Freitag, 16. April 2010
Was Türken und Ossis nicht gemeinsam haben, oder: EthNielichkeiten
Man kann sehr trefflich darüber diskutieren, ob Nation oder ethnische Herkunft allein künstlich geschaffene Hilfskonstrukte sind.

In Tallinn steht ein recht modernes Kunstmuseum. Was das MoMA in New York, ist das KUMU in Tallinn. Dort sah ich eine interessante Ausstellung zum Thema Nationalismus, Patriotismus, Ideologie und Identität. Sehr lustig dabei der Film von Katarina Zdjelar über einen ganz normalen Tag an einer ganz normalen Schule in der Türkei. Dort wird jeden Tag die Fahne geschwenkt und dann die Nationalhymne gesungen. Jeden Morgen ohne Gnade und kontinuierlich ohne Entrinnen: Minieinblick. Sie wissen also wohl gar nicht so recht, in welchem Land sie leben und welcher Kultur sie angehören. Den lieben Kleinen muss man also jeden Morgen aufs Neue eintrichtern, dass sie Türken sind und das so lange, bis sie es nach ein paar Jahren kapiert haben. Würde dort jeden Morgen die syrische oder die deutsche Hymne laufen, glaubten die Kleinen am Ende vermutlich, dass sie Syrer oder Deutsche sind. Drum die türkische Hymne. Allmorgendlich.

Ossis muss man das nicht erklären. Überhaupt stellt sich die Frage: Sind Ossis eine eigene Ethnie?
Dieser Frage ging sehr ernsthaft ein Stuttgarter Gericht nach, das vermutlich nebenher auch eine ganze Horde Ethnologen beschäftigt. Es sollte nun zum endgültigen und ultimativen Richterspruch in dieser Sache kommen und das kam so:
Eine gebürtige Ostberlinerin, seit über 20 Jahren in hiesigen Regionen weilend, bewirbt sich als Buchhalterin in einem Fensterbauunternehmen. Sie kriegt ne Absage und erhält ihre Bewerbungsunterlagen zurück. Darauf die Randbemerkungen "(-) Ossi" und "DDR".
Nun gibt es ja das AGG, das solcherlei Diskriminierungen unterbinden soll und flugs kam es zur Klage.
Die Klägerin und deren Anwalt argumentierten, dass es sich um eine ethnische Diskriminierung handelt und Ossis somit eine eigene Ethnie darstellen. Sie wollte 5000 Tacken haben, das Unternehmen natürlich nix zahlen und der Richter wollte einen Vergleich: 1600 und damit wären Ossis als eigene Ethnie anerkannt gewesen. Die Klägerin hätte sich darauf eingelassen. Dazu kam es dann doch nicht: Es ist einzig der Sturheit und Sparsamkeit dem Geiz eines schwäbischen Unternehmers zu verdanken, dass den Ossis der Status der eigenen Ethnie verwehrt geblieben ist. Klage abgewiesen.

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Ah - davon hab ich gestern auch schon gehört. Allerdings wieder die Hälfte verpaßt (bis auf die Ankündigung). Finde das trotzdem stark. Aber sind ja noch nicht alle Instanzen durch. Ich finde, die Dame hat recht, sich zur Wehr zu setzen.

Nun ja, die Amis schwören in der Schule doch auch jeden Tag den Fahneneid (in mehreren Sprache) : )
(Ich glaub, daß ist auch in paar andren Staaten noch üblich... Blickrichtung Asien.)

Wir mußten glücklicherweise nie was, auch keinen Schulgottesdienst, oder so. Bei uns hing nur der Bundesspinner an der Wand (allerdings auch nicht lange - das Resultat, wenn eine Schule alles behält, was kreucht).

*klick* Ich soll doch nicht erklärbefreit sowas sagen - ok: Bundesspinne: Dr. K. W*ldh*im, Bundesspinner: der Nachfolger Dr. T. Kl.

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Ja eben....mir ging es auch nicht darum, türkische Kultus- und Bildungsansichten darstellen zu wollen, ähnliches findet sich mit Sicherheit auch anderswo....die Amis mögen den Fahneneid schwören (glaube ich unbesehen), die Iraner kriegen frühmorgentlich den halben Koran zu hören (auch davon sah ich neulich ein Video) und ich zumindest nahm an "ökonomischen" Gottesdiensten zwangshalber teil, weil die zu meiner Schulzeit zumindest absolutes Pflichtprogramm waren. "Mitgenommen" davon hab ich nix außer der Fähigkeit, Sachen abzusitzen. Aber es ist schon ein Unterschied, ob jemand täglich den Fahneneid macht und/oder die Hymne absingt oder ein Mal im Jahr in die Kirche marschiert für ne Stunde. Ist ja irgendwie arm, wenn eine Gesellschaft frühkindliche Indoktrination auf die Weise nötig hat. Zeugt nicht unbedingt von Stärke oder Souveränität.

Ach ja: Der Vielebäumeheimer....klar....Bundesspinner...der dümmste und unsäglichste Präsident den die Österreicher je hatten.

Ich bin ja sehr gespannt, wie sich weitere Instanzen entwickeln. Sich zur Wehr setzen...ok....aber die Argumentation....naja...wäre die Dame aus München gekommen und der Betrieb hätte "Bayerin" geschrieben...eine Klage wäre wahrscheinlich nicht mal zugelassen worden....

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Dennoch, wenn man schon so blöd ist, jemanden aufgrund eines Bundeslands (sag ich jetzt mal vereinfacht) nicht zu nehmen, sollte er wenigstens so gscheit sein, nicht genau das dann auf die Bewerbung zu schreiben und zu retournieren ; )

Rein der Blödheit wegen gehört dort schon ein Urteil hin : )

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jo
Die Blödheit besteht ja darin, das mit Randnotizen zurückzuschicken...ein "haben wir leider eine andere Bewerberin bevorzugt"-Schreiben hätte locker gereicht...

(War aber wohl ein Fehler internerseits. Die hatten das intern mit Bemerkungen verziert und dann vergessen, die Dinger wenigstens rauszuradieren :-))

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Ich finde auch, dass die Firma wegen Blödheit hätte bestraft werden müssen. Nur offensichtlich war der Anwalt ja noch blöder, von wegen der ethnischen Herkunft. Falsche Frage eben.

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was war denn das für ein winkeladvokat? persönliche beleidigung wäre wohl naheliegender gewesen - oder in kirchenbüchern sorbische vorfahren suchen ;o)

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Das is jetzt aba doph. Da wird die werte Dame abgelehnt weil sie ausm Osten kommt und kriecht nicht Recht vom Gericht weil sie nicht weit genug ausm Osten kommt. Wär sie nämlich noch weiter östlich beheimatet gewesen hätte wieder das mit der Ethnie oder auch Rasse gegriffen. Man könnte sagen da isn Loch im Gesetz, oder es ist schlicht Blödsinn. Womit ich wieder beim Thema Morgenapell bin der ja der Dame von früher noch bekannt sein müsste. Gabs ja damals auch inkl. der Fistelstimme die im Klassenzimmer hing. Dann kam aber dummerweise die feindliche Übernahme des eigenen Landes durch den Saumagen, mit freundlicher Zustimmung eines Herren aus dem Osten.
Ach und so richtig doof ist natürlich das mitschicken der bekritzelten Unterlagen. Da sollte es die Firma doch so machen wie alle anderen Firmen und sich nach dem Erhalt der Bewerbungsunterlagen unauffällig in die Totenstarre begeben. Nun denn, das wars fürs erste, schönen Tach allerseits

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Ich bekritzel meine Bewerbungsunterlagen gleich selbst!

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Lauter + Kommentare hoff ich : )

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