Freitag, 16. März 2007
Hysterie
Eigentlich ist es ja reichlich hysterisch in diesem Land. Nachdem man mal die eine, mal die andere Sau durchs Dorf treibt und dann noch ein anderes Borstenvieh gefunden hat, gehts derzeit hochaktuell darum.
Ich prophezeie letzterem Thema dasselbe Schicksal, wie allen anderen zuvor: Totgeredet landet es wohlverdient auf dem Müllhaufen der Debattenkultur. Hauptsache, man hat mal drüber geredet, ein bißchen diskutiert, potentielle Lösungen angeschnitten und das wars dann.
Reicht eigentlich auch.
Weil das, was dabei rumkommt, schlicht erschreckend ist. Die einen vergessen ihren gesunden Menschenverstand, die anderen geben ihren demokratischen Minimalkonsens auch gleich an der Garderobe ab.

Beispielhaft wird das in der ganzen -mittlerweile absurden- RAF-Diskussion. Da haben scheinbar ein paar noch offene Rechnungen, die beglichen werden müssen. Beiderseits übrigens.
Nun gibt es scheinbar rechtschaffene Demokraten, die allen Ernstes am allerliebsten geltendes Recht aushebeln würden und den Mörder Klar nicht als den Mörder Klar behandeln würden sondern ihn genau dazu stilisieren, was er immer sein wollte: Der politische Häftling Klar.
Einher geht das alles mit der "Reue-Diskussion". Mal ehrlich: Das hat ein bißchen was von Sandkasten. Als ob die Geschichte dadurch beendet wäre, indem einer, der ideologisch verbohrt sein mag, mal schnell daherbrabbelt, dass es ihm Leid tue.

Übrigens starben durch den RAF-Terror "nur" 34 Menschen. Gewiss jeder einzelne einer zuviel und jedes Mal mit einer überaus tragischen Geschichte -auch und gerade für die Hinterbliebenen- verbunden. Verglichen allerdings mit anderen Dimensionen muss die Unversöhnlichkeit einiger -meist unbetroffener- Protagonisten erstens erschrecken und zweitens peinlich berühren:

An einem einzigen Tag sind bei den Anschlägen in Madrid knapp 200 Menschen umgekommen, in New York beinahe 3000 und wenn man die Zweite Intifada in Israel auf deutsche Verhältnisse projizierte, bedeutete dies nicht weniger als 250.000 Anschläge, 12.000 Tote und über 80.000 Verletzte innerhalb von 5 Jahren.
Ehrlich gesagt möchte ich nicht die Reaktion derer erleben, die heute eine längst beendete Geschichte nochmals aufwärmen wollen, wenn ein vergleichbarer Anschlag einmal hier stattfinden sollte.
Und noch viel weniger wünsche ich, dass diese Menschen dann an den Schalthebeln sitzen und wirklich etwas bewegen können. Nicht in einem ohnehin hysterischen Land.

   ... Poly-Tikk
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