Donnerstag, 2. September 2010
Петергоф
Jetzt gehts weiter mit der Sommerrusslandreise und wir landen nun in Peterhof. Das hatte ich noch nicht gesehen. Peterhof ist eine der berühmtesten Schlossanlagen in und um St. Petersburg und es gibt wirklich sehr viele Schlösser in und um St. Petersburg. Berühmt wohl hauptsächlich weniger des Schlosses wegen sondern eher der Kaskaden und Wasserspiele wegen, was auch erklärt, weshalb ich das im Winter gemieden habe. Im Grunde ist der Park interessant (okay, das Schloss wohl wahrscheinlich auch, aber irgendwann mal hat man genug Schlösser von innen gesehen und dann tritt der Übersättigungseffekt ein).



Lustig ist schon die Anreise. Die kann man -billig- mit einer Uraltbahn machen oder etwas teurer und komfortabler mit Tragflächenbooten über die Newa und den Finnischen Meerbusen. Bei letzterem erzählen sie einem, dass man am Horizont Finnland sehen könne, was aber hochgradig gelogen ist.



Angeblich haben sie das Gelände fein säuberlich ausgesucht. Einen Hügel wollten sie haben und er sollte am Meer liegen und ich glaube ja, dass schon die Hügelsuche in der St. Petersburger Gegend ziemlich langwierig werden kann, weil das dort so topfeben ist wie es nur topfeben sein kann. Sollte dort je mal die Tour de France starten: Es wird eine superflache Flachetappe mit Massensprint.
Andererseits: Vermutlich haben sie den einzigen 50 Meter hohen Hügel weit und breit genommen, weil er nicht zu übersehen war.



Irgendwie habe ich mir ja schon immer überlegt, wie das damals wohl abgelaufen sein mag. Also so mit Architekt und Bauherr aka Zar. Rein als Dialog jetzt.
Peter I.: "Bau was nettes mit Gold und Wasser"
Architekt: "Wieviel darfs denn kosten?"
Peter I.: "Geld spielt keine Rolle"
Und dann haben sie gebaut wie die Berserker. Da ein bißchen Gold, dort ´ne Fontäne, hier ´ne Kaskade. Und wenn sie fertig waren, haben sie wohl das näxxte Schloss gebaut.



Ehrlich gesagt: Irgendwann kriegt man so ein bißchen zuviel von diesem Glitzergold. Ja, es ist sensationell, ja, es ist fantastisch, ja, es ist auf eine Weise einmalig und ja, "russisches Versailles" trifft irgendwie schon zu. Aber es ist auch ein klein wenig überdimensioniert. Kann aber auch sein, dass ich nicht so der Goldtyp bin und eher Patina an Kupfer und Bronze mag. Egal. Es ist trotzdem schön und hat auch einige lustige Effekte: Es gibt Scherzfontänen, die unvermittelt losgehen, wenn man auf den falschen Stein tritt.



....und wie dann die Nazis aus der Gegend abrücken mussten, haben sie noch schnell mal -wie auch bei anderen Gelegenheiten- das Gelände zusammengeschossen und damit unter Beweis gestellt, dass sie kulturell in etwa so beschlagen waren wie der Fladen einer diarrhoetischen Kuh.



Ich selbst fand ja die sprachlichen und linguistischen Eigenheiten da sehr interessant. Für mich als angehender Sprachinteressejunkie. Peterhof heißt auch auf russisch (wieder) Peterhof (exakt transkribiert "Petergof", aber das liegt daran, dass die Russen kein H können) und die kleinen Schlösschen drumrum Manly oder Monplaisir. Grob in der Nähe entstand auch eine der ersten Eisenbahnstationen Russlands. Vielleicht auch die allererste. Ihr Name: Vauxhall. Russifiziert ging das als Synonym für "Bahnhof" in den allgemeinen Sprachgebrauch ein und deshalb heißen heute alle Bahnhöfe auf russisch Voksal.

So. Und jetzt noch ein paar Bilder.....







PS: Auch hier wieder mit GPS-Daten

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Wow - Postkartenstimmung : )

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Wenn Sie möchten, kriegen Sie die in Postkartengröße...(Ihre Nachbarn werden sicher auch dahin gekarrt :-))

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Als ich mit der Schule im April 1984 dort war, waren die Fontänen leider aus. Aber auch so glitzerte es damals schon sehr. Wenn ich mich richtig erinnere, fehlte drinnen im Schloss allerdings an den Wänden jede Menge Kunst, die hatten die Deutschen damals geraubt.

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Ich war 1995 da – ist immer noch so üppig gülden wie damals. Schön, das mal wieder zu sehen :)

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...beides Mal interessante Jahre....1984 gabs immerhin noch die Sowjetunion (und da regierten diese Scheintoten, oder?) und 95 war nach dem Zusammenbruch und während der Krise...

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Unsere Nachbarstadt Bad Homburg ist Partnerstadt von Peterhof. Vielleicht habe ich ja auch mal die Chance, mit einer Gruppe dorthin zu gelangen - Sie haben mir richtig Lust gemacht!
(Aber Sie haben auch ein verdammtes Glück mit dem Wetter gehabt!)

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Ja, 1984 regierte der kurzatmige Tschernjenko.

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@siria: Fahren Sie hin. Es wird sich lohnen. Definitiv...

@arboretum: Ehrlich gesagt: Ich war nicht sicher ob nun Tschernenko oder Andropow. Ich verwexxel die immer und weiß nicht wer zuerst kam (Google half grade eben). Für mich zwei kranke Männer, die etwa gleich lang als Superchef dahinsiechten....

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schööööön. mein favorit sind die vier bäumsche!

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Soll ich dir was sagen: Ich hätte wetten können, dass dir die Bäume am besten gefallen...
(Mir hätte es noch besser gefallen, wenn dieses Liebespaar da sitzengeblieben wäre, wo es noch 5 Sekunden vorher saß....aber neee....sie mussten etwa nach unten rutschen, weshalb nur noch ein Restkopf über ist...)

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Sie lassen mit Ihrem Reisebericht nebst Bildern immer diesen Projektor in meinem Kopf losrattern, der die damalige Bahn-Achse Paris-Berlin-Moskau in Szene setzt, als es noch Königshäuser in diesen Ländern gab, okay bis auf Frankreich, wo man eine relativ einfache Maschine erfunden hatte, um sich erst der Monarchen, dann der Aristokratie und zuletzt auch der Bürger zu entledigen wusste, auf automatisierte Weise. Aber normal, es begann ja gerade sowieso die Industrialisierung.
Bis dahin hatte man sogar am russischen Hof noch Französisch gesprochen. Und die französiche Lebensart drückte sich damals auch in der Architektur der Schlösser und Gärten aus.
Was wollte ich jetzt eigentlich sagen, ach ja, schöne Bilder.

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Sie schreiben ja mal echt lustige Kommentare. Der Satz mit der französischen Maschine ist herrlich. Genial schön geschrieben....

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