Montag, 30. Oktober 2006
Sunset

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Peterchens Mondfahrt
Das Philosophische Quartett im ZDF ist wirklich einzigartig. Das könnte wirklich eine Lieblingssendung von mir werden.

Gestern saßen da: Peter Sloterdijk, Rüdiger Safranski, Gunnar Heinsohn und Roger Willemsen. Ziemlich schnell war klar, wer der Gast ist, um den es geht (Heinsohn). Der Zweck der anderen war mir lang nicht klar. Auch nicht, wer denn nun der Moderator ist. Lang dachte ich, das sei Willemsen, dann bin ich auf Sloterdijk verfallen und erst jetzt, wo ich mal auf der Homepage des ZDF war, merk ich, dass es Sloterdijk und Safranski sind. Egal.

Das Bemerkenswerte an so einem philosophischen Quartett sind die Philosophen. Nun bin ich kein Philosoph und noch nicht mal intellektuell, aber die Unterhaltung/ Diskussion verlief doch etwas seltsam: Jeder der Beteiligten plapperte im Prinzip nur sein eigenes Thema runter.

Dabei hätte das Thema durchaus einiges hergegeben: Heinsohn hat ein Buch geschrieben, in dem er die These vertritt, die Ursache für Kriege aller Art sei ein Geburtenüberschuss an jungen Männern, bzw. ein immenses Bevölkerungswachstum. Aber den Beteiligten ist das phasenweise relativ egal: Willemsen schwadroniert über Afghanistan, Safranski erklärt nochmal Habermas und Sloterdijk schaut dem Treiben lange Zeit schweigend zu.

Willemsen, bei dem man den Klugscheißmodus bereits beim 3. Wort, das er sagt, erkennt, erzählt unablässig von Guantanamo und dass es da neben Guantanamo noch Bagram, Kabul und Kandahar gäbe. Logisch, der Mann hat ja ganz frisch ein Buch auf den Markt geschmissen.

Für Safranski ist alles 68. Das ist sein Mythos, sein Leben. 68. Somit beginnt er die Sätze meist so: "Wir als 68er..." oder "Die Spät-68er...". Es ist eine ungeheuerliche Penetranz und man möchte ihm zurufen, dass ein guter Teil der 68er mittlerweile in Rente geht und er das doch bitte auch mal überdenken solle, zumal 68 doch immerhin 38 Jahre her ist.
Am Schluss darf er dann noch aus Faust zitieren, Sloterdijk schmunzelt wohlwollend und das gefällt dann dem Rüdiger.

Der Knüller aber ist Sloterdijk. Im Englischen würde man sagen "outstanding". Er schwebt über allem. Geistig wie körperlich. Optisch präsent. Stets die Kontrolle über allem. Dazu dann die Lesebrille, die auf der vordersten Nasenspitze sitzt und mitverantwortlich ist, für sein extremes Näseln. Sobald Willemsen den Mund aufmacht, schaut ihn Sloterdijk nur von der Seite an wie seine Zweitsemestler vom ZKM in Karlsruhe und denkt sich wohl seinen Teil.
Wenn er dann aber das Wort ergreift, ergießt sich eine wahre Suade auf die Zuhöhrer. Das beeindruckt natürlich, wenn er Sätze sagt wie:


"Im Idealfall könnte es gelingen, die Zuschauer an ihren eigenen latenten Wissensreichtum zu erinnern und sie zur Wiederentdeckung ihrer Libido des Denkens anzuregen."


Wen man nicht überzeugen kann, den muss man wenigstens verwirren und so wird wohl ein Großteil der Zuhöhrer viel eher mit Erektionsstörungen ihres Denkorgans kämpfen.
Es geht aber noch schöner. Sloterdijk hat früher Sätze fallen lassen wie diesen:


Seit dem 11. September 2oo1 hat sich die westliche Welt in ein großes Labor autoplastischer Suggestion verwandelt, in dem das Modellieren mit plastischem Material zu einer Massenbeschäftigung geworden ist. Gegen diese Hysteriezumutungen hilft meiner Meinung nach nur ein Stück nachgereichter Kaltblütigkeit


Das hat ihm damals viel Kritik eingebracht, weil er diesen Satz auch noch mit dem Begriff "autohypnotisches Schaumwerk" gerechtfertigt hat. Seither hält er sich ein bißchen zurück und daher ist es bemerkenswert, wie wenig die deutsche Intelligenzija wirklich zu sagen hat. Viel Schaumwerk. Man hätte auch Oliver Geißen an Peterchens Stelle setzen können.

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