Donnerstag, 25. Juni 2009
Meine ganz kleinen, sehr provinziellen Anfälle eines Nationalstolzes
Der erste Philosoph überhaupt muss ein Schwabe gewesen sein und sein Postulat hat zigwasweißichwieviel Jahre überdauert und es lautet: "Leck mich am Arsch". Das hat sogar der große Schwabe Mozart, den wir in großer Güte als Dauerleihgabe an die Österreicher dauerverschenkt leiht haben, vertont.

Das mag Spekulation sein.
Fakt ist zumindest, dass der erste bildende Künstler Schwabe war. Damals vor 35000 Jahren. Und seit heute ist auch der erste Musiker der Menschheit ein Schwabe....

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Sonntag, 7. Juni 2009
Ich hätte es mir ja denken können...
Die Leute hier in der Gegend gelten ihrem Ruf nach als Tüftler und Bastler und das sind sie irgendwie auch. Das gilt nun so überhaupt nicht für mich, aber ich stand schon daneben, wie ein vollgelaufener Keller mittels Faßpumpe und daran angeschlossener Boschbohrmaschine wieder leergepumpt wurde. Was den Tüftler dabei unheimlich stolz machte war dabei weniger die Tatsache, dass seine Konstruktion funktionierte sondern vielmehr, dass man eine schwäbische Bohrmaschine mittels Klebestreifen 7 Stunden auf Dauerbohren stellen kann und die nicht mal heißläuft.

Hier fährt man am Samstag immer mit leerem Anhänger rum (eine Prozedur, die selbst ich bisher nicht verstanden habe) und hat eigentlich immer was zu schrauben (eine Prozedur, die ich verstanden habe, die ich aber ablehne).

Und so ist man hier überzeugt, dass man der Welt (unter anderem) das Auto, das Motorrad, das Motorboot, jaaaa, meine Damen, den ersten BH in Serienproduktion, das erste Zündholz in Serienfertigung, den Düsenjäger, den Dieselmotor, das lenkbare Luftschiff, die Magnetzündung, die Rechenmaschine, die Setzmaschine, den Benzinmotor, das astronomische Fernrohr und nicht zuletzt die Kehrwoche geschenkt habe.
Ferner habe man die Gesetze der Planetenbewegung entdeckt, das Gesetz zur Energieerhaltung und die Relativitätstheorie und außerdem war es ein Schwabe, der Hollywood gegründet hat.

Dazu gibt es den praktischen Nachweis, dass alle Sprachen auf Schwäbisch basieren. Glauben Sie nicht? Dann studieren Sie mal dieses Büchlein.

Um es kurz zu machen: Sie sind allgegenwärtig, überschwemmen Berlin und nachdem sie sich auch schon in Amerika breitgemacht haben, ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Barack Obama eigentlich Schwabe ist.

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Freitag, 29. Mai 2009
Panorama

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Dorf. Stirbt.
Hier in unmittelbarer Großstadtnähe wohnt man gern: Weit genug draußen von allen Malaisen einer Großstadt, aber mit idealer Verkehrsanbindung in alle Richtungen. Hier baut man, wenn man einen Bauplatz vererbt kriegt oder wenn man einen ordentlichen Garten für die Kinder möchte.
Einfach: Das Paradies auf dem Lande mit sehr kurzer Zeit ins urbane Zentrum mitsamt seinen Vorteilen (Kultur, Shopping). Der vermeintlich grüne Gürtel um die Großstädte ist sehr attraktiv geworden.

Damit einher geht aber eine verheerende Entwicklung. Meiner Ansicht nach. Hier beispielsweise steht etwa jedes dritte Haus im Ort leer, während gleichzeitig immer wieder das nächste Neubaugebiet ausgerufen wird. Nun muss ich vielleicht dazusagen, dass ich in einer Gegend wohne, in der man keine drei zwei Kilometer gehen kann, ohne ins näxxte Schlafdorf zu gelangen. Will heißen: Es ist schon jetzt ganz ordentlich zugebaut mit Häusern von Leuten, die hier nur schlafen und irgendwo 30 oder 40 Kilometer weiter arbeiten. Tagsüber ist das tot oder doch nicht ganz: Eine Rentneransammlung, sowas wie eine großstädtische Geriatrieabteilung an deren Flanke.

Verkürzt könnte man sagen: Die Orte sterben in ihrem Zentrum und gleichzeitig werden sie an ihren Rändern immer größer. Nun könnte man sagen, dass sich das eventuell ändern ließe, es ist ja schließlich demnäxxt Kommunalwahl, aber irgendwie wollen sie alle es nicht begreifen oder aber sie profitieren davon, von daher:

Erst wenn alles zubetoniert ist und ihnen das Wasser -das ob der Versiegelung nicht mehr abfließen kann- zum Hals steht, werden sie begreifen, dass nicht alle Flächen als Neubaugebiet ausgewiesen werden können. Aber bis dahin haben sie einen Haufen Geld verdient.

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Sonntag, 1. März 2009
Immer wieder samstags, oder: Wöchentlich grüßt das Murmeltier
Der Samstag ist häufig mein liebster Tag. Nein. nicht weil man da frei hat. Genaugenommen hab ich da nicht oft frei und arbeite stattdessen. Der Samstag ist deshalb so toll, weil man da gesellschaftliche Spießbürgerstudien anstellen kann. Glauben Sie es oder nicht, aber das samstägliche Ritual hier ist: Er putzt das Auto, sie macht die Kehrwoche (die trotz der heutigen Nichtigkeit des einstmals vorhandenen Gesetzes immer noch ein Sakrileg ist, was vielleicht daran liegt, weil es Badenzer waren, die das gekippt haben).
Vermutlich gelte ich unter vielen hier als völlig degenerierte Person mit Entwicklungshemmissen. So eine Art asoziale Drecksau, die sich nicht integrieren will, wenngleich inmitten dieser Verhältnisse aufgewachsen, weil: Ich wasche mein Auto nicht. Ehrlich gesagt sieht meine Karre aus, wie eben eine Karre aussieht: Der letzte Staubsauger der da durchgerutscht ist, war während der letzten Inspektion im Herbst und das war der Monteur und das auch unverlangt. Und die Außensäuberung macht der Regen.

Ehrlich gesagt frage ich mich ja seit Jahren, was die Jungs eigentlich immer transportieren, wenn sie mit ihren leeren Anhängern des Samstags durch die Gegend fahren. Ich glaube ja, die machen das, weil ihnen das Spaß macht und um dem Nachbarn zu zeigen, dass man eine Beschäftigung hat.

Mein persönlicher Höhepunkt ist aber die Getränkebeschaffung. 2 Kästen saurer Sprudel (woanders nennt man es Mineralwasser), 1 Kasten Tannenzäpfle. Die Besorgung mache ich immer am Samstag und das mit gutem Grund. Weil es da nämlich am allerlustigsten ist, was wiederum am Publikum liegt. Beispielsweise unterhält man sich über den Jahreshöhepunkt schlechthin: Den Ausflug mitsamt Führung ins Werk von John Deere (Nichtlandbewohnern sei gesagt: Das ist eine Traktorfirma) im Dezember diesen Jahres (Dezember!!!), man fühlt die große Vorfreude, und die Jungs -die durchaus minimum 6 Jahre Englischunterricht genossen haben mögen- sprechen es dennoch Dschonn Dehr aus. Dazu tragen sie Schnurrbärte -die man allenfalls Günter Grass durchgehen lassen würde und das auch nur aus Respekt vor dem Nobelpreis- und einen verdreckten Blaumann als Arbeitsnachweis und kommen nicht wie ich im Auto angefahren sondern laufen mit einer Sackkarre vorm Geschäft vor. Ich glaube, so ein Exemplar wie mich halten sie für einen durchgeknallten Volltrottel. Wahrscheinlich gelte ich -zurecht- als einer der Bach hört und Bücher liest, mit der Hühnerzucht absolut nix am Hut hat und das ist reichlich suspekt. Vermutlich werde ich nur deshalb einigermaßen toleriert, weil ich fließend Dialekt sprechen kann, wenn ich nur will.

Hah! Ich weiß, weshalb ich das liebe.

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Sonntag, 22. Februar 2009
Ein Nekropölchen
Viele dieser bedeutenden Friedhöfe haben ungeheure Dimensionen. Ich habe mir vor zig Jahren mal den Cemeterio Cristobal Colon in Havanna angeschaut und da kann man sich wirklich verirren. Oder auch 2 Tage verbringen. Ebenso Pére Lachaise. Es mag noch weit größere Nekropolen geben, aber dieser Gigantismus ist nicht ganz meins. Ich bin Teil dieser Fastfoodgeneration, die schnell und zackig informiert werden möchte und daher keine langen Wege zwischen den Gräbern brauchen kann. Von daher kommt mir dieser Friedhof genau richtig. Nun gut, die mangelnde Größe liegt wohl in erster Linie darin begründet, dass das Land klein und allein daher jeder Quadratmeter kostbar ist. Und es ist vielleicht auch darin ursächlich, dass man hier nie etwas zu vergeuden hatte, was letztlich auch für den Tod gilt.


Deshalb liegen alle sehr eng beieinander und suggerieren ein bißchen auch: Im Tode spätestens sind alle gleich. Oder vielleicht doch nicht immer ganz so sehr. Zwar dürfenmüssen die Weltkriegeinseinsopfer direkt neben den Opfern der Nazidiktatur liegen (während es kaum Gräber aus dem WKII gibt, was aber sehr wahrscheinlich daran liegt, dass die Mehrheit in Stalingrad krepiert und dort in die Erde verbracht wurde), aber Unterschiede gibt es dennoch, auch wenn es nur die Grabgröße ist.


Es nennt sich "Gräberfeld X" und war von je her denen vorbehalten, die von Staats umgebracht wurden. Ehedem -zu Zeiten der Todesstrafe- waren es Mörder und auf Gräberfeld X gab es trotz der Enge genug Platz, weil man irgendwann mal der Ansicht war, dass diese Hinrichtungen nicht ganz so statthaft sind und man sich aufs nötigste beschränken sollte. Dann kamen die Nazis und machten Gräberfeld X übervoll, allerdings nicht mehr mit Mördern. Über einen der auf den Grabplatten geschriebenen Namen weiß man auch ein klein wenig mehr als über die anderen: Theodor Kalymon, ukrainischer Zwangsarbeiter, wurde im Alter von 20 Jahren aufgrund einer verleumderischen Anzeige der keinerlei Verbrechen vorausging zur "Abschreckung" gehängt.

Nur ein paar Schritte weiter liegt Kurt Georg Kiesinger, der einmal Bundeskanzler dieser Republik war (und es dabei für bundesrepublikanische Verhältnisse zu einer eher kurzen Amtszeit brachte, die zudem durch die großen 68er-Umwälzungen gekennzeichnet war), dabei aber angesichts seiner Vorgeschichte als Nazi ein eher unglückliches Exemplar war und aufgrunddessen einmal von Beate Klarsfeld eine Ohrfeige gekriegt hat, sehr zurecht, wie ich im Nachhinein finde.
Wie eng das alles ist zeigt sich gleich schräg dahinter:
Da liegen zum einen Eberhard Wildermuth, ein liberaler Bundesminister und zum anderen Carlo Schmid, einer der Väter des Grundgesetztes und Sozialdemokrat. Politik aber war in dieser Stadt eher ein Abfallprodukt, wenngleich da auf wenigen Quadratmetern ein halbes Regierungsviertel liegt.

Ein Abfallprodukt des Geistes nämlich. Worauf sich diese Stadt etwas einbildet: Auf ihre Dichter und Denker, auf ihren Geist.
Auf Ludwig Uhland etwa.




Oder auf den Säulenheiligen schlechthin. Nun bitte mächtig Ehrfurcht, weil es nun ans Hölderlingrab geht. Hölderlin starb zwar ganz unheldenhaft einigermaßen alt und wurde seine halbe Lebenszeit als irre in einem Türmchen eingesperrt, aber diese Tragödie und seine literarischen Werke machen den Mann zu dem obersten Heroen schlechthin.

Wer übrigens ein oder zwei Daten Hölderlin betreffs kennt, wird sehr schnell erblicken, dass da auf dem Grabstein ein falsches Geburtsdatum steht. Bis heute .

Über alle Zeiten hinweg übrigens war das Hölderlingrab begehrt bei Grabräubern aller Art: Devotionalien- und Souvenirjäger, Vandalen undundund. Stand früher noch eine Statue drauf, ziert nun nur noch ein kleines Kreuz den Stein.

Dennoch: Hölderlins Grabsteinspruch ist einer der schönsten überhaupt, passend ohnegleich und stammt -Gottseidank- von Hölderlin selbst:
Im heiligsten der Stürme falle
zusammen meine Kerkerwand,
und herrlicher und freie walle
mein Geist ins unbekannte Land





Fast in unmittelbarer Nachbarschaft darf Friedrich Silcher liegen, den ich ehrlich gesagt eher als rein sakralen Komponisten in Erinnerung hatte. "So nimm denn meine Hände" beispielsweise. Und ich wusste zwar, dass er hier liegt, aber nahm immer an, das sei eher zufällig. Mir war eher nicht bekannt, dass er aus der Gegend stammt.
Noch weniger bekannt war mir Halbbildungsbürger, dass "Ännchen von Tharau" von ihm stammt und Dinger wie das Uhland´sche "Der gute Kamerad" (aka "Ich hatt´ einen Kameraden") von ihm vertont wurden und wenigstens Marcel Reich-Ranicki sich mit der Aufnahme des ebenselben gegen die einseitige Vereinahme durch einschlägige Kreise gewehrt hat.
Aber vielleicht sollte man ihm -auch wenngleich nur "Tonmeister"- posthum zurufen: "Muss I denn zum Städtele hinaus" ist völlig falsch, es gibt in ganz Schwaben kein einziges "Städtele", allenfalls Städtle oder Städte, aber nie und nirgends "Städtele".

Und dann legte man Isolde Kurz, Schriftstellerin, Namengeberin von zig Straßen und Übersetzerin, nach ihrem Ableben neben ihre Mutter und niemand weiß so ganz genau, weshalb man Papa Hermann 50 Meter weiter im Einzelgrab unterbrachte. Vielleicht wollte man Papa ein wenig aus der Familie herausheben, vielleicht sollte der Rest auch einfach nur post mortem seine Ruhe haben, man weiß es nicht.

Nun liegt sie halt mal das und das passt auch heute ganz gut und das aus einem ganz bestimmten Grund:


Wenigstens bei Lisa Betz hat man sich etwas gedacht. Lisa Betz muss man nicht kennen, die war Haushälterin bei Isolde Kurz und das ziemlich lange. Sie war eigentlich mehr als das: Isolde Kurz nannte sie "mein zweites Ich" und das lag nicht nur daran, dass Lisa Betz irgendwann mal ihr Ohr wurde, weil Isolde irgendwann einmal schwerhörig wurde und die Haushälterin übersetzen musste.

Und wie dann erst Isolde Kurz starb und nur wenige Monate darauf ihre langjährige Haushälterin....hat man Lisa Betz fast direkt neben Isolde Kurz begraben und auf ihrem Grabstein ein Zitat von Isolde Kurz hinterlassen:



Die Liebe höret nimmer auf
die unsichtbaren Helfer haben
sie lebhaft neben mich gestellt




Hermann Kurz ist der Vater von Isolde Kurz. Auch er ein Schreiberling und nun fragen Sie mich bitte nicht, weshalb der Hermann Kurz dieses weiße Häubchen auf seinem Grab hat. Es ist halt da. Einfach so. Irgendjemand hat es übergestülpt.

Mag es ein halbnackter Engel sein, der noch nicht mit den pietistischen Regularien hier kompatibel ist, mag es das jüngste Werk des örtlichen Graffitistars sein....ich weiß es auch nicht und drunter schauen macht man ja irgendwie auch nicht...hat irgendwie so etwas unerhörtes....

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Montag, 2. Februar 2009
Provinzjuden
Heute hat man manches Mal das Gefühl, jüdisches Leben vor den Nazis habe mehrheitlich in Großstädten stattgefunden. Berlin, München, Köln. Das stimmt so nicht. Teile des jüdischen Lebens fanden im Kaff statt. Pures Kaff. Bäuerliches Judentum. So richtig Kaff. Heute hat das Kaff weniger als 1500 Einwohner, damals so grob ein Drittel davon. Aber trotzdem durften dort Juden siedeln aufgrund der Gnade des damaligen Großgrundbesitzers. Erst waren es 4 Familien und angesichts dessen, dass daraus dann ziemlich mehr wurden, kann man schließen, dass Juden in der Gegend vielleicht nicht erwünscht, aber doch toleriert wurden.
Matthias Erzberger , der seine Unterschrift unter den Versailler Vertrag setzen musste und damit den Schlusspunkt unter die bis dahin größte Schlächterei der Menschheitsgeschichte, das bis dahin größte Fanal, und der dafür anschließend mit seinem Leben bezahlte, auch und vor allem weil er Jude war.....er stammte aus eben einem solchen winzigkleinen bäuerlich-jüdischen Mikrokosmos.



Immerhin kriegten sie ihren eigenen Friedhof und den gibt es -auch über die Nazizeit hinweg- seit etwa 250 Jahren, auch wenn er klein ist, aber das ist das Kaff ja auch. Fernab der Dorfgrenzen liegt er und vielleicht symbolisiert das dann auch die damalige gesellschaftliche Stellung.







Und dann kamen die Nazis und das war auch für die Juden im Kaff der Moment, in dem es um Leben oder Tod ging.







Aus heutiger Sicht war Adolf und seine Judenhetze mitsamt dem Holocaust auf eine Sicht erfolgreich, weil es in dem Kaff heute keine Juden mehr gibt: Ausgewandert sind die wenigen Überlebenden nach Israel oder den USA, weil man nicht mehr mit den Tätern der Nachbarschaft und der schweigenden Dorfgemeinschaft zusammenleben wollte....







...aber den Friedhof gibt es noch, auch wenn er nach Schändungen abgeschlossen werden muss, weil Juden auch in dieser demokratischen Bundesrepublik nicht in Frieden ruhen dürfen....noch nicht mal dann, wenn sie Siebzehnhundertnochwas gestorben sind, was nun schon beinahe 300 Jahre her ist.

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Dienstag, 27. Januar 2009
Rituale



Das ist eine Mutschel, wenn auch ein eher mißlungenes Exemplar. Sie müssen nicht wissen, was eine Mutschel ist, das weiß man eventuell schon 30 Kilometer weiter nicht mehr, auch wenn das Ding schon eine etwas weitere Verbreitung gefunden hat als noch vor einer Dekade, was wiederum absurderweise ausgerechnet an den großen Backfabriken und deren Expansionstrieb liegt.
8 Zacken brauchts, dazu den Ring und obendrauf einen kleinen Turm, der aber in der obigen Mutschel eher eine Ruine ist. Alles Handarbeit und deshalb auch etwas teurer.
Nur einige wenige Wochen gibts das Zeug (so etwa von Dezember bis Januar) und vielleicht ist es genau deshalb etwas besonders geblieben. Über Jahrhundert schon, so sagt man. Genauer: 8 Jahrhunderte.
So lange gibt es angeblich den Mutscheltag und das ist dann der Anlass zu seltsamen Würfelspielen, die sich "langer Entenschiss" oder "Nacktes Luisle" nennen, um die Dinger zu zocken und sich dabei kollektiv zu betrinken.
Aber regionale Bräuche muss man pflegen. Auch und gerade in einer globalisierten Welt.

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Montag, 12. Januar 2009
Eiszapfen
Jede Jahreszeit hat ihre Farben und deshalb bin ich über die permanente Veränderung auch froh, auch wenn ich so einige Wetterlagen dann doch etwas lästig finde. Im Winter beispielsweise gibt es diesen Rotstich im Braun der Bäume, besonders dann, wenn es saukalt ist und dann auch noch die Sonne scheint. Vielleicht hat es auch nur mit der Tageszeit zu tun, oder aber ich in früheren Leben besser auf den Genuß einiger vermeintlich bewußtseinserweiternder Produkte verzichten sollen, aber ich zumindest behaupte: Dieses rotbraun gibts nur im Winter und bei einer bestimmten Sonneneinstrahlung.



Überhaupt ist die Natur am ehesten geeignet, rauschhafte Orgien zu produzieren: Farben, Gerüche, Wurzelwerk von Bäumen auch mal überirdisch beispielsweise.




Wenn es schweinekalt ist, ist das gleichzeitig die beste Voraussetzung, das Hirn mal wieder abzukühlen. Ziel heute: Ein Wasserfall. Besser gesagt: Mein Wasserfall. Er gehört mir zwar nicht wirklich, aber ich war da so oft dort, dass da irgendwie Ansprüche draus entstanden sind. Ich glaube, das Teil zu kennen: Von unten, von oben, von der Seite.


Lange Zeit hielt ich den Wasserfall für nichts weiter besonderes und wunderte mich, weshalb das ein so häufig besuchtes Ausflugsziel ist. Ich glaube ja, dass es möglich ist, einen Schulabschluss zu erlangen, ohne je ein Buch gelesen zu haben, ich glaube aber nicht, dass es auch nur ein Baden-Württemberger-Kind mit Schulabschluss gibt, das nicht irgendwann mal in den mindestens 9 Jahren Schule sich hat diesen Wasserfall anschauen müssen.



Aber wie es sehr häufig ist: Wenn man das Dingens mehr oder minder vor der Haustüre hat, weiß man es nicht so wirklich richtig zu schätzen. Man ist zwar häufig dort, aber ein bißchen verliert es an der Besonderheit.
Während verschiedenen Touren und Reisen sieht man dann gewaltigere Fälle und das reduziert dann die Besonderheit noch ein kleines bißchen. Nie aber die Faszination.



Dann aber hat irgendeiner Wikipedia erfunden und eine gelangweilte Wiki-Ameise hat sich in stundenlanger Arbeit drangemacht, sämtliche Wasserfälle Deutschlands zu katalogisieren und ich habe gelernt, dass es in Deutschland zwar viele Wasserfälle gibt, aber die meisten eher kleinere Wasserstürze von einigen Meterchen sind und die wenigsten davon 40 Meter freie Fallhöhe haben, wie der meinige und erst recht nicht eine Gesamthöhe von 80 Metern. Schon gar nicht außerhalb der Alpen.


Ich kenne den Wasserfall im Sommer, im Frühling, im Herbst und im Winter. Sehr dünn ist er in den Hitzeperioden, mächtig imposant während der Schneeschmelze.
Ganz besonders aber ist er dann, wenn es kalt ist. Richtig kalt. Saukalt. Schweinekalt. Und das über Wochen hinweg. Dann nämlich friert er zu. Manchmal auch komplett. Das allerdings ist ein seltenes Erlebnis, weil es dazu eine immense Kälte braucht, die es eben eher im alpinen Bereich ab einer gewissen Meereshöhe gibt.



In den letzten 35 Jahren ist er nur zwei Mal komplett zugefroren und die Sache mit der Klimaerwärmung erhöht die Wahrscheinlichkeit auf weitere Eiszapfenerlebnisse nun nicht unbedingt.
Ich war ja der Meinung, die Kälte der letzten Wochen könnte gereicht haben, aber das war ein Irrtum. Nur Teileiszapfen mit Restfontäne...



Und dann machte ich mich an den Aufstieg und schon beim Hochklettern merke ich: Falsche Schuhe.
Regel 1 beim Wasserfallerklettern: Dont try in DocMartens.
Die Stufen sind völlig vereist, weil sie nämlich ganzjährig feucht sind und dann eben zugefrieren. Dann noch Schnee drauf und fertig ist die Stolperfalle. Und Regel 2: Hoch ist leichter als runter.
Aber für ein halbwegs gutes Foto begebe ich mich leichtsinnigerweise auch mal in Todes-Hals- und Beinbruchgefahr.

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Samstag, 10. Januar 2009
Hin und wieder muss ich diese Ooooh-Aaaahh-Kitschfotos bringen

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