Samstag, 9. Oktober 2010
Jetzt erst recht
Es war einmal ein Herrscher. Der gängelte die Bevölkerung sehr. So sehr, dass die sich das irgendwann mal nicht mehr gefallen lassen wollte und sich gegen den Herrscher erhob. Das beeindruckte den Herrscher erstmal und deshalb nahm er ein paar Restriktionen und Repressalien zurück. Es ärgerte ihn aber auch und deshalb schickte er gleich Truppen hinterher, um den Aufstand niederzuschlagen.

Das Ganze ist knapp 500 Jahre her und spielte sich in der tiefsten schwäbischen Provinz ab. Es endete damit, dass der Herrscher (Herzog Ulrich) ins Exil flüchten musste und das Herzogtum Württemberg in der Folge eine für die damalige Zeit geradezu revolutionäre "Verfassung" bekam. Es endete auch damit, dass der Aufstand mitnichten niedergeschlagen war sondern im nächsten Aufstand kulminierte: Dem Bauernkrieg.



Hier und heute geht es längst nicht mehr um einen Bahnhof oder ein paar Gleise. Jetzt geht es darum, in was für einem Land wir eigentlich leben. Es geht darum, ob wir weiter von Leuten regiert werden, die schlichtweg dumm, mafiös verstrickt oder verlogen sind. Ob es hier Leute in Führungspositionen geben darf, die ein paar Neuntklässler zusammenschlagen lassen dürfen und danach auch noch hämisch feixend Lügen erzählen.

Aus hiesiger, jetziger Sicht: Nie hatte er mehr Recht:

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Donnerstag, 7. Oktober 2010
Mappus wählen!
Drüben bei buntgrau gibt es einen sehr lustigen Mappus-Plakatomaten und damit kann man lustig texten....

















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Donnerstag, 7. Oktober 2010
Sprachlos.
Irgendwann mal muss der Alltag auch in einem Land weitergehen, in dem der nie ausgerufene Dauerausnahmezustand herrscht. Unter uns: Ich lebe auch ein Leben jenseits von Pfefferspray und Demo, wenngleich das Thema mittlerweile bei mir einen Stellenwert besitzt, den ich noch vor einem Vierteljahr für absolut unmöglich gehalten hätte. Beispielsweise lege ich jetzt mal schnell einen Sauerbraten ein für Sonntag.
Wenn Sie das auch möchten, brauchen Sie ein Kilo Hirschfleisch, eine Flasche Rotwein, ein Viertelliter Rotweinessig, etwas Stangensellerie, ne Karotte, Zwiebeln, Knoblauch, Wacholder, Lorbeer, Pfefferkörner, Thymian, Senfkörner und eine Nelke. Die größeren Zutaten schneiden sie würflig, das Fleisch lassense bitte heil. Jetzt brauchen Sie nur noch ein ordentliches Gefäß und schmeißen alles zusammen rein. Das lassen wir jetzt gekühlt bis zum Wochenende stehen und dann verrat´ ich Ihnen, was wir dann machen. Sie sollten aber noch Äpfel, Ahornsirup (oder ersatzweise Honig), säuerliches Gelee (Johannisbeer oder Quitte) und Tomatenmark bereithalten.

Aber ganz ehrlich gesagt: So ganz zur Normalform übergehen geht einfach nicht. Nicht nach dem, was man da so in Stuttgart gesehen hat. Die Bezeichnung "gespenstisch" wäre noch freundlich. Wut trifft es besser.

Natürlich haben wir hier auch 20 Jahre Einheit gefeiert. Gemeinsam mit zig Robocops, die Plätze besetzen, Personalien aufnehmen und kontrollierenkontrollierenkontrollieren. Wir haben jetzt ein paar neue Schlagworte und "Polizeistaat" ist noch eins der freundlicheren. Eigentlich hatte ich ja noch vor, noch ein paar verregnete Baikalbilder zu bringen, nur: Mir ist nicht wirklich danach, das muss warten. Später.

Hannes Wader hat mal davon gesungen, dass sich Furcht in Widerstand verwandle. Bei mir transformiert sich das gleich weiter in Satire und Humor. Vielleicht kann man manche Zustände so besser ertragen. Darum präsentiere ich Ihnen nun die aktuellen Pressemeldungen von heute:

Stuttgart - Ministerpräsident Mappus erklärte, dass er weiter entschieden hinter Stuttgart 21 stehe. Von ein paar gemeingefährlichen Kastanienwerfern die Polizisten ernsthaft verletzen wollten lasse man sich nicht aus dem Konzept bringen. Der nun errichtete Zaun im Park sei ein antibürgerlicher Schutzwall und er dementierte entschieden, dass hier eine Mauer gebaut werden solle. Niemand habe die Absicht eine Mauer zu bauen. Auch werde wahrscheinlich auf Selbstschussanlagen verzichtet. Man vertraue auf die Vernunft der Bürger und dass bereits gelegte Tretminen ausreichten.

Stuttgart - Innenminister Rech bestätigte erneut, dass am letzten Donnerstag lediglich Sprühregen durch Wasserwerfer stattgefunden habe. Dabei habe es sich um eine dringend notwendige Bewässerung des Rasens gehandelt. Rech sagte auch, dass die Besetzung von Polizeifahrzeugen durch Schüler ihn zutiefst erschüttert habe. Eine solche staatsgefährdende Aktion sei durch nichts zu rechtfertigen. Dem könne nur durch größtmögliche Intervention entgegengewirkt werden. Er verwies darauf, dass es der Straßenverkehrsordnung widerspreche, Personen auf dem Dach von Lastkraftwagen zu transportieren, insbesondere dann, wenn diese nicht angeschnallt seien.

Stuttgart - Polizeipräsident Stumpf sagte den Medien, dass die bayrische Staatspolizei in sehr besonnenem Maße reagiert hätte. Er verwieß darauf, dass der Tag in Starnberg nahezu friedlich und überaus harmonisch verlaufen sei und die dortige Polizei lediglich von einem leichten Verkehrsunfall berichte.

Stuttgart - Letzten Montag hat erneut eine Großdemonstration gegen Stuttgart21 stattgefunden. Während die Gegner von 4,3 Millionen Teilnehmern sprachen, berichtete die Polizei von 14 extrem gewaltbereiten Teilnehmern.

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Donnerstag, 30. September 2010
Die Eskalation haben sie gewollt












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Montag, 27. September 2010
Hartz V
Ich lerne nie aus: Menschenwürde ist berechenbar. Centgenau 5 Euro. Und das funktioniert so: Wir erhöhen den HartIV-Satz erst um 25 Euro, ziehen dann die Ausgaben für Alkohol und Zigaretten (20€) wieder ab und erklären anschließend, dass Kinder eigentlich mit 2 bis 12€ zuviel berechnet werden, wir aber großzügigerweise einen "Vertrauensvorschuss" (wem? worauf?) gewähren und das gnädigerweise nicht auch noch abgezogen wird.

Ich sehe schon die überglücklichen Bezieher des Geldes, die luftsprüngevollführend und überaus dankbar zur Kenntnis nehmen, dass endlich, endlich ihre Menschenwürde wieder hergestellt wurde und sie sich wieder ausgewogen ernähren können. Statt 12 Liter Bier für 8 Euro runterwürgen zu müssen, endlich 12 Liter Mineralwasser für 2,99. Monatlich.

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Freitag, 24. September 2010
Der See II (Bolschoje Koty)
Ort: Bolschoje Koty
Lage: 51.90 N, 105.07 E
Einwohner: 22
Mood: Slow
How to get there: Boot (Sommer), per Auto über´s Eis (Winter)



Der Baikal ist nahezu überall bewohnt, wenn auch manchmal von nicht allzu vielen Lebewesen. Selbst in den tiefsten Tiefen lebt noch Schwimmzeugs. Das liegt daran, dass sich der See langsam vergrößert hat und ebenso langsam tiefer wurde. Deshalb konnten sich die Tiere an die Tiefe gewöhnen. Ein Fettfisch mit 40prozentigem Fettanteil etwa, der sich nur vertikal fortbewegen kann und der vermutlich so schmackhaft ist, als wenn Sie gleich direkt aus der Schweineschmalzpackung löffeln.





Überhaupt ist alles am und im See langsam -so kommt es einem zumindest vor-, was vielleicht am Wetter liegen könnte. Das ist so ziemlich das Einzige, das nicht langsam ist. Umschwünge können stündlich vonstatten gehen und wenn der Wind umschlägt wird aus einem Sonnentag plötzlich ein Sturmtag mit drei Meter hohen Wellen.





Bolschoje Koty ist so ein langsamer Ort am Baikalsee. Hierher führt keine Straße, beziehungsweise nur eine im Winter, wenn der See zugefroren ist, weshalb beispielsweise nur im Winter Baumaterial geliefert werden kann. Sonst geht es nur mit dem Schnellboot und manchmal überhaupt nicht. Dann nicht, wenn der See noch nicht oder nicht mehr zugefroren ist, das Boot aber auch noch nicht durchkommt.



Wahrscheinlich war es nicht immer so gemütlich langsam. Der Ort wurde gegründet, weil man hier Gold gefunden hatte. Das aber ist schon lange weg und übriggeblieben sind nur noch einige wenige, die nicht mehr weg können oder nicht mehr weg wollen. 22 sind es genaugenommen, die ganzjährig hier ausharren. Dazu noch ein paar Russen, die da eine Datscha gebaut haben, aber die kommen nur im Sommer.



Hoppala. Ich stelle ja grade mit Entsetzen fest, dass der Beitrag fürchterlich lang werden wird. Wahrscheinlich müssen Sie am Ende durch gefühlte 3 Meter Beitrag scrollen. Aber da müssen wir jetzt gemeinsam durch. Sie zwecks Leserei, ich mit Bilderhochladerei. Das kommt davon, wenn man sich nicht so recht entscheiden kann, welche man nun weglässt und welche nicht.



Man kann sagen, dass bei 22 Einwohnern mitsamt von mir selbst handgezählten je 0 Kinos, Kneipen, Restaurants und Asiashops (obwohl im tiefsten Asien) nicht gerade der Bär steppt, zumindest trauen die sich für gewöhnlich eher selten in menschliche Siedlungen, wenigstens nicht in der Gegend. Sie haben keine Kirche und keine Schule, schulpflichtige Kinder gibt es ohnehin keine. Gut, der Fairness halber muss man sagen, dass es ein "Internetcafé" (exakter: Ein Bretterverschlag mit Tisch und Plastikgartenstuhl) gibt, aber das macht nur auf, wenn das Internet funktioniert. Also nie Während meines Aufenthalts war das nicht der Fall. Ein Museum gibt es auch noch. Offen zwei Stunden am Tag, aber wenn das Wetter einigermaßen passt, lässt man das links rechts liegen.





Bleibt also nur die Entschleunigung. Hier können Sie wandern und in der Sonne sitzen und ein Buch lesen, das sie zuhause nie lesen würden wollen. Ruhe pur.



Listvjanka ist noch sowas wie eine Touristenhochburg. Dort landen all die Tagestouristen aus Irkutsk, weil es von dort sehr einfach in einer Stunde erreichbar ist. Über den Eisenhowerhighway, wie die Irkutsker sagen. Die Straße heißt deshalb so, weil sie für ein Gipfeltreffen zwischen Eisenhower und Chrustschow gebaut wurde, das dann nie stattgefunden hat.
Bolschoje Koty dagegen wird ein Mal am Tag von einem Boot angelaufen, weshalb dort eher die landen, die mehr Zeit am Baikal verbringen. Da sitzt man dann nun.



Immerhin gibt es hier 2 Supermärkte. Oder das, was sie in Bolschoje Koty unter Supermarkt subsummieren. Wir würden es Kiosk nennen. Dafür aber mit sehr flexiblen Öffnungszeiten: Offen ist, wenn Bedarf besteht. Bedarf kann auch sehr flexibel sein.



Wenn Sie mal dort sind und beispielsweise nachts um 1 noch dringend Wodkanachschub benötigen, dann ist es gut, Mauro zu kennen. Mauro kommt aus Mailand und Mauro hat tatsächlich nachts um 1 noch eine bedauernswerte Babuschka geweckt, die im Nachthemd und mit Schluppen ihm noch Wodka verkauft hat, wofür Mauro alle dankbar waren mit Ausnahme derer, die schlafen wollten, aber dazu gehörte ich nicht. Das persönliche Fazit lautet deshalb: Sie kriegen in einem 22-Seelendorf am Baikal nachts um 1 einfacher einen Wodka als in Baden-Württemberg 5 nach 10 ein Bier.



Ich frage mich ja bis heute, was an Bolschoje Koty "bolschoy" (=groß) sein mag. Mal abgesehen vom nächtlichen Sternenhimmel. Der ist einfach sensationell, weil es einfach nahezu keinen Lichtmüll gibt, der da auch nur entfernt stören könnte. Ganz groß ist auch was Sie hören. Nämlich nix. Überhaupt nix. Hin und wieder mal den See plätschern und gelegentlich mal einen Vogel piepen. Na gut, da war dieser Idiot, der mit seinem Dreirradmotorrad inklusive Ladefläche -wohl so eine Art Baikal-Pickup- aus lauter Langeweile mal eine Stunde orientierungslos durchs Dorf gebrettert ist. Aber selbst da übt man Nachsicht, weil Aufregung an diesem Ort völlig deplatziert ist.





...und weil die Transportwege oft schwierig und umständlich sind sammelt man noch mehr Reste an. Mehr noch als andernorts in Russland. Das will was heißen, weil man in Russland nicht so einfach alles entsorgt wie hierzulande. Alles was man irgendwann mal noch gebrauchen könnte: Aufheben. Und als ergänzender Nachsatz: Man kann alles nochmal gebrauchen. Irgendwann:







Die Russen schaffen es aber auch immer wieder, mich zu überraschen. Etwa mit diesem Ding:



Für die Kyrillischnichtganzkundigen sei übersetzt: Da steht wirklich "Taksofon". Sie können da mal ein Taxi rufen. Machen Sie das ruhig mal im Juni. Es wird wohl so etwa gegen Weihnachten eintreffen.

Sie überraschen auch durch die Bekleidung. Weniger bei sich selbst als eher bei ihren Kindern. Den Militärlook am Baikal kannte ich schon. Unsereins kriegte für den Aufzug umgehend das Sorgerecht entzogen, aber mir wurde beim Anblick des Kleinen schlagartig klar, weshalb russische Männer am Baikal nahezu ausnahmslos Camouflagetarnkleidung tragen: Es bildet sich quasi von innen heraus und wächst dann fest. Wie zweite Zähne. Beim Kleinen ist das Militärkäppi schon vorhanden, während sie noch auf die Hose warten.



So. Nun sind wir beinahe durch. Jetzt müssen Sie nur noch durch den letzten textlosen Bilderwust scrollen.



















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Montag, 20. September 2010
Der See I (Listvjanka)
Für das jetzt folgende muss ich einen kleinen Disclaimer vorausschicken: Ich bin themabetreffenderweise nicht objektiv. Eigentlich sogar sehr subjektiv seit ich das vor zwei Jahren gesehen habe. Damals hatte mir Sergej prophezeit, dass man wiederkommen würde, wenn man erstmal dort gewesen sei, das gesehen, gerochen und gefühlt hätte und Sergej hatte Recht.



Manchmal sieht man sich eben zwei Mal im Leben und in dem Fall war das so. Nicht nur mit Sergej. Auch mit dem Gewässer. Und ich kann nicht garantieren, dass ich nicht noch ein drittes oder viertes Mal komme, weil die Faszination immer noch da ist und es noch enorm viel zu sehen gibt. Olchon, Swiaty Nos. Mehr. Eigentlich bin ich mir jetzt schon sicher, dass ich nochmal kommen werde.



Dabei geht es nur um einen See. Wobei: Nicht um irgendeinen See. Um DEN See. Für mich zumindest. In jeglicher Dimension einmalig, einzigartig, gigantisch. Allein in naturwissenschaftlichen Kategorien. Drüber hinaus eventuell auch.



Nachdem ich beim letzten Mal im tiefsten Winter hier war und einen sehr großen Fehler gemacht habe -zu kurz dort gewesen zu sein- sollte es mal Sommer sein und der Aufenthalt dramatisch verlängert. Es war immer noch deutlich zu kurz.



Es ist was es ist: Eine der schönsten Gegenden der Welt und die Russen sind sehr zurecht ziemlich stolz auf den Baikalsee. Weil er eben einzigartig, einmalig und gigangisch ist.

Wenn Sie nun den Eindruck bekommen haben, ich würde hier Werbung machen: Sie haben Recht. Es ist ungeschminkt Werbung bis zum abwinken. Aber unbezahlt. Eher im Gegenteil, ich bin jetzt monetär betrachtet etwas ärmer, dafür aber reicher an Bildern auf der Festplatte im Schädel und der Festplatte im Laptop.



Ich hatte das schon mal vor zwei Jahren alles aufgezählt, aber ich hab Sie ja grade eben gewarnt, dass Sie hier an einer Werbeveranstaltung teilhaben und großes Versprechen: Es wird nicht so schlimm wie beim Herrn von Vorwerk oder den telefonischen Belästigungen dubioser Umfrageschwachmaten. Sie werden nix kaufen müssen, hochheilig versprochen. Außerdem dürfen Sie die Veranstaltung ja jederzeit verlassen wenn Sie um´s Verrecken was verpassen wollen...



Es gibt so etwa 1500 verschiedenes Viechzeugs hier, vom Fisch bis zum Moskito und 1000 davon gibt es ausschließlich im und am Baikalsee. Es ist aber eine Legende, dass es sich bei den 1500 verschiedenen Viechern um 1490 Mücken- und 10 Fischsorten handele. Wilde Köter gibt es auch noch. Sowie Bären. Und Nerpas, die einzigen Süßwasserrobben des Planeten. Unbesehenerweise.
Dazu gibt es 1000 verschiedene Pflanzen und auch davon sind zwei Drittel endemisch.



Es ist der tiefste See der Welt, es ist der älteste See der Welt, der wasserreichste See der Welt. Jeder fünfte Liter nicht gebundene Süßwasser des Planeten schwimmt hier. Mehr Wasser als in der Ostssee. Mehr Wasser als in den Great Lakes Nordamerikas. Er wird größer. Er verbreitert sich jedes Jahr und sie vermuten, dass hier ein neuer Ozean entstünde. Und es ist ein sehr sauberer See. So sauber, dass man 20, 30 Meter tief runterschauen könnte, wenn es nicht an vielen Stellen gleich mal 1000 Meter steil nach unten ginge. Fast durchgängig Trinkwasserqualität, weshalb die Russen das auch gleich als Wasser abfüllen und ein Bier mit Baikalwasser brauen.

Das alles dann eingerahmt von 1000 oder 2000 Meter hohen Bergen.



Rund um den See gibt es nur wenige Dörfer und Städte. Große Teile des Sees sind unendliche und nicht erreichbare Wildnis. Das ist gut so. Auch wird das Wohnen nur an wenigen Stellen attraktiver, weshalb viele von dort wegziehen. Ganze Dörfer sterben hier aus und häufig leben nur noch Rentner dauerhaft in den Dörfern. Heute gibt es wieder mehr Baikalrobben im Baikal als Menschen direkt am Baikal. Das ist auch gut so.



Aber nicht alles wendet sich zum besseren und auch das hat mit Menschen zu tun und mit Tourismus sowie mit der irrigen Annahme, dass man permanent modernisieren müsse. Das verschlimmbessert hier eher. Vor zwei Jahren noch sah ein halbwegs gemütliches Café so aus:



Dann ging ein unfähiger Architekt nach zuviel Wodkakonsum drüber und befand, dass man großzügig umbauen müsse, irgendwas spannendes davorbauen und idealerweise etwas, wodurch man noch den Charakter des Alten erhält und nun sieht es so aus:



Diesem See schreiben die Burjaten mysthische Kräfte zu und nennen ihn ein heiliges Meer. Sie müssen es wissen, sie leben hier schließlich schon ein paar Generationen. Recht haben sie ohnehin, der See ist Mystik pur, aber das ist vielleicht etwas, das man erleben muss und das sich nicht allein durch Fotos oder Berichte erschließt.



Irgendwo hier -berichten die Russen- liegt angeblich Belowodje, das "weiße Wasser", das wir Shangri-La nennen und das Westler für gewöhnlich im Himalaya/ Tibet verorten. Wenn man aber die Tibeter fragt, dann liegt es jenseits des Tianshan, irgendwo bei den Mongolen. Und die Mongolen wiederum sagen, dass es nicht bei ihnen sein kann, da muss man schon mal noch weiter nördlich über Sajan und Chamar Daban hinweg und hat dann die Wahl zwischen Tuva, Tunkatal und Baikal. Sagen die Russen. Weder in Tuva, noch im Tunkatal, noch am Baikal regt sich Widerspruch. So gibt es gleich mehrere Stellen am See, die für den Schamanismus eine wichtige Rolle gespielt haben und es noch immer tun.

Egal all die Mythen, den Baikal erlebt man für sich selbst und auch wenn es vielleicht nicht der ultimative Hort der Glückseligkeit ist, viel fehlt aber dennoch nicht.

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Sonntag, 19. September 2010
Ich hätte nie gedacht....
....mal mit Anschie wenigstens ansatzweise einer Meinung zu sein. Aber hey, wenn sie die näxxte Landtagswahl schon mal zur Volksabstimmung machen möchte (und andere Themen unter den Tisch fallen sollen und sie damit diametral entgegen der Argumentation ihrer eigenen Landes-CDU steht)....ich bin dabei, das ist großartig...jo, das mach ma....Landtagswahl=Volksabstimmung über Stuttgart 21. Wenn bitte die CDU genau das noch auf ihre Wahlplakate schreiben könnte? Danke. Und dann schau´n wer mal, was dabei rauskommt...

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Freitag, 17. September 2010
Schmoll

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Mittwoch, 15. September 2010
Eremitage


Oder auch: Winterpalast. Hier hat mal der Zar residiert. Ich hätte das nicht wollen. Ich war schließlich mal im Winter hier und weiß, wie kalt es hier werden kann und wenn man dann an diese riesigen Räume denkt und mal kurz die Deckenhöhe schätzt, dann weiß man: Hier wurde es erst warm als der Frühling kam. Dazu dann die Frage, wer das alles wohl geputzt haben mag. Und dann erst die verschlungenen langen Wege auf die Toiletten.



Von den Dimensionen her in etwa wie der Louvre, von der Bedeutung als Kunstmuseum her wohl auch, aber man weiß häufig nicht, was man nun lieber anschaut: Die alten Schinken oder die Räume. Aber ich bin ohnehin mehr der Moderne-Kunst-Fan.



Wenn Sie mal in der Nähe sein sollten: Gehen Sie hin. Gehen Sie früh hin, besser im Winter als im Sommer. Am besten ehe die Busladungen kommen. Busladungen gehören ohnehin generell abgeschafft. Die sind eine Riesenplage. Ich glaube ja, dass man Leute, die so viehisch wie gelangweilt in solchen Trupps mitmarschieren ebensogut durch ein beliebiges Industriegebiet von Lüdenscheid führen könnte.



Wenn Sie kommen, kaufen Sie die Karten online und spazieren dann an der langen Schlange vorbei.

Dann gibt es da noch die Jordantreppe. Die nennen sie "Prunkstück des russischen Barock". Das war eins der Dinge, die ich sehen wollte. Die ist sehr beeindruckend. Normalerweise.

Dieses mal etwas bescheidener als sonst: Eine große Baustelle an der überhaupt nicht gebaut wird und rundumverkleidet mit Planen und Platten, womit ich jetzt auch weiß, dass es auch in Russland OSB-Platten gibt. Wahrscheinlich direkt von Obi entlang des Moskovskiy Prospekt.

Wenn Sie wissen wollen, wie die Treppe im Originalzustand aussieht, müssen Sie bei ihm nachschauen.

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