Sonntag, 14. November 2010
Kurt und der Abfall
Kennen Sie Kurt Widmaier? Nein? Den müssen Sie auch nicht kennen. Der Mann ist Landrat des Landkreises Ravensburg, eine beschauliche Stadt mit zig Türmen in Südwürttemberg. Als solcher wäre er mir eigentlich kaum eine Zeile wert. Der Mann ist aber nicht nur Landrat eines eher ländlich-bäuerlich geprägten Kreises sondern einer der mächtigen Männer der Republik. Einer der mehr hinter den Kulissen die Strippen zieht. Aber keine kleinen Strippen. Strippen, die Auswirkungen bis nach Gorleben haben. Wie das ein kleiner Landrat kann?

So: Der Landrat von Ravensburg ist in Personalunion gleichzeitig auch Vorsitzender der OEW, der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke. Ein Zusammenschluss mehrerer Körperschaften aus insgesamt 9 Landkreisen, vornehmlich im südlichen Württemberg. Das klingt erstmal mächtig provinziell, ist es aber nicht. Weil die OEW einer der beiden großen Teilhaber der EnBW ist und die EnBW wiederum ist der drittgrößte Energiekonzern Deutschlands. Der andere Teilhaber (in gleichen Teilen) ist die EdF (Électricité de France).

Nun könnte man sich freuen, dass so ein Energieversorger zu 45% in mehr oder weniger Staatsbesitz ist. Könnte man. Man könnte sich aber auch fragen, wie die Energie gewonnen wird und weshalb alle baden-württembergischen Ministerpräsidenten allesamt, sonders und durchgängig ausnahmslos so große Anhänger der Kernenergie waren und sind.

Vielleicht weil die EnBW der Energieversorger ist, der bundesweit die höchste Atomstromquote hat? Der Mix sieht nämlich so aus:
Atom: 57% (Bundesdurchschnitt: 25%)
Erneuerbare Energie: 11% (Bund: 16%)
Fossil: 32% (Bund: 59%)

Zugegeben: Der hohe Anteil an Kernkraft kommt auch durch die EdF zustande, die eigentlich so gut wie nix anderes tut als AKWs zu betreiben, aber eben nicht nur: Selbst einzig auf Deutschland heruntergerechnet -und damit auf das, was einzig die OEW betreibt- steht eine doppelt so hohe Kernkraftquote wie in Restdeutschland.

Deshalb dürfen Sie bei den näxxten Bildern aus Gorleben sehr gerne mal an den Kurt in seinem beschaulichen Städtchen mit den zig Türmen denken. Was Sie nicht dürfen: Auf Änderung hoffen. Während bereits Schwaben an sich als eher konservativ gelten, trifft das in noch viel größerem Maße auf Oberschwaben zu und das Kurtle kommt aus dem allerallertiefsten Oberschwaben. Dort werden auch Rindviecher in entsprechende Positionen gewählt, solange sie nur das schwarze Parteibuch haben. In der Gegend gibt es nur zwei Institutionen von Relevanz: Gott aka die katholische Kirche und die CDU.

Und: Die Macht der Landräte darf man nicht unterschätzen. Wahlen werden in Baden-Württemberg in der Fläche gewonnen, nicht in Stuttgart, Freiburg, Heidelberg oder Tübingen. Der Einfluss dieser Lokalfürsten ist daher nicht klein. Raten Sie doch mal, wo die baden-württembergischen AKWs stehen. Ein kleiner Tipp: Nicht auf OEW-Gelände.

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Alles bleibt, wie es ist
Ach, ich liebe diese oberschwäbischen Landräte.
Das war übigens der Vorfolger in der Energiewirtschaft und Strippenzieherei.

http://www.zeit.de/1981/19/Fanget-die-Kerle
http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_Steuer

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Wilfried Steuer!
Herrlich....das ist quasi der Provinzlandratsprototyp. Von dem soll der Satz stammen, dass der Utz (Claassen, Ex-Boss von EnBW) während des Scheißens (so im Original) mehr Geld verdiene als ein gewöhnlicher Arbeiter im ganzen Jahr. Vermutlich hat er sogar recht...

Der Kerl hat sich immerhin sein eigenes Gedenkkreuz aufstellen lassen. Inschrift:

Gläubig aufwärts,
mutig vorwärts,
dankbar rückwärts.

Die Legende besagt, dass er dem Bildhauer verboten habe, den Satz "und heimlich seitwärts" einzuholzen.

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