Sonntag, 13. März 2011
Alles im Griff
In Japan passiert grade Tschernobyl reloaded. Zwonull. Sehr schlimm. Tragisch. Schrecklich. Ganz übel und wir alle wissen noch nicht, was die Auswirkungen sein werden.

Sehr, sehr zynisch gesagt, hätte dem baden-württembergischen Wahlkampf aber kaum etwas besseres passieren können, weil das baden-württembergische Fukushima gut schwäbisch Neckarwestheim heißt.

Neckarwestheim ist eines der ältesten AKWs in Deutschland, eines der umstrittensten ohnehin und eines der unsichersten sowieso.


Ein kleiner Einschub:


Nun muss ich kurz einschieben, dass ich von deutschen Ingenieuren ziemlich viel halte. Die haben einen ziemlichen Vertrauensvorschuss meinerseits. Deutsche Ingenieure sind meiner Meinung nach gut ausgebildet und deutsche Technologie ist weltweit nicht soooo weit von Spitzenpositionen entfernt. Ich glaube, dass deutsche Ingenieure meistens ihr Handwerk verstehen und setze einfach mal voraus, dass sie Ahnung von dem haben, was sie sagen oder tun.


Einschub Ende


Nehmen wir nun mal an, so ein deutscher Ingenieur in einem deutschen Atomkraftwerk konstatiert seinem eigenen AKW Sicherheitsmängel und fordert dringend Nachbesserungen. Dann sollte man ihm eigentlich erstmal glauben und verantwortungsvolle Menschen würden nun ziemlich schnell tätig werden.

So stelle ich es mir vor.

Aber das hier ist noch immer Baden-Württemberg und hier regiert die Mafia und genau deshalb läuft das alles anders und zwar so:

Da schickt der Betreiber des AKW Neckarwestheim -die EnBW (damals zur Hälfte in Landesbesitz, heute ganz in Landesbesitz)- einen Antrag an das Umweltministerium Baden-Württemberg (die Ministerin damals wie heute: Tanja Gönner, die kennen Sie sicher als die mit dem irren Blick).

Darin heißt es, die Nachbesserungen hinsichtlich einiger Sicherheitsmaßnahmen sei -Zitat- "zwingend erforderlich" und es wird "Sofortvollzug" beantragt.
Es geht darum, dass die Notstromdiesel räumlich getrennt sind und eventuelle Lecks im Kühlkreislauf besser gesichert sind. Exakt das, was in Japan nicht funktioniert und zur Katastrophe geführt hat. Ein Standard, den jedes AKW heute erfüllen muss.

Das Schreiben stammt vom 05. September 2007. 2007! Vor dreieinhalb Jahren. Was tat nun Gönner seinerzeit?

Nichts. Der Antrag landet in der Ablage.

Bis sich Greenpeace der Sache annimmt und den Antrag veröffentlicht. (ganze Meldung)

Reaktion Gönner? Die droht jetzt EnBW (landeseigen, man möge sich totlachen), Block 1 dichtzumachen, wenn nicht bald ein Nachrüstplan vorgelegt werde. Wohlgemerkt: Ein Plan, der seit dreieinhalb Jahren in ihrer Schublade verstaubt. (Nur mal nebenbei: Nach früherem Atomkonsens wäre die Anlage mittlerweile bereits stillgelegt).

Wir wollen als Resümee festhalten: Der zuständigen Ministerin für die Sicherheit in Atomkraftwerken ist eben dies reichlich egal, ihr ist die Sicherheit der Bevölkerung egal, sie erzählt ganz offensichtlich Lügen und windet sich nun wie ein Wurm im Klärschlamm.

Geht wählen. Das Pack muss weg.

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Ich wünschte, ich könnte da wählen!

Ich gehe am Montag erstmal demonstrieren.-

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Ich müßte mich nur bei meinen Eltern anmelden, dann könnte ich wählen. Nur wüßte ich nicht, wen. Schon die Regierung mit grüner Beteiligung hat die Laufzeiten der AKW mit dem "Ausstieg" über jedes geplante Maß hinaus verlängert.

Nebenbei habe ich an das dortige Finanzamt GAU-ähnliche Erinnerungen...

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Ich werde einen der beiden wählen, die Aussichten haben das Pack zu beerben. Die Augen-zu-und-durch-Strategie. Ziemlich dürftig.
Aber der Leidensdruck, den diese Arschkrampen aufgebaut haben, ist mittlerweile so groß, da macht man auch mal unvernünftige Dinge.

In Stuttgart bin ich erst am nächsten Wochenende wieder. So als Wochenend- und Freizeitdemonstrant.

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@sethos: Ich gewähre Ihnen gerne so eine Art Zweitwohnsitz :-)
(Ich war gestern demonstrieren und näxxten Samstag gehts weiter damit) lassense mich ehrlich sein: Ich wünschte auch, dass es mehr Leute wie Sie gibt die wählen wie Sie (und viele andere auch). Dummerweise entscheidet das flache Land, wie halt auch in Bayern und dort, ja gott....es mag ein Genfehler sein...

@ilnonno: Noch nie seit ich volljährig bin, ist mir meine Wahlentscheidung so leicht gefallen. Nie bin ich gerner zur Wahl gegangen, nie ging es mehr gegen "etwas" als dieses Mal. Meine Stimmung ist recht einfach und in exakt zwei Worten zu beschreiben: Mappus weg.

@monnemer: Jaaaa, der Leidensdruck. Den habe ich auch und zwar gewaltig. Ich möchte nicht mehr kommentarlos in einem Land leben, in dem Mappus Ministerpräsident ist. Daher ist die Gefahr, dass wir uns näxxten Samstag übern Weg laufen werden ziemlich hoch, auch wenn das unerkannterweise sein wird. Ach ja: "Arschkrampen" ist super...herrlich!

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AKWs sind ja bekanntlich wahre Goldesel und wenn es ums Geld geht, wird die Moral und Verantwortung weiter hinten angestellt.

Trotzdem würde ich sagen, dass ein Super-GAU (das Wort existiert ja tatsächlich, auch wenn es unlogisch klingt) in Deutschland eher unwahrscheinlich ist und wenn, kann sowas auch glimpflich ausgehen. Wie Sie schon sagten, wissen wir nicht, was da in Japan passiert.

Ich bin gegen Atomkraft, weil es eine verdammte Sauerei ist. Die ganze Endlagerung ist immer noch nicht geklärt und der Atommüll wird, im Vergleich zu einem Menschenleben, auf ewig die Umwelt belasten.

Das ist für mich der Hauptgrund.

Und dass dieses Pack weg muss, unterschreibe ich sowieso!! ;) Ich bin das erste Mal in meinem Leben traurig kein Schwabe zu sein.

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Einen Super-GAU würde ich auch für Deutschland nicht ausschließen: Menschliches Versagen, technisches Versagen, ein Anschlag etcetc...(es wird kein erdbebenverursachter Super-GAU stattfinden, aber das heißt nicht, dass es nicht einen anders verursachten Super-GAU geben kann).
Und ja: AKW sind so richtige Goldesel, weil subventioniert und genau deshalb sind BW-Ministerpräsidenten so heiße Verfechter pro Atom. Die EnBW ereugt soviel Atomstrom wie sonst kein Energieversorger.

Ach ja: Ich erkläre Sie gerne zum Ehrenschwaben...:-)

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Ehrenschwabe?? Was für eine Ehre!! Ich bin ja jetzt erstmal Nordrhein-Westfale geworden und muss damit zurecht kommen. :)

Übrigens kann man heute lesen: Schwarz-Gelb will Laufzeitverlängerung für drei Monate aussetzen

Das muss man nicht mehr verstehen, oder? Vielleicht bin ich auch einfach nur zu dumm dafür...

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3 Monate
ist die Halbwertszeit für Politikergehirne, danach wissen die nur noch die Hälfte von dem, was sie je sagten. Du wirst sehen, in 3 Monaten ist auch wieder Gutti im Rennen.

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3 Wahlen
Näxxten Sonntag Sachsen-Anhalt, am Sonntag drauf Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die haben die nackte Panik, sonst nichts. Wenn selbst der Mappus als Ober-Atomer neuerdings kilometerweit zurückrudert....reiner Opportunismus.

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Nein es geht mir eher um die Formulierung. Die ist doch völlig hirnrissig. Wie kann man denn eine Verlängerung aussetzen? Ist das dann eine Laufzeitverlängerungverlängerung? :)

Dass das nur Ausreden sind und die das wieder mit irgendwelchen Versprechen aussitzen wollen, ist mir auch klar.

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....wie mann sie kennt: die werdens wieder hintanhängen wollen....:-)

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Man wagt es ja gar nicht zu sagen: wenn das in Japan geschehen ist, dann besser jetzt als in drei Wochen. Diese Wahlen werden hoffentlich von der jetzt wohl unvermeidlich sich erneut entzündenden Debatte um AKWs in Deutschland bestimmt werden.

Und wir könnten endlich einen entscheidenden Schritt weg von diesen nicht beherrschbaren Wahnsinn tun. Und womöglich auch damit den einen oder anderen im Ausland zum Nachdenken bringen.

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Im Ausland ist das Problembewußtsein relativ gering. Die Engländer und Ammis, die ich kenne, reagieren mit 'Geht es auch allen gut, die ich dort kenne?' und dann mit 'Laßt uns für die armen Kinder dort spenden!', und meine Haltung von 'Wir müssen sofort alle diese alten Siedewasserreaktoren weltweit ausmachen und einmotten, und den Rest der Atomenergie mit alternativen Energien ersetzen und aussteigen!' kommt ihnen ziemlich unlogisch und weit hergeholt vor.-

Übrigens ist das Geheule, Japan habe keine Alternative zum Atomstrom, Quatsch. Arte wußte gerade diese Woche von einem Gezeitenkraftwerk zu berichten, das Schotten und Deutsch im nördlichen Atlantik entwickeln, das packt so richtig was weg, und wäre bestimmt ideal, um in Japan die Atomkraftwerke zu ersetzen. Meer haben die da ja nun wirklich genug.

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In Sachen Atom gibt es Inland und Ausland
Erstmal: Im Ausland gibt es kein Atomproblem. Egal wohin man reist, es werden überall AKWs gebaut (nicht nur betrieben). Im Ausland gibt es bei weitem nicht die Anti-AKW-Bewegung, die es in Deutschland gibt. Nirgends. AKW gilt überall als sauber, Zukunft, besser als CO2.

Was das Inland angeht: Da gehe ich sehr konform mit dem Herrn maternus. Und wo es grade um Wahlen geht, drehen selbst Mappus und Konsorten und plappern jetzt von AKWs, die man abschalten müsse (hätte man die noch vor 3 Tagen befragt: Sie hätten ganz anders geantwortet).
Es wird aber dazu führen, dass selbst die CDU über die Laufzeitverlängerung wird nachdenken müssen und so hat selbst eine Katastrophe noch was gutes...

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Also, ich weiß, daß es in England durchaus ein Atom-Problem gab. Als ich in den späten 80ern in England wohnte, kannte ich da Leute, die auch wegen Sellafield und Sizewell demonstriert hatten und das sehr kritisch sahen. Ich bin bei meiner East-Anglia-Radtour sogar in der Nähe von Sizewell vorbeigekommen und dort ein schönes Graffito 'SuiSizeWell' fotografiert. Da gab es also Proteste.

Die CDU hat jetzt die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub: entweder sie rudern zurück und bleiben beim Atomausstieg, mit Sofortausschaltung der alten Siedewasserreaktoren, oder das Volk schaltet sie ab. Dafür muß man nicht auf irgendeine Bundestagswahl warten -- dafür müssen nur die näxten paar Landtagswahlen verloren gehen, selbst da, wo sie nie verloren gehen (=BW).

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Wobei der regierungsamtliche Agitprop sogar bei dir ein klein wenig gewirkt hat. Du sagst "Sellafield" - und nicht "Windscale".

Schon die Römer benannten vor über 2000 Jahren ein Kaff, in dessen Nähe sie eine Schlacht gegen König Pyrrhos mehr schlecht als recht überstanden hatten, von "Malevent" in "Benevent" um. Und erzählten jedem, wie supitoll sie dort gesiegt hätten... funktioniert bis heute.

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Auch wenn auch ich nicht in BW wählen darf, so habe ich doch eine feste Meinung zu Stefan Mappus: Wie kann jemand wie er in Deutschland so ein Spitzenamt besetzen ?

Kopfschüttelnde LG
Jens

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@sethos
Gerade angesichts der häufigen Tsunamis dürften Gezeitenkraftwerke gerade für Japan eine echte Option sein.

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Umbenennungen sind des Teufels
@Maternus: Ich verabscheue Umbenennungen. In St. Petersburg haben sie nach der Revolution 1917 alle Straßen und Kanäle erstmal umbenannt, manche mehrmals. Und die ganze Stadt gleich mit. Zu recherchieren, wo was passierte und wer wann wo wohnte, ist ein übles Puzzlespiel. Ich habe mir dann aber angewöhnt, Orte immer so zu nennen, wie sie zu der Zeit, von der ich rede, halt hießen. Sonst kommt man 'in'n Woid 'nei', wie die Bayern hier sagen. Klar weiß ich, daß das vorher Windscale war. Ich hatte überlegt, 'Sellafield/Windscale' zu schreiben, aber beschloß dann, mich von allen Argumenten der Art 'Eigentlich heißt das...' fernzuhalten. Sowas wird beliebig schnell beliebig komplex.

@txxx666: Angesichts der häufigen Erdbeben und Tsunamis haben wir ja gesehen, was für eine echte Option die Kernkraft ist. Heute nochmal, mit zusätzlichem Rumms, für die, die es immer noch nicht gemerkt haben.-

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Mein Reden...

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Update:
Es wird immer grausiger

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