Montag, 14. April 2008
Bella Italia
Italien wählt. Und wie es aussieht, wählen sie Berlusconi. Das versteht außerhalb Italiens vermutlich kein Mensch. Dabei sind die Italiener eigentlich sehr politisch und das in einer Bandbreite, die man hierzulande kaum kennt: Im Stadion von Livorno singt man bis heute mit großer Begeisterung die "Internationale" oder "Bandiera Rossa" und bei Lazio stehen zigtausende und zeigen den Faschistengruß, Spieler übrigens inklusive.
Und ein Land, dessen liebster Volkssport nicht der Fußball sondern der Regierungssturz ist (ich glaube, man wählt grade das etwa sechzigste Nachkriegsparlament) und das trotzdem irgendwie funktioniert, ist das Experimentierfeld der europäischen Politik.
So gesehen ist Italien ein großes Sammelbecken an allerlei politischen Ideen und vermutlich das einzige europäische Parlament, das gleich 2 kommunistische Parteien beherbergt.

Apolitisch sind sie definitiv nicht. Viel mehr vermutlich schon postpolitisch, was wiederum das Phänomen Berlusconi erklären könnte: Wenn man die Schnauze derart gestrichen voll hat von Politikern, dann sucht man sich das raus, was am wenigsten nach Politik aussieht und das ist definitiv Berlusconi. Der ist weder rechts, noch links, noch ideologisch sonst irgendwie festgelegt. Er ist nicht neoliberal und schon gar kein Konservativer. Berlusconi ist der Zukunftspolitiker, der gar nicht mehr Politiker ist und überhaupt nicht mehr regiert. Berlusconis einziges Interesse war und ist stets, wie man das Land Italien in sein Firmenimperium integrieren kann und wie man sich die Justiz mitsamt der Gesetze so zurechtschustern kann, dass für Berlusconi das Maximum rausspringt.

Tröstend für alle dürfte sein: Italien überlebt auch Berlusconi. Und weil sie ohnehin den anarchistischen Touch haben vermutlich auch mehr oder weniger unversehrt.

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Sie haben auch Mussolini vergleichsweise ziemlich unbeschadet überstanden. Und Berlusconi tut das, was viele Italiener nicht anders machen: dem Staat eine lange Nase drehen und sich ansonsten die Taschen vollmachen, daß es raucht. Wer das mit Erfolg tut, hat sich die Bewunderung vieler Leute im Lande gesichert.

Wobei ich merkwürdigerweise, so oft ich in Italien bin, so gut wie nie jemanden treffe, der zuzugeben bereit ist, Berlusconiwähler zu sein. Es ist den meisten Leuten peinlich, sie geben sogar eher zu, Gianfranco Finis Postfaschisten der Alleanza Nazionale zu wählen.

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Erschreckend finde ich die Idiotie, die teilweise eingekehrt ist: Einer wie Joachim Fest war seinerzeit noch ganz begeistert über die italienischen Arbeiter, die ihren Dante kannten und heute haben wir Wahlsieger Berlusconi, der einer sich über ihre finanzielle Situationen beklagenden Bürgerin antwortet, sie möge dann halt seinen Sohn ehelichen. Andernorts wäre dieser Kandidat erledigt, in Italien grinst man milde und lacht sich einen...

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Nur gut, das so etwas in Deutschland nicht möglich ist. Unsere Merkeloni ist zum Glück alles andere als ein ein Showmaster...

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Natürlich gibt es das auch bei uns. Ich sage nur "Bayern" bzw. "F.J. Strauß".

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Wobei man auch sagen muss: FJS war doch eher -Gottseidank- ein lokales Problem, auch wenn er mal Verteidigungsminister war. Und: FJS verfügte nicht über einen derart riesigen Medienbesitz wie Berlusconi. In der Grundtendenz geb ich dir aber recht.

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