Dienstag, 29. April 2008
Flaggend mit viel scheenen Reden
Man hat hierzulande ein recht distanziertes Verhältnis zu den Mächtigen und Regierenden. Die Landeshauptstadt ist weit weg und die Bundeshauptstadt noch viel weiter. Und wenn man sich überhaupt für derartiges begeistert, dann glorifiziert man die Vergangenheit und kombiniert das mit neumodischen Traditionen. Will heißen: Man kauft sich einen Fahnenmast und hängt die Flagge raus.

Während die Zugezogenen Deutschland-, Schumi- und BayernMünchen-Fahnen raushängen, flattert bei den letzten knochigen Eingeborenen das königlich-württembergische Tuch. Mitunter gleich zweimalig in einem 1000-Seelen-Dorf. Mit einigem Stolz könnten die Flaggenhisser dann vom ruhmvollen Hause Württemberg schwadronieren, dessen berühmtestem Sohn Eberhard im Bart, der bereits im 15. Jahrhundert quasidemokratisch regiert habe und ohnehin seiner Zeit weit voraus war und vom Tübinger Vertrag, der schwäbischen Magna Charta, um die man vom gesamten Heiligen Römischen Reich beneidet worden sei und wozu die Preussen zeit ihrer Existenz nie in der Lage gewesen seien.

Keine Rede davon, dass jene Schwaben-Magna-Charta nach den napoleonischen Zügen nichts mehr galt und die königlichen Württemberger im Gegensatz zu ihren herzöglichen Vorfahren dann einen Polizeistaat errichteten und auch keine Rede vom Armenhaus Württemberg, das Auswanderer en masse produzierte.
Petitessen einer ruhmreichen Vergangenheit.

... comment

 
Der Hang zum Winkelement, zum Flagge zeigen ist bei den Toitschen ja stark ausgeprägt, fürwahr. Auch hier im Beritt stehen so viele Flaggenmasten dass ein einschlagswilliger Blitz vor lauter hin und her zum Schluss erschlafft durch die Hecke abzischt. Hach, was für ein Land...

... link  

 
Sehr genial....der Spruch...hab köstlich gelacht :-)

... link  


... comment
 
Bei mir hängt (meist samstags) einmal pro Woche eine schwarz-weiß-grüne Flagge auf dem Balkon... }:-)
Aber ich bin hier ja auch nur Zugezogener...

... link  

 
....ich frag mich, warum und welche Fahne...:-)

... link  


... comment
 
Da haben Sie ja mal wieder
eine echte Bildungslücke geschlossen. Auf die Entfernung hätte ich die Fahne nicht einordnen können. Und dieser bärtige Eberhard sagte mir bis dato auch nichte. Bei uns im Nordwesten des Bindestrich-Ländles wurde im Heimatkundeunterricht ja mehr der kulturellen und politischen Großtaten der pfälzischen Kurfürsten gedacht. Aber bei allem Lokalpatriotismus hätte ich mir nicht unbedingt die kurpfälzische Fahne aufs Dach gepflanzt (schon allein, weil die mit ihren weißblauen Rauten für den heraldisch und geschichtlich Unkundigen ziemlich bayerisch aussieht).

... link  

 
Freut mich sehr, die allerletzte mark´sche Bildungslücke geschlossen zu haben. Der Bärtige übrigens ist hier eine recht große Nummer: Der hat die Tübinger Uni gegründet, die damals gespaltenen Teile Württembergs wiedervereinigt und wird natürlich auch in der Württembergerhymne -der "schwäbischen Nationalhymne"- besungen.

Auch auf die Gefahr hin, mich nun mächtig zu blamieren, aber: Gehörte die Kurpfalz nicht sehr lange zu den Wittelsbachern, sprich Bayern, und sind die weißblauen Rauten von daher nicht ganz zufällig?
Fahnen hisse ich nun nicht, aber meinen Lokalpatriotismus (mit dem herzöglichen und dem heutigen Württemberg, respektive Schwaben) kann man durchaus als etwas ausgeprägt bezeichnen....

... link  

 
Schnitzelchen, wenn ich grade für Mark antworten darf der sicher schon den Schlaf der gerechten ratzt - und da ich das irgendwann schonmal bei mir verwurstet hatte, also quasi sozusagen weiß:
Die weißblauen Rauten gehören ursprünglich zum pfälzischen Kurfürstentum. Und nach Bayern gekommen sind sie ursprünglich durch jemanden, der Bayern gar nicht haben wollte: Karl Theodor, der aus einer wittelsbergischen Nebenlinie stammte und Bayern erbte, nachdem die Hauptlinie durch Inzest und was die hohen Herren damals sonst so getrieben haben ausgestorben war.
Zumindest hat er versucht, mit den Ösis* ein Tauschgeschäft zu machen - geben: Bayern - bekommen: Belgien, was Österreich aber nicht so ganz wollte. Nachdem die Kurpfalz dann unter Napoleon plattgemacht wurde, war man vermutlich froh, noch ein paar rechtsrheinische Besitzungen zu haben. Achja: Karl Theordor hinterließ ebenfalls keine nachkommen und die nächste Nebenlinie trat an...

*PS: Zu Ösis und Bayern ist mir da grad noch was eingefallen, wird ein kleiner Blogeintrag bei mir drüben

... link  

 
Kurz gesagt: Die Bayern ham die weißblauen Rauten nur geklaut? Hah! Ericichliebedir....die haunwawechdieBayan...

... link  

 
Öhöm....Eric, haste denn ein, zwei Quellen dazu? Das interssiert mich mittlerweile wirklich mächtichlich....so als historisch interessierten Menschen (da haste mich mal auf was aufmerksam gemacht....)

... link  

 
Ich hab dazu jetzt nur was in der Wikipedia gefunden.

demnach stammen die Rauten wohl doch aus Bayern und die Wittelsbacher haben sich die von einem anderen Clan angeeignet. Aber erst ab 1851 wurden sie zum Symbol für ganz Bayern aufgewertet. Zu der Zeit war Kurpfalz als eigener Staat schon lange Geschichte.

... link  

 
So, bevor ich mich in die Horizontale begebe, noch ein paar Nachweise von blauweiß in der Pfalz:

Mannheimer Wappen zwischen 1502 und 1806
Stadtwappen von Neustadt - 1245

... link  

 
Dankedanke...

... link  

 
Ja,
auch von meiner Seite vielen Dank für die heraldische Amthshilfe zu später Stunde. Tatsächlich hatte ich kurz nach elf meinen Matratzenhorchdienst angetreten.

Ich tröste mich hier im niederrheinischen Exil ja nach wie vor damit, dass auch Teile dieses schönen Landstrichs mal zur Kurpfalz gehörten. Schloss Benrath war zeitweilige Sommerresidenz des oben erwähnten Karl Theodor...

... link  


... comment