Donnerstag, 9. September 2010
Zarendörfchen
gorillaschnitzel, 17:00h
Zarskoe Selo ist das Zarendörfchen irgendwo jenseits der ehemaligen Frontlinie des Zweiten Weltkriegs. Eigentlich heißt Zarskoe Selo heutzutage Puschkin -benannt nach dem Schriftsteller, der so bescheuert war, sich in einem Duell erschießen zu lassen. Trotzdem hätten einige die Bezeichnung Zarskoe Selo wieder gerne für die gesamte Stadt und nicht nur für den Park mit den Schloss. Und um die Verwirrung noch komplett zu machen: Der Bahnhof von Puschkin aka Zarskoe Selo heißt weder Puschkin noch Zarskoe Selo sondern Detskoe Selo.
Hier stehen ein paar Paläste rum. So viele, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann. Der Park dazu ist ziemlich riesig und man kann von hier aus auch gleich nach Pawlowsk weiterwandern, wo die näxxten Prunkdinger rumstehen. Aber wie schon in Peterhof: Irgendwann ist Overkill.
Um Sie und mich nicht allzu sehr mit viel zu vielen Palästen zu langweilen, ersparen wir uns ein paar der Bauten und bleiben beim Hauptwerk und das ist der Katharinenpalast. 800 Meter Schlossfront und damit in Gänze praktisch unfotografierbar oder nur mit Fisheye, aber das schleifte ich zwar einmal quer durch Russland, machte aber nicht ein einziges Foto damit.
Im Katharinenpalast steht -"neuerdings"- wieder das Bernsteinzimmer und das ist großartig, man darf es aber nicht fotografieren, weshalb es hier jetzt keine Fotos gibt, die hatte ich beim letzten Mal bereits in etwas entspannterer Atmosphäre geschossen.
Wenn Sie den Plunder und die ganze Verschwendungssucht mal selbst anschauen möchten: Kommen Sie besser im Winter. Weil da
1.) der Park keinen Eintritt kostet,
2.) Sie keine Dreiviertelstunde am Einlass warten,
3.) Sie das ganze Schloss sehen und nicht nur die Hälfte und das zum gleichen Preis,
4.) alles etwas entspannter und langsamer vonstatten geht und
5.) fototechnisch nicht so viele Leute rumhampeln und Sie auch mal Fotos hinkriegen werden ohne 15 Leute im Sucher zu haben.
Ich frage mich ja: Wieviele Zahnfüllungen hätte das ganze Goldgeglitzer eigentlich ergeben?
Hier stehen ein paar Paläste rum. So viele, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann. Der Park dazu ist ziemlich riesig und man kann von hier aus auch gleich nach Pawlowsk weiterwandern, wo die näxxten Prunkdinger rumstehen. Aber wie schon in Peterhof: Irgendwann ist Overkill.
Um Sie und mich nicht allzu sehr mit viel zu vielen Palästen zu langweilen, ersparen wir uns ein paar der Bauten und bleiben beim Hauptwerk und das ist der Katharinenpalast. 800 Meter Schlossfront und damit in Gänze praktisch unfotografierbar oder nur mit Fisheye, aber das schleifte ich zwar einmal quer durch Russland, machte aber nicht ein einziges Foto damit.
Im Katharinenpalast steht -"neuerdings"- wieder das Bernsteinzimmer und das ist großartig, man darf es aber nicht fotografieren, weshalb es hier jetzt keine Fotos gibt, die hatte ich beim letzten Mal bereits in etwas entspannterer Atmosphäre geschossen.
Wenn Sie den Plunder und die ganze Verschwendungssucht mal selbst anschauen möchten: Kommen Sie besser im Winter. Weil da
1.) der Park keinen Eintritt kostet,
2.) Sie keine Dreiviertelstunde am Einlass warten,
3.) Sie das ganze Schloss sehen und nicht nur die Hälfte und das zum gleichen Preis,
4.) alles etwas entspannter und langsamer vonstatten geht und
5.) fototechnisch nicht so viele Leute rumhampeln und Sie auch mal Fotos hinkriegen werden ohne 15 Leute im Sucher zu haben.
Ich frage mich ja: Wieviele Zahnfüllungen hätte das ganze Goldgeglitzer eigentlich ergeben?
Donnerstag, 2. September 2010
Петергоф
gorillaschnitzel, 01:50h
Jetzt gehts weiter mit der Sommerrusslandreise und wir landen nun in Peterhof. Das hatte ich noch nicht gesehen. Peterhof ist eine der berühmtesten Schlossanlagen in und um St. Petersburg und es gibt wirklich sehr viele Schlösser in und um St. Petersburg. Berühmt wohl hauptsächlich weniger des Schlosses wegen sondern eher der Kaskaden und Wasserspiele wegen, was auch erklärt, weshalb ich das im Winter gemieden habe. Im Grunde ist der Park interessant (okay, das Schloss wohl wahrscheinlich auch, aber irgendwann mal hat man genug Schlösser von innen gesehen und dann tritt der Übersättigungseffekt ein).
Lustig ist schon die Anreise. Die kann man -billig- mit einer Uraltbahn machen oder etwas teurer und komfortabler mit Tragflächenbooten über die Newa und den Finnischen Meerbusen. Bei letzterem erzählen sie einem, dass man am Horizont Finnland sehen könne, was aber hochgradig gelogen ist.
Angeblich haben sie das Gelände fein säuberlich ausgesucht. Einen Hügel wollten sie haben und er sollte am Meer liegen und ich glaube ja, dass schon die Hügelsuche in der St. Petersburger Gegend ziemlich langwierig werden kann, weil das dort so topfeben ist wie es nur topfeben sein kann. Sollte dort je mal die Tour de France starten: Es wird eine superflache Flachetappe mit Massensprint.
Andererseits: Vermutlich haben sie den einzigen 50 Meter hohen Hügel weit und breit genommen, weil er nicht zu übersehen war.
Irgendwie habe ich mir ja schon immer überlegt, wie das damals wohl abgelaufen sein mag. Also so mit Architekt und Bauherr aka Zar. Rein als Dialog jetzt.
Peter I.: "Bau was nettes mit Gold und Wasser"
Architekt: "Wieviel darfs denn kosten?"
Peter I.: "Geld spielt keine Rolle"
Und dann haben sie gebaut wie die Berserker. Da ein bißchen Gold, dort ´ne Fontäne, hier ´ne Kaskade. Und wenn sie fertig waren, haben sie wohl das näxxte Schloss gebaut.
Ehrlich gesagt: Irgendwann kriegt man so ein bißchen zuviel von diesem Glitzergold. Ja, es ist sensationell, ja, es ist fantastisch, ja, es ist auf eine Weise einmalig und ja, "russisches Versailles" trifft irgendwie schon zu. Aber es ist auch ein klein wenig überdimensioniert. Kann aber auch sein, dass ich nicht so der Goldtyp bin und eher Patina an Kupfer und Bronze mag. Egal. Es ist trotzdem schön und hat auch einige lustige Effekte: Es gibt Scherzfontänen, die unvermittelt losgehen, wenn man auf den falschen Stein tritt.
....und wie dann die Nazis aus der Gegend abrücken mussten, haben sie noch schnell mal -wie auch bei anderen Gelegenheiten- das Gelände zusammengeschossen und damit unter Beweis gestellt, dass sie kulturell in etwa so beschlagen waren wie der Fladen einer diarrhoetischen Kuh.
Ich selbst fand ja die sprachlichen und linguistischen Eigenheiten da sehr interessant. Für mich als angehender Sprachinteressejunkie. Peterhof heißt auch auf russisch (wieder) Peterhof (exakt transkribiert "Petergof", aber das liegt daran, dass die Russen kein H können) und die kleinen Schlösschen drumrum Manly oder Monplaisir. Grob in der Nähe entstand auch eine der ersten Eisenbahnstationen Russlands. Vielleicht auch die allererste. Ihr Name: Vauxhall. Russifiziert ging das als Synonym für "Bahnhof" in den allgemeinen Sprachgebrauch ein und deshalb heißen heute alle Bahnhöfe auf russisch Voksal.
So. Und jetzt noch ein paar Bilder.....
PS: Auch hier wieder mit GPS-Daten
Lustig ist schon die Anreise. Die kann man -billig- mit einer Uraltbahn machen oder etwas teurer und komfortabler mit Tragflächenbooten über die Newa und den Finnischen Meerbusen. Bei letzterem erzählen sie einem, dass man am Horizont Finnland sehen könne, was aber hochgradig gelogen ist.
Angeblich haben sie das Gelände fein säuberlich ausgesucht. Einen Hügel wollten sie haben und er sollte am Meer liegen und ich glaube ja, dass schon die Hügelsuche in der St. Petersburger Gegend ziemlich langwierig werden kann, weil das dort so topfeben ist wie es nur topfeben sein kann. Sollte dort je mal die Tour de France starten: Es wird eine superflache Flachetappe mit Massensprint.
Andererseits: Vermutlich haben sie den einzigen 50 Meter hohen Hügel weit und breit genommen, weil er nicht zu übersehen war.
Irgendwie habe ich mir ja schon immer überlegt, wie das damals wohl abgelaufen sein mag. Also so mit Architekt und Bauherr aka Zar. Rein als Dialog jetzt.
Peter I.: "Bau was nettes mit Gold und Wasser"
Architekt: "Wieviel darfs denn kosten?"
Peter I.: "Geld spielt keine Rolle"
Und dann haben sie gebaut wie die Berserker. Da ein bißchen Gold, dort ´ne Fontäne, hier ´ne Kaskade. Und wenn sie fertig waren, haben sie wohl das näxxte Schloss gebaut.
Ehrlich gesagt: Irgendwann kriegt man so ein bißchen zuviel von diesem Glitzergold. Ja, es ist sensationell, ja, es ist fantastisch, ja, es ist auf eine Weise einmalig und ja, "russisches Versailles" trifft irgendwie schon zu. Aber es ist auch ein klein wenig überdimensioniert. Kann aber auch sein, dass ich nicht so der Goldtyp bin und eher Patina an Kupfer und Bronze mag. Egal. Es ist trotzdem schön und hat auch einige lustige Effekte: Es gibt Scherzfontänen, die unvermittelt losgehen, wenn man auf den falschen Stein tritt.
....und wie dann die Nazis aus der Gegend abrücken mussten, haben sie noch schnell mal -wie auch bei anderen Gelegenheiten- das Gelände zusammengeschossen und damit unter Beweis gestellt, dass sie kulturell in etwa so beschlagen waren wie der Fladen einer diarrhoetischen Kuh.
Ich selbst fand ja die sprachlichen und linguistischen Eigenheiten da sehr interessant. Für mich als angehender Sprachinteressejunkie. Peterhof heißt auch auf russisch (wieder) Peterhof (exakt transkribiert "Petergof", aber das liegt daran, dass die Russen kein H können) und die kleinen Schlösschen drumrum Manly oder Monplaisir. Grob in der Nähe entstand auch eine der ersten Eisenbahnstationen Russlands. Vielleicht auch die allererste. Ihr Name: Vauxhall. Russifiziert ging das als Synonym für "Bahnhof" in den allgemeinen Sprachgebrauch ein und deshalb heißen heute alle Bahnhöfe auf russisch Voksal.
So. Und jetzt noch ein paar Bilder.....
PS: Auch hier wieder mit GPS-Daten
Dienstag, 31. August 2010
Piter
gorillaschnitzel, 02:09h
Zuallererst einmal für die GPS-Junkies unter uns: Alle Fotos sind mit GPS-Daten getaggt. Sie können also bis auf ein paar Meter genau rausfinden, wo das Foto aufgenommen wurde. Eigenschaften des Fotos aufrufen und dort finden sich die Koordinaten.
"Piter" nennen viele St. Petersburger ihre Stadt. Als Koseform. Und es klingt tatsächlich sehr nett und liebevoll.
Ich war hier schon mal, nur im Winter. Und es ist noch nicht mal sonderlich lang her. Aber hierher kann man auch ein zweites Mal herkommen. Im Sommer.
Ich glaube ja, dass man wiederkommen mag, wenn man die Stadt mal gesehen hat.
Ohnehin ist es eine sehr faszinierende Stadt. Vielleicht weil sie am Wasser liegt und ich solche Städte sehr mag. Vielleicht auch deshalb, weil es sowas ist wie das russische Tor gen Westen, vielleicht auch, weil es wenig Plätze gibt, die besser geeignet wären eine Stadt zu gründen, wenngleich mir der ein oder andere fehlende Hügel ziemlich abgeht, aber das nimmt man dann doch sehr gerne in Kauf. Auch deshalb, weil die Bevölkerung ein klein wenig offener und toleranter ist als anderswo in Russland, zumindest sah ich eine schwule Kleingruppe mitsamt "I´m gay and proud of it"-T-Shirts, was angesichts einer doch sehr verbreiteten Homophobie an anderen Orten Russlands sehr sicher andere Reaktionen hervorrufen würde und das lag ziemlich sicher nicht an Verständnis oder Leseproblemen. Die Petersburger zumindest können wohl nicht nur kyrillische Buchstaben und Englisch geht auch so einigermaßen.
Heiß war es in Sankt Petersburg. Zwischen 32 und 36 Grad und das machte sich dann am allerletzten Tag auch bemerkbar: Smog. Stündlich zunehmend und die Sichtweise sehr weit runterreduzierend. Das ist dann lustig, wenn man weiß, dass man ohnehin abfliegen wird und in Moskau zwischenlanden wird, wo man ebensowenig sehen wird, dafür umso mehr riechen wird. Mein persönliches Erleben der russischen Waldbrände des Sommers war der penetrante Gestank nach Verbranntem auf Scheremetjewo.
Man kann mit Sicherheit Wochen verbringen ohne alles gesehen zu haben und ich habe auch noch nach dem zweiten Besuch noch ein paar Rechnungen offen. Ich finde: Die Zahl der besichtigungswerten Schlösser, Museen und Paläste ist schlicht zu überwältigend. Das geht nicht in einer Woche. Da brauchts mehr.
Ich mag die Stadt, weil sie ein Riesenfreilichtmuseum ist. Heute ist auf den ersten Blick kaum vorstellbar, dass während der Leningrader Blockade nicht nur über eine Million Menschen starben sondern auch ein großer Teil der Häuser zerstört wurde. Übrig ist jetzt ein wilder Mischmasch aus sanierten Fassaden mitsamt nichtsanierten Hinterhöfen und ein Sammelsurium von Jugendstilperlen.
Und dann wären da die Weißen Nächte. Davon kann man zwar Anfang August überhaupt nicht mehr sprechen, aber selbst Anfang August ist es um Mitternacht noch nicht richtig dunkel und deshalb habe ich jetzt einen sehr guten Grund nochmal zu kommen, nur dieses Mal im Juni.
Schön ist, wenn man in eine Stadt zurückkehrt und man eine Entwicklung sieht. In dem Fall die Eröffnung einer neuen U-Bahnlinie, wofür man besonders dann dankbar ist, wenn man die Entfernungen zwischen und zu den Stationen kennt. Die nämlich sind teilweise recht gewaltig. Man versteht allerdings wie schwierig der U-Bahnbau dort ist, wenn man weiß, dass das komplette Gelände versumpft und von zig Wasserläufen durchzogen ist, was die Petersburger U-Bahn dann auch zur tiefsten der Welt macht und den Bau neuer Stationen und Linien teuer und aufwändig macht.
Was ich an den Russen mag ist deren Improvisationsfähigkeit. Die braucht es in Russland wahrscheinlich als sowas wie ein Überlebensinstrument. Manchmal geht das einher mit einer gewissen Dreistigkeit, beispielsweise im Straßenverkehr. Da schafft man es schon mal in einer Einbahnstraße in dritter Reihe zu parken und dann das Gefährt auf längere Zeit zu verlassen.
Was St. Petersburg aber definitiv hat: Den beschissensten und unwürdigsten Flughafen einer Millionenstadt. Zumindest unter den Städten und Flughäfen die ich gesehen habe. Zum einen brauchts von Terminal 1 (nationale Flüge) zu Terminal 2 (internationale Flüge) einen vom Reisenden extra zu organisierenden Shuttle Bus mitsamt mehrminütiger Fahrt über diverse Autobahnringe, zum zweiten ist dieser Flughafen für eine touristisch einigermaßen interessante Stadt mit viereinhalb Millionen Einwohnern schlicht viel zu klein, drittens weigert sich das Personal in Terminal 1 (nationale Flüge) konsequent englische Brocken radezubrechen auch wenn diese ganz offensichtlich vorhanden sind und ebenso offensichtlich ist, dass sich der Reisende zuvor in Russisch versucht hat und dies nun zuende ist und letztlich -und das wiegt am allerschwersten- verfügt der Flughafen über keinerlei Klimaanlage, was in Hochsommerzeiten bei so etwa 36 Grad ziemlich schlecht ist und dazu führt, dass man als Reisender lieber in den Katakomben verweilt. Dafür haben sie das ältestelängste Rollband der Welt. Glaube ich zumindest. Das funzt aber nur in eine Richtung.
"Piter" nennen viele St. Petersburger ihre Stadt. Als Koseform. Und es klingt tatsächlich sehr nett und liebevoll.
Ich war hier schon mal, nur im Winter. Und es ist noch nicht mal sonderlich lang her. Aber hierher kann man auch ein zweites Mal herkommen. Im Sommer.
Ich glaube ja, dass man wiederkommen mag, wenn man die Stadt mal gesehen hat.
Ohnehin ist es eine sehr faszinierende Stadt. Vielleicht weil sie am Wasser liegt und ich solche Städte sehr mag. Vielleicht auch deshalb, weil es sowas ist wie das russische Tor gen Westen, vielleicht auch, weil es wenig Plätze gibt, die besser geeignet wären eine Stadt zu gründen, wenngleich mir der ein oder andere fehlende Hügel ziemlich abgeht, aber das nimmt man dann doch sehr gerne in Kauf. Auch deshalb, weil die Bevölkerung ein klein wenig offener und toleranter ist als anderswo in Russland, zumindest sah ich eine schwule Kleingruppe mitsamt "I´m gay and proud of it"-T-Shirts, was angesichts einer doch sehr verbreiteten Homophobie an anderen Orten Russlands sehr sicher andere Reaktionen hervorrufen würde und das lag ziemlich sicher nicht an Verständnis oder Leseproblemen. Die Petersburger zumindest können wohl nicht nur kyrillische Buchstaben und Englisch geht auch so einigermaßen.
Heiß war es in Sankt Petersburg. Zwischen 32 und 36 Grad und das machte sich dann am allerletzten Tag auch bemerkbar: Smog. Stündlich zunehmend und die Sichtweise sehr weit runterreduzierend. Das ist dann lustig, wenn man weiß, dass man ohnehin abfliegen wird und in Moskau zwischenlanden wird, wo man ebensowenig sehen wird, dafür umso mehr riechen wird. Mein persönliches Erleben der russischen Waldbrände des Sommers war der penetrante Gestank nach Verbranntem auf Scheremetjewo.
Man kann mit Sicherheit Wochen verbringen ohne alles gesehen zu haben und ich habe auch noch nach dem zweiten Besuch noch ein paar Rechnungen offen. Ich finde: Die Zahl der besichtigungswerten Schlösser, Museen und Paläste ist schlicht zu überwältigend. Das geht nicht in einer Woche. Da brauchts mehr.
Ich mag die Stadt, weil sie ein Riesenfreilichtmuseum ist. Heute ist auf den ersten Blick kaum vorstellbar, dass während der Leningrader Blockade nicht nur über eine Million Menschen starben sondern auch ein großer Teil der Häuser zerstört wurde. Übrig ist jetzt ein wilder Mischmasch aus sanierten Fassaden mitsamt nichtsanierten Hinterhöfen und ein Sammelsurium von Jugendstilperlen.
Und dann wären da die Weißen Nächte. Davon kann man zwar Anfang August überhaupt nicht mehr sprechen, aber selbst Anfang August ist es um Mitternacht noch nicht richtig dunkel und deshalb habe ich jetzt einen sehr guten Grund nochmal zu kommen, nur dieses Mal im Juni.
Schön ist, wenn man in eine Stadt zurückkehrt und man eine Entwicklung sieht. In dem Fall die Eröffnung einer neuen U-Bahnlinie, wofür man besonders dann dankbar ist, wenn man die Entfernungen zwischen und zu den Stationen kennt. Die nämlich sind teilweise recht gewaltig. Man versteht allerdings wie schwierig der U-Bahnbau dort ist, wenn man weiß, dass das komplette Gelände versumpft und von zig Wasserläufen durchzogen ist, was die Petersburger U-Bahn dann auch zur tiefsten der Welt macht und den Bau neuer Stationen und Linien teuer und aufwändig macht.
Was ich an den Russen mag ist deren Improvisationsfähigkeit. Die braucht es in Russland wahrscheinlich als sowas wie ein Überlebensinstrument. Manchmal geht das einher mit einer gewissen Dreistigkeit, beispielsweise im Straßenverkehr. Da schafft man es schon mal in einer Einbahnstraße in dritter Reihe zu parken und dann das Gefährt auf längere Zeit zu verlassen.
Was St. Petersburg aber definitiv hat: Den beschissensten und unwürdigsten Flughafen einer Millionenstadt. Zumindest unter den Städten und Flughäfen die ich gesehen habe. Zum einen brauchts von Terminal 1 (nationale Flüge) zu Terminal 2 (internationale Flüge) einen vom Reisenden extra zu organisierenden Shuttle Bus mitsamt mehrminütiger Fahrt über diverse Autobahnringe, zum zweiten ist dieser Flughafen für eine touristisch einigermaßen interessante Stadt mit viereinhalb Millionen Einwohnern schlicht viel zu klein, drittens weigert sich das Personal in Terminal 1 (nationale Flüge) konsequent englische Brocken radezubrechen auch wenn diese ganz offensichtlich vorhanden sind und ebenso offensichtlich ist, dass sich der Reisende zuvor in Russisch versucht hat und dies nun zuende ist und letztlich -und das wiegt am allerschwersten- verfügt der Flughafen über keinerlei Klimaanlage, was in Hochsommerzeiten bei so etwa 36 Grad ziemlich schlecht ist und dazu führt, dass man als Reisender lieber in den Katakomben verweilt. Dafür haben sie das ältestelängste Rollband der Welt. Glaube ich zumindest. Das funzt aber nur in eine Richtung.
Donnerstag, 6. Mai 2010
Tallinn
gorillaschnitzel, 02:04h
So. Dieses eine mal müssen Sie noch und dann haben wir es alle überstanden. Angesichts des momentanen Dreckwetters dürfte es aber eine relativ leichte Übung werden, weil man sich da doch lieber wieder den Winter wünscht. So richtig mit Schnee und blauem Himmel, Temperatur egal. Besser als das Gepiss grade allemal.
Nun sind wir also in Tallinn gelandet. Hauptstadt Estlands. Und Tallinn ist lustig. Weil es übersetzt wohl "Dänenstadt" heißt, ich in ganz Tallinn aber keinen einzigen Dänen getroffen hab sondern nur Esten, Russen, Deutsche, Finnen und Schweden.
Tallinn hat eine mittelalterliche Altstadt und ist damit so ein bißchen puppenkistenmäßig. Als Kind hat man ja keinen Sinn für Architektur, aber wenn man den hätte, würde man das richtig toll finden, weil man sich dann vorkäme wie als Ritter. Geht aber nicht und somit ist Tallinn für niemanden alles. Russen und Esten leben nebeneinander, aber selten miteinander und es kann durchaus mal zu größeren Unruhen kommen, wenn sowjetische Denkmäler aus dem Stadtzentrum nach außen verlegt werden. Oder den Esten einfällt, ihrnicht ganz so gelungenes ziemlich saudumm gestaltetes Freiheitdenkmal mit etwas zu krönen, das dem Eisernen Kreuz des Deutschen Reichs vonannodazumal nicht ganz unähnlich ist.
Sei´s drum. Eigentlich ist es eine richtig schöne Stadt mit netten Menschen. Das erste Mal nach fast zwei Wochen in denen ich nicht nach Geld, Zigaretten oder sonstwas gefragt werde. Sie sind höflich-zurückhaltend. Nur sprachlich wird es nun nach dem bereits bestehenden Lettland-und-Litauen-Chaos noch schlimmer, weil Estnisch mit Finnisch verwandt ist und die Finnen haben immerhin so an die 15 Fälle. Aber zum Glück gibt es ja Otto Kubo. Der sitzt da:
Wobei er da weder sitzt noch wohnt sondern eher steht. Es ist das Marzipanmuseum von Kalev. Kalev ist die größte Süßwarenfabrik des Baltikums, sagt zumindest Otto, und der muss es wissen und stellt super Schokolade her, sag ich, und ich muss es wissen.
Otto ist ein sehr sympathischer älterer Herr und spricht fließend Deutsch, der Vorfahren (deutsch-schwedisch) wegen. Ich mag Leute wie ihn, weil sie mich mit Wissen beeindrucken können. Und mit Charisma.
Otto jedenfalls hat mir erklärt, wie das mit dem Marzipan ist: Also erstens mal....vergessense Lübeck, das Originalmarzipan stammt aus Tallinn. Sagt grinsend Otto und meint es nicht ganz so ernst, weil das Zeug mit den Arabern via Hanse kam, aber so ein bißchen will er schon, dass es so ist.
Wenn Sie mal nach Tallinn kommen sollten: Gehen Sie mal bei ihm vorbei, es ist sehr kurzweilig und sehr unterhaltsam.
In Tallinn jedenfalls heißen Straßen durchaus mal Toom-Rüütli und man glaubt sich ganz kurz in der Schweiz, aber das liegt vielleicht auch mit am Schnee. Oder am WLAN-Netz. Also ich sag Ihnen! Ich hatte ja das Handy nicht dabei, das hab ich auf Touren nie dabei, rein aus Prinzip und der Ruhe wegen, aber ich kann nur sagen: Ganz Estland, ein riesiges WLAN-Netz. Jede Tankstelle, jeder Supermarkt, Bushaltestellen, Bahnhöfe, Plätze, Kneipen, Restaurants. Alles WLAN. Darauf sind sie auch mächtig stolz und ein paar Spontikünstler nennen ihr Land mittlerweile E-stland und ich hoffe nun nicht, dass Apple auf die Idee kommt, den beinahebankrotten Staat Island aufzukaufen und daraus eine Marke zu machen.
Doors of Tallinn:
Nun sind wir also in Tallinn gelandet. Hauptstadt Estlands. Und Tallinn ist lustig. Weil es übersetzt wohl "Dänenstadt" heißt, ich in ganz Tallinn aber keinen einzigen Dänen getroffen hab sondern nur Esten, Russen, Deutsche, Finnen und Schweden.
Tallinn hat eine mittelalterliche Altstadt und ist damit so ein bißchen puppenkistenmäßig. Als Kind hat man ja keinen Sinn für Architektur, aber wenn man den hätte, würde man das richtig toll finden, weil man sich dann vorkäme wie als Ritter. Geht aber nicht und somit ist Tallinn für niemanden alles. Russen und Esten leben nebeneinander, aber selten miteinander und es kann durchaus mal zu größeren Unruhen kommen, wenn sowjetische Denkmäler aus dem Stadtzentrum nach außen verlegt werden. Oder den Esten einfällt, ihr
Sei´s drum. Eigentlich ist es eine richtig schöne Stadt mit netten Menschen. Das erste Mal nach fast zwei Wochen in denen ich nicht nach Geld, Zigaretten oder sonstwas gefragt werde. Sie sind höflich-zurückhaltend. Nur sprachlich wird es nun nach dem bereits bestehenden Lettland-und-Litauen-Chaos noch schlimmer, weil Estnisch mit Finnisch verwandt ist und die Finnen haben immerhin so an die 15 Fälle. Aber zum Glück gibt es ja Otto Kubo. Der sitzt da:
Wobei er da weder sitzt noch wohnt sondern eher steht. Es ist das Marzipanmuseum von Kalev. Kalev ist die größte Süßwarenfabrik des Baltikums, sagt zumindest Otto, und der muss es wissen und stellt super Schokolade her, sag ich, und ich muss es wissen.
Otto ist ein sehr sympathischer älterer Herr und spricht fließend Deutsch, der Vorfahren (deutsch-schwedisch) wegen. Ich mag Leute wie ihn, weil sie mich mit Wissen beeindrucken können. Und mit Charisma.
Otto jedenfalls hat mir erklärt, wie das mit dem Marzipan ist: Also erstens mal....vergessense Lübeck, das Originalmarzipan stammt aus Tallinn. Sagt grinsend Otto und meint es nicht ganz so ernst, weil das Zeug mit den Arabern via Hanse kam, aber so ein bißchen will er schon, dass es so ist.
Wenn Sie mal nach Tallinn kommen sollten: Gehen Sie mal bei ihm vorbei, es ist sehr kurzweilig und sehr unterhaltsam.
In Tallinn jedenfalls heißen Straßen durchaus mal Toom-Rüütli und man glaubt sich ganz kurz in der Schweiz, aber das liegt vielleicht auch mit am Schnee. Oder am WLAN-Netz. Also ich sag Ihnen! Ich hatte ja das Handy nicht dabei, das hab ich auf Touren nie dabei, rein aus Prinzip und der Ruhe wegen, aber ich kann nur sagen: Ganz Estland, ein riesiges WLAN-Netz. Jede Tankstelle, jeder Supermarkt, Bushaltestellen, Bahnhöfe, Plätze, Kneipen, Restaurants. Alles WLAN. Darauf sind sie auch mächtig stolz und ein paar Spontikünstler nennen ihr Land mittlerweile E-stland und ich hoffe nun nicht, dass Apple auf die Idee kommt, den beinahebankrotten Staat Island aufzukaufen und daraus eine Marke zu machen.
Doors of Tallinn:
Freitag, 30. April 2010
Trakai
gorillaschnitzel, 01:28h
Sie dürfen jetzt nicht erschrecken, aber ich werde Sie jetzt echt plagen und zwar mit Winterfotos. Mit so richtig Schnee und Kälte bis zum abwinken. Das hat einzig zweierlei Zweck: Einserseits soll es hier demnächst empfindlich kalt werden (hier waren heute so etwa 29 Grad) und andererseits habe ich noch meine Resturlaubsfotos aus dem Baltikum noch nicht aufgebraucht. Aber egal, Sie kriegen das schon hin.
Trakai ist eigentlich ein müdes, kleines Kaff. Das ist schon alles. Es liegt aber sensationell auf einer Halbinsel inmitten von umgebenden Seen und es war mal richtig wichtig.
Das war mal sowas wie die Hauptstadt, zumindest residierte da mal der litauische Oberchef. Und Litauen war mal nicht so klein wie heute, sondern umfasste mal ein ordentlich großes Gebiet, aber das ist verdammt lang her.
Während dieser Zeit siedelten sich auch die Karäer an. Die stammen eigentlich irgendwo aus der Krimgegend und sind allein deshalb bemerkenswert, weil es sich dabei um Juden handelt, die völlig isoliert sich ihr ganz eigenes Judentum bewahrt haben.
Deren Häuser gibt es dort noch immer und es gibt auch noch die letzten Karäer. Man erkennt ihre Häuser sehr einfach: Giebel zur Straße, bunt und drei Fenster im Erdgeschoss: Eins für sich selbst, eins für Gott, eins für Vitautas, der sie hergeholt hat.
Ansonsten muss ich mal im Sommer wiederkommen, weil das dann wohl eine richtig schöne Gegend ist und ich das mit dem Wasser drum rum dann auch sehen kann....
Ach ja: Wenn Sie da mal sein sollten, dann könnten Sie auf dem halben Weg von der Bushaltestelle gen Burg mal kurz halt machen. Es gibt in der Konditorei rechterhand wirklich sensationell gut gemachte Kuchen. Oder Pralinen. Oder beides.
Trakai ist eigentlich ein müdes, kleines Kaff. Das ist schon alles. Es liegt aber sensationell auf einer Halbinsel inmitten von umgebenden Seen und es war mal richtig wichtig.
Das war mal sowas wie die Hauptstadt, zumindest residierte da mal der litauische Oberchef. Und Litauen war mal nicht so klein wie heute, sondern umfasste mal ein ordentlich großes Gebiet, aber das ist verdammt lang her.
Während dieser Zeit siedelten sich auch die Karäer an. Die stammen eigentlich irgendwo aus der Krimgegend und sind allein deshalb bemerkenswert, weil es sich dabei um Juden handelt, die völlig isoliert sich ihr ganz eigenes Judentum bewahrt haben.
Deren Häuser gibt es dort noch immer und es gibt auch noch die letzten Karäer. Man erkennt ihre Häuser sehr einfach: Giebel zur Straße, bunt und drei Fenster im Erdgeschoss: Eins für sich selbst, eins für Gott, eins für Vitautas, der sie hergeholt hat.
Ansonsten muss ich mal im Sommer wiederkommen, weil das dann wohl eine richtig schöne Gegend ist und ich das mit dem Wasser drum rum dann auch sehen kann....
Ach ja: Wenn Sie da mal sein sollten, dann könnten Sie auf dem halben Weg von der Bushaltestelle gen Burg mal kurz halt machen. Es gibt in der Konditorei rechterhand wirklich sensationell gut gemachte Kuchen. Oder Pralinen. Oder beides.
Mittwoch, 31. März 2010
Vilnius
gorillaschnitzel, 01:23h
Vilnius am Sonntag. Wann auch sonst? Weil Vilnius im Prinzip fast ausschließlich nur aus Kirchen besteht. Im Grunde ist Vilnius ein riesiges Kirchenfreilichtmuseum. Darum sonntags, weil dann in den Kirchen auch was los ist, obwohl....eventuell geht da auch unter der Woche der Punk ab, sind ja alle katholisch.
Wir können nun einen kleinen Exkurs wagen, weil es von Katholizismus momentan nicht weit ist zu Vergewaltigung und damit wären wir dann bei Drasius Kedys, mutmaßlicher Doppelmörder, unter anderem an einem Richter und bei der Wahl zu Litauens Person des Jahres 2009 ganz weit vorne gelandet.
Bei nicht wenigen Litauern gilt Drasius Kedys als Held. Die Vorgeschichte: Kedys Tochter wurde wohl ganz offensichtlich vergewaltigt. Kedys schickt nun monatelang Briefe, Videos, Material an alle möglichen Behörden, Ämter, Polizeistationen, erstattet Anzeige. Es passiert nichts. Kedys vermutet, dass von ganz oben gedeckelt wird. Daraufhin nimmt er das Recht in die eigene Hand und ermordet seine Schwägerin (die im Verdacht stand, die Kleine regelrecht verkauft zu haben) und den Richter (sehr tatverdächtig). Seither gilt er als Held Litauens und sowas wie der Mustervater. Er ist untergetaucht und Polen hat ihm angeblich bereits politisches Asyl angeboten.
Aber zurück zu den Kirchen und den Gottesdiensten. Ich fand ja, das Publikum wie die Priester sahen alle gleich aus, weshalb ich mich jetzt auf die wage These versteifen möchte, dass das alles immer dieselben Leute waren und die immer nur die Kirchen wechseln. Wenn sie fertig sind mit dem Gottesdienst, ziehen sie einfach weiter. Churchhopper quasi.
So wie ich. War ich an dem Tag auch. Ich hoppte allerdings weiter als der Mann mit dem Klingelbeutel auftauchte und nicht nach Beendigung des Gottesdienstes.
Die Litauer wissen über die fragile Freiheit die sie genießen. Es ist noch keine 20 Jahre her, da wurden 14 Menschen von sowjetischen Panzern überrollt oder erschossen. Weil sie sich schützend vor Parlament oder Fernsehturm gestellt hatten. Der Kommandeur der damaligen Truppen hieß übrigens Aslan Maschadow, später Präsident Tschetscheniens und von Russland als Terrorist mittlerweile erschossen. Nur mal nebenbei: In Riga passierte damals ähnliches: 5 Tote infolge von Demonstrationen für die Unabhängigkeit. Der dortige Kommandeur: Dschochar Dudajew, später Präsident Tschetscheniens und von Russland als Terrorist ermordet. Mit dem kleinen Unterschied, dass Dudajew in den baltischen Staaten einen kleinen Heldenstatus hat und nach ihm gar Straßen benannt wurden, weil er sich weigerte, seine Armee losmarschieren zu lassen und somit als Symbol für Unabhängigkeit herhalten muss.
Lange Rede: Hätte man mir, der ich das damals eher nebenbei in den Nachrichten sah, erzählt, dass man keine zwei Jahrzehnte später nicht mal mehr einen Pass braucht um dahinzukommen, hätte ich wohl empfohlen, einen guten Neurologen aufzusuchen.
Vilnius kann man aber wirklich mögen. Weil es versifft ist. Überall bröckelt es und ein guter Teil von Vilnius sieht wohl ein bißchen aus wie der Prenzlauer Berg vor der Wende. Es gibt ja Leute die meinen, eine Hauptstadt müsse glänzen und ausstrahlen. Das tut Vilnius ganz sicher nicht und Berlin tut das ganz sicher auch nicht. Ich sehe noch die entsetzten Gesichter, wie ich mit zwei Angolanern durch die Schönhauser Allee laufe und sie sehr zweifelnd fragen, ob das jetzt wirklich die Hauptstadt sei. Aber seis drum, es geht um Vilnius und den morbiden Charme des Verfalls.
Und damit wären wir bei der Republik Uzupio. Die gibt es inmitten von Vilnius, so wie es Christiania in Kopenhagen gibt, nur dass nicht ganz so viel Haschisch offen gehandelt wird.
Uzupio, benannt nach einem Engel, ist eine Künstlerecke und entwickelt sich grade zum "In-Viertel".
So. Und nun zeige ich Ihnen litauischen Humor. Direkt aus Vilnius. Litauischer Humor ist, wenn Sie als Römer verkleidete arme Schweine bei üblen Minustemperaturen mitsamt Speer und Schild vors Parlament stellen. Sonntags. Während dort keine Sau tagt oder parlamentiert. Lassen Sie nun noch Touris fotografieren und fertig. Ich glaube, darüber kann so ein Durchschnittslitauer durchaus lachen.
Wir können nun einen kleinen Exkurs wagen, weil es von Katholizismus momentan nicht weit ist zu Vergewaltigung und damit wären wir dann bei Drasius Kedys, mutmaßlicher Doppelmörder, unter anderem an einem Richter und bei der Wahl zu Litauens Person des Jahres 2009 ganz weit vorne gelandet.
Bei nicht wenigen Litauern gilt Drasius Kedys als Held. Die Vorgeschichte: Kedys Tochter wurde wohl ganz offensichtlich vergewaltigt. Kedys schickt nun monatelang Briefe, Videos, Material an alle möglichen Behörden, Ämter, Polizeistationen, erstattet Anzeige. Es passiert nichts. Kedys vermutet, dass von ganz oben gedeckelt wird. Daraufhin nimmt er das Recht in die eigene Hand und ermordet seine Schwägerin (die im Verdacht stand, die Kleine regelrecht verkauft zu haben) und den Richter (sehr tatverdächtig). Seither gilt er als Held Litauens und sowas wie der Mustervater. Er ist untergetaucht und Polen hat ihm angeblich bereits politisches Asyl angeboten.
Aber zurück zu den Kirchen und den Gottesdiensten. Ich fand ja, das Publikum wie die Priester sahen alle gleich aus, weshalb ich mich jetzt auf die wage These versteifen möchte, dass das alles immer dieselben Leute waren und die immer nur die Kirchen wechseln. Wenn sie fertig sind mit dem Gottesdienst, ziehen sie einfach weiter. Churchhopper quasi.
So wie ich. War ich an dem Tag auch. Ich hoppte allerdings weiter als der Mann mit dem Klingelbeutel auftauchte und nicht nach Beendigung des Gottesdienstes.
Die Litauer wissen über die fragile Freiheit die sie genießen. Es ist noch keine 20 Jahre her, da wurden 14 Menschen von sowjetischen Panzern überrollt oder erschossen. Weil sie sich schützend vor Parlament oder Fernsehturm gestellt hatten. Der Kommandeur der damaligen Truppen hieß übrigens Aslan Maschadow, später Präsident Tschetscheniens und von Russland als Terrorist mittlerweile erschossen. Nur mal nebenbei: In Riga passierte damals ähnliches: 5 Tote infolge von Demonstrationen für die Unabhängigkeit. Der dortige Kommandeur: Dschochar Dudajew, später Präsident Tschetscheniens und von Russland als Terrorist ermordet. Mit dem kleinen Unterschied, dass Dudajew in den baltischen Staaten einen kleinen Heldenstatus hat und nach ihm gar Straßen benannt wurden, weil er sich weigerte, seine Armee losmarschieren zu lassen und somit als Symbol für Unabhängigkeit herhalten muss.
Lange Rede: Hätte man mir, der ich das damals eher nebenbei in den Nachrichten sah, erzählt, dass man keine zwei Jahrzehnte später nicht mal mehr einen Pass braucht um dahinzukommen, hätte ich wohl empfohlen, einen guten Neurologen aufzusuchen.
Vilnius kann man aber wirklich mögen. Weil es versifft ist. Überall bröckelt es und ein guter Teil von Vilnius sieht wohl ein bißchen aus wie der Prenzlauer Berg vor der Wende. Es gibt ja Leute die meinen, eine Hauptstadt müsse glänzen und ausstrahlen. Das tut Vilnius ganz sicher nicht und Berlin tut das ganz sicher auch nicht. Ich sehe noch die entsetzten Gesichter, wie ich mit zwei Angolanern durch die Schönhauser Allee laufe und sie sehr zweifelnd fragen, ob das jetzt wirklich die Hauptstadt sei. Aber seis drum, es geht um Vilnius und den morbiden Charme des Verfalls.
Und damit wären wir bei der Republik Uzupio. Die gibt es inmitten von Vilnius, so wie es Christiania in Kopenhagen gibt, nur dass nicht ganz so viel Haschisch offen gehandelt wird.
Uzupio, benannt nach einem Engel, ist eine Künstlerecke und entwickelt sich grade zum "In-Viertel".
So. Und nun zeige ich Ihnen litauischen Humor. Direkt aus Vilnius. Litauischer Humor ist, wenn Sie als Römer verkleidete arme Schweine bei üblen Minustemperaturen mitsamt Speer und Schild vors Parlament stellen. Sonntags. Während dort keine Sau tagt oder parlamentiert. Lassen Sie nun noch Touris fotografieren und fertig. Ich glaube, darüber kann so ein Durchschnittslitauer durchaus lachen.
Mittwoch, 17. März 2010
Klaipeda
gorillaschnitzel, 23:54h
Mittlerweile haben wir uns von Lettland verabschiedet und sind jetzt in Litauen gelandet, genauer: Klaipeda, das früher mal Memel hieß und lange deutsch geprägt war, auch wenn die Mehrheit dort schon lang Litauer sind.
Klaipeda liegt an der Ostsee, das heißt, so gut wie. Erst kommt noch das Haff und die Kurische Nehrung und die soll richtig schön sein, aber das ist eher was für den Sommer.
Diese Schlösser finden sich überall im Baltikum. Frisch verheiratete Paare befestigen die an Brücken und schmeißen dann die Schlüssel in den Fluss.
Jetzt gehts aber dann doch noch zum kleinen Kurztrip auf die Nehrung.
Klaipeda liegt an der Ostsee, das heißt, so gut wie. Erst kommt noch das Haff und die Kurische Nehrung und die soll richtig schön sein, aber das ist eher was für den Sommer.
Diese Schlösser finden sich überall im Baltikum. Frisch verheiratete Paare befestigen die an Brücken und schmeißen dann die Schlüssel in den Fluss.
Jetzt gehts aber dann doch noch zum kleinen Kurztrip auf die Nehrung.
Samstag, 13. März 2010
Noch´n HDR-Versuch
gorillaschnitzel, 19:31h
Riga, Jesuskirche
Freitag, 12. März 2010
Sigulda
gorillaschnitzel, 22:34h
Sigulda ist im Prinzip nur ein kleines Kaff. Aber Sigulda liegt erstens in bequemer Reichweite von Riga und zweitens im Gaujanationalpark und deshalb kann man da schon mal hinfahren.
Während wir so mit der Gondel übers Gaujatal schweben, könnte ich mal schnell erwähnen, dass es hier so aussieht, wie es hier aussieht, oder besser gesagt, dort sieht es aus, wie es bei mir aussieht, will heißen: Ich fühlte mich umgehend heimisch. Zwar haben wir hier keine Gondel, dafür aber ein ausrangierte Skischanze. Naturschanze sogar. Und vor 50 Jahren sollen da mal tatsächlich welche gesprungen sein. Aber zurück zu Sigulda und dem Gaujatal. Im Sommer ist das sicher herrlich zum Kanu fahren und aus der Gondel kann man auch Bungeejumpen, wofür es mir aber erstens zu kalt war und zweitens dieses Unternehmen seit dem letzten Kreuzzusammenbruch von meiner Liste der nächsten Unternehmungen bedauerlicherweise gestrichen wurde.
Im Prinzip ist das gesamte Baltikum flach wie Ostfriesland. Topfeben. Für den Durchschnittmittelgebirgler damit so interessant wie McDonalds für einen Gourmet. Nur in Sigulda gibt es seltsamerweise Hügel und niemand kann erklären warum, aber das ist auch egal, die Hügel sind da und das ist auch recht so.
Deshalb ist Sigulda das Wintersportzentrum Lettlands. DAS. Ich glaube auch das einzige. Sie haben sogar ein Abfahrtshügelchen, aber ich kann ohnehin nicht Ski fahren und deshalb ist mir das egal.
Sonst gibt es nicht sonderlich viel. Bahnhof, paar Kneipen, viel Schnee und ziemlich viele Ruinen. Das war´s, reicht aber auch.
Etwas gibt es dann aber in Sigulda doch: Lettlands einzige Bob- und Rodelbahn. Die stammt noch aus Sowjetzeiten und damals holten tatsächlich Letten mal Gold bei Olympia. Auch heute noch donnern sie runter, etwas weniger erfolgreich, aber für eine Skeletonmedaille hat´s glaub ich gereicht.
Man kann da auch als Ottonormal-Beifahrer runterheizen und wahrlich, ich hätte das wirklich sehr, sehr gerne gemacht. So als Bremser, der nicht bremst und stattdessen Fotos schießt. Aber leider fanden die Letten, man müsse statt mir das hoffnungsvolle Jugendnationalteam runterschicken, dabei ging das in einem Fall nicht ganz so gut. Der Rückstand von über 40 Sekunden ließ erahnen, dass da unterwegs nicht alles so gelaufen ist, wie geplant. Heile angekommen isser aber.
Während wir so mit der Gondel übers Gaujatal schweben, könnte ich mal schnell erwähnen, dass es hier so aussieht, wie es hier aussieht, oder besser gesagt, dort sieht es aus, wie es bei mir aussieht, will heißen: Ich fühlte mich umgehend heimisch. Zwar haben wir hier keine Gondel, dafür aber ein ausrangierte Skischanze. Naturschanze sogar. Und vor 50 Jahren sollen da mal tatsächlich welche gesprungen sein. Aber zurück zu Sigulda und dem Gaujatal. Im Sommer ist das sicher herrlich zum Kanu fahren und aus der Gondel kann man auch Bungeejumpen, wofür es mir aber erstens zu kalt war und zweitens dieses Unternehmen seit dem letzten Kreuzzusammenbruch von meiner Liste der nächsten Unternehmungen bedauerlicherweise gestrichen wurde.
Im Prinzip ist das gesamte Baltikum flach wie Ostfriesland. Topfeben. Für den Durchschnittmittelgebirgler damit so interessant wie McDonalds für einen Gourmet. Nur in Sigulda gibt es seltsamerweise Hügel und niemand kann erklären warum, aber das ist auch egal, die Hügel sind da und das ist auch recht so.
Deshalb ist Sigulda das Wintersportzentrum Lettlands. DAS. Ich glaube auch das einzige. Sie haben sogar ein Abfahrtshügelchen, aber ich kann ohnehin nicht Ski fahren und deshalb ist mir das egal.
Sonst gibt es nicht sonderlich viel. Bahnhof, paar Kneipen, viel Schnee und ziemlich viele Ruinen. Das war´s, reicht aber auch.
Etwas gibt es dann aber in Sigulda doch: Lettlands einzige Bob- und Rodelbahn. Die stammt noch aus Sowjetzeiten und damals holten tatsächlich Letten mal Gold bei Olympia. Auch heute noch donnern sie runter, etwas weniger erfolgreich, aber für eine Skeletonmedaille hat´s glaub ich gereicht.
Man kann da auch als Ottonormal-Beifahrer runterheizen und wahrlich, ich hätte das wirklich sehr, sehr gerne gemacht. So als Bremser, der nicht bremst und stattdessen Fotos schießt. Aber leider fanden die Letten, man müsse statt mir das hoffnungsvolle Jugendnationalteam runterschicken, dabei ging das in einem Fall nicht ganz so gut. Der Rückstand von über 40 Sekunden ließ erahnen, dass da unterwegs nicht alles so gelaufen ist, wie geplant. Heile angekommen isser aber.
Samstag, 6. März 2010
Jurmala
gorillaschnitzel, 14:38h
"Jurmala" ist das einzige lettische Wort, das ich mir merken konnte. Es bedeutet schlicht "Strand" und damit dürfte auch klar sein, was diesen Dorfhaufen ausmacht. Es ist die Badewanne Rigas. Nur nicht in dieser Jahreszeit. Da ist es nur ein völlig eingeschneites Kaff und ich habe den Eindruck, dass ich der einzige bin, der freiwillig herkommt. Sie sagen, hier gäbe es endlose, schöne, weiße Strände. Weiß kann ich bestätigen, endlos auch, Strand nicht wirklich, schön ist es aber durchaus.
....und dann habe ich noch mehr neues Spielzeug als nur diesen GPS-Tagger (übrigens sind auch diese Fotos mit GPS-Daten versehen, Sie können sich also informieren, wo Jurmala liegt): Cokin-Filter. Sehr praktisch, weil schnell gewexxelt und das manchmal schöne Effekte gibt. Mit Tabakverlaufsfilter sieht es beispielsweise so aus:
....und dann habe ich noch mehr neues Spielzeug als nur diesen GPS-Tagger (übrigens sind auch diese Fotos mit GPS-Daten versehen, Sie können sich also informieren, wo Jurmala liegt): Cokin-Filter. Sehr praktisch, weil schnell gewexxelt und das manchmal schöne Effekte gibt. Mit Tabakverlaufsfilter sieht es beispielsweise so aus:
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