenden:
Hab ich nach durchzechter Nacht mit Gianna Nannini auch so eine Stimme oder versuch ichs vorerst doch lieber mit 3 Schachteln Zigaretten am Tag?
Hab ich genug Futter ins Vogelhaus geschmissen?
Großen Spaß macht -bei Blick auf die Einflugschneise eines Flughafens- das Zählen der einschwebenden Flugzeuge und das Messen ihrer Abstände.

- Essen und Trinken beruhigt ungemein. Sichern Sie sich daher einen ausreichend großen Vorrat an Kaffee, Kuchen und Bretzeln. Wenn Sie es geschickt anstellen, sind Ihre Kollegen hinterher ohnehin mit Ihnen beleidigt und der Sitzungsmarathon ist gelaufen, ehe er richtig begonnen hat.

- Nehmen Sie in jedem Fall immer einen Kugelschreiber und ausreichend Papier mit. Schreiben Sie aber bitte um Himmelswillen nichts mit -es sei denn, sie sind das Protokollschwein-. Das dient lediglich dazu, sich mittels diverser Zeichnungen die Zeit zu verkürzen.
Wenn Sie richtig dreist sein wollen, malen sie die Zeichnungen noch mit Buntstiften aus. Oder bringen Sie gleich ein Malbuch mit.

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