Montag, 12. Februar 2007
Hegemon
(US-)Amerikakritik ist en vogue. Darüber darf sich niemand -zu allerletzt die USA selbst- wundern. Und weiß Gott, es gibt genügend Kritikpunkte, an denen ich mich liebend gerne auch selbst beteilige.

Aber vielleicht gelingt es uns auch mal, den -europäisch geprägten- latenten Antiamerikanismus beiseite zu schieben und das Ganze emotionsfrei und vorurteilslos zu betrachten. Die Meta-Ebene, wie man so schön sagt...

Die Klage über die Weltmacht USA, die die gesamte Welt unter ihrer Knute halte ist verbreitet. Aber ist sie auch wahr?

Uneingeschränkte Hegemonie? Mitnichten. Längst muss selbst die USA Rücksicht nehmen auf zum Teil unsichere Kantonisten in der ganzen Welt. Der Aufstieg der neuen Superstars hat längst begonnen. Und die sitzen allesamt in Asien.

Ganz kurz -zu Beginn der 90er-Jahre mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion- schien es, als führe an den USA nichts vorbei. Das war auch in den 90ern schon ein Trugschluss. Zwar ging damals nix ohne die USA, aber eben auch nix mit den USA.

Eine winzig kurze Zeit, von der Welt damals unbemerkt, war die USA tatsächlich der unumschränkte Hegemon. Die Macht, die alles hätte nach gusto bestimmen können. Und das war zwischen 1944 und 1949. Damals führte man einen Krieg gleich an 2 Fronten, konnte unendlich viel Mensch und Material einsetzen und v.a. verfügte man über das Monopol für eine Waffe: Atombombe. 1949 entwickelte Russland (via Sowjetunion) ebenfalls die Bombe. Damit wars rum mit der unumschränkten Herrschaft über die Welt.

Natürlich ist die USA noch immer die größte Militärmacht und gemeinsam mit der NATO noch immer die größte Macht. Das aber wird nicht so bleiben. Längst ist man -selbst als Gesamt-NATO- an Grenzen gestoßen und merkt, dass man sich nicht überall engagieren kann. Konnte die USA noch in den 1940ern "beinahe im Alleingang" Kriege gegen die Nazis und Japan führen, wäre man heute als NATO schon mit der Eröffnung einer "dritten Front" so ziemlich überfordert.

Die Kriege, die seitens der USA (und ihrer Partner) geführt werden, werden aus einer Postition der Schwäche heraus geführt. Es sind, auch wenn es vielleicht aus der heutigen Position schwer verständlich ist, Rückzugs- und (Einfluss-)Verteidigungskriege. Krieg wird dann geführt, wenn es einigermaßen erfolgversprechend ist. Man greift nur dort ein, wo es dringend nötig erscheint oder aber dort wo man meint, es sich leisten zu können. Man kann allenfalls punktuell -"chirurgisch"- eingreifen. Selbst das Beispiel Irak zeigt, wie sehr sich die Positionen verschoben haben: Noch im Vietnamkrieg war die Anzahl der Gefallenen deutlich höher (9mal soviel). Will heißen: Den Oberen seinerzeit wurde ein wesentlich höherer Blutzoll verziehen, ehe es zu Protesten kommt.
Daher ist heute ein Debakel wie das im Irak (Krieg gewonnen, Frieden verloren) von großer Signalwirkung und geopolitisch vermutlich -mit dem Aufstieg des Iran- noch viel bedeutender als der Vietnamkrieg (und andere verlorene (Post)Kolonialkriege).

Zwar werden die USA auch das 21. Jahrhundert bis weit in die 50er-Jahre hinein bestimmen, sie werden aber ein- und überholt werden von China und Indien, sie werden viele Rücksichten nehmen müssen auf allerlei weitere Länder (Iran, Pakistan, Indonesien). Ob die Welt dadurch sicherer wird, darf bezweifelt werden.
Wenigstens in Ansätzen sind einige militärische Einsätze der Amerikaner und Europäer von der Menschenrechtsidee geprägt (Bosnien, Kosovo, Somalia). Etwas, das man von China, Iran oder Russland nicht erwarten kann und darf. Umso dramatischer muss es anstimmen, wenn man dann durch politischen Dilettantismus (gepaart mit viel Blödheit) die moralische Hoheit verliert.
Vielleicht werden dereinst unsere Urenkel dennoch neidvoll in die Zeit zurückblicken, als ein Staat -mitsamt einer Allianz- überhaupt erst versucht hat, wenigstens hin und wieder für Menschenrechte einzutreten.

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Noch ist nicht aller Tage Abend, und es wird noch viel Glas ins Tal fließen usw.

Natürlich hast du mit vielen Recht.
Man muss nur einmal sehen das der Dollar im Grunde nur eine riesige Luftblase ist, welche China wenn es wollte jederzeit zum Platzen bringen könnte (davon abgesehen das sie sich damit selber weit runterziehen würden und nicht nur sich)

Aber jetzt schon vorraus zu sagen das sich in all diesen staaten nichts in die Richtung eines Staates mit Menschenrechten wie wir sie verstehen entickeln wird halte ich für etwas zu Prophetisch obgleich dir die Wahrscheinlichkeiten recht geben.

Aber ich denke grade in China haben wir was das angeht ein mit Flüssigkeit Randvolles zugeschweistes Fass in der prallen Sonne.

Manchmal geschehen Dinge einfach viel schneller als man denkt. Grade in China ;)

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China aber altert bereits heute (demographisch). Und "Alte" verändern nichts. Zumindest bringen sie keine "revolutionären" Neuänderungen im Sinne eines demokratischen Wandels...

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Aber diesen "alten" Status hatte China doch schon einmal, und hat sich daraus erneuert.
Quasi eine zweite Jungend begonnen. Was spräche also gegen eine dritte.

Davon abgesehen haben des Dinge die "Alt" also keine Neuerungen akzeptieren oder zulassen, an sich das sie in einer absehbaren Zeit sterben. ;)

Jaja ich weiß, ich erscheine wie ein hoffnungsloser Naiver optimist (aber du wärst überrascht wieviele Menschen mich für einen extremen Pessimisten halten ;) )

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Och...

In diesem Fall wollte ich in erster Linie darauf hinaus, dass China etwas ähnliches durchleben wird, wie Deutschland (Europa): Immer mehr junge Menschen, die immer mehr alte Menschen versorgen müssen. Bleibt abzuwarten, wie attraktiv China bin dahin als Einwanderungsland sein wird.

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Ammiland
Den modischen Antiamerkanismus mit Fakten zu bekämpfen, hat sich der Blog USA erklärt auf die Fahnen geschrieben.

Der ist zwar manchmal etwas zu überzeugt vom Ammi-System, aber wenigstens schreibt einem mal einer in verständlicher Form auf, wie deren Höllenchaos politisches System strukturiert ist. Oder auch nicht.-

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Ach ja, die Kunst des Differenzierens™ ... letzthin ist sie doch sehr außer Übung gekommen. Und wendet man sie dennoch an, dann erreicht man die realitätsresistenten Ideologen noch lange nicht.

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@maternus: Je öfter ich den Satz lese, desto mehr beschließe ich, das jetzt als Kompliment aufzufassen...

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Daran tust Du wohl, junger Padawan ;o)

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