Donnerstag, 11. Oktober 2007
Nachwuchsarchäologe trainiert für Olympia
Es gibt allerlei, das man mindestens ein Mal im Leben getan haben sollte. Bäume pflanzen beispielsweise. Das hab ich noch vor mir. Oder Kinder zeugen. Das lässt sich nicht so genau sagen, aber ich tendiere zu einem klaren habichauchnochvormirvielleichtoderso.

In jedem Fall sollte man sich mindestens ein paar Minuten im Leben mit Naturwissenschaften und mit Forschung beschäftigt haben. Genau das habe ich jetzt gemacht, bin unter die Forscher gegangen und habe mich eingereiht in die Riege der Nachwuchsarchäologen.

Hierzu habe ich mir aus tieföstlichen Gefilden ein Original-Dinosaurier-Ei liefern lassen, in dem sich die Überreste einer längst vergangenen Kreatur befinden.


Da liegt es nun, das prähistorische Ei, direkt aus der Kreidezeit in die Postmoderne katapultiert und harrt seiner Erforschung.

Eine Zeitreise. Herrlich spannend.

Segensreicherweise wird das Profigerät dem Nachwuchsforscher in Form eines Hammers, eines Pinsels und eines Meiselchens auch gleich zur Verfügung gestellt.


Es geht los.
Die erste Erkenntnis ist die, dass sich das Profigerät als längst nicht so profihaft erweist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.
Leider lässt sich mit dem Hammer nur ungenügend Druck ausüben, weshalb mühsam die Schale abgekratzt werden muss. Eine zähe Kleinarbeit. Aber das hatte ich erwartet. Archäologie ist Detailarbeit und ein ewiges Geduldsspiel. Da kann man nicht rangehen wir Schumi in der Tamburellokurve, da sind eher Fähigkeiten eines Giacometti gefragt.
So wird denn das Hämmerchen schnell beiseite gelegt und ich nutze nur noch den Meisel.
Auch der Pinsel funktioniert hervorragend.


Wie erwartet wird es eine äußerst langwierige Arbeit. Die Schicht muss vorsichtig abgetragen werden, weil man ja nicht seine Forschungsergebnisse schon bei der Bergung vernichten will und man ja ein gewissenhafter Archäologe sein möchte.
Dazu kommt, dass es sich um einen Baby-Dino handelt, der in allerfrühester Kindheit dahingeschieden ist. Quasi noch vor dem Embryonalzustand. Das bedauernswerte Wesen verdient daher Respekt. Auch wenn es hundert Mal aus der Kreidezeit stammt und schon ein paar Jahre von uns gegangen ist.


Es ist geschafft! Die erste Etappe ist erfolgreich absolviert und ich erblicke das Innenleben eines fünfundsechzig Millionen Jahre alten Dinosaurier-Eis. Fünfundsechzig Millionen. Das ist älter als Ernst Jünger und die QueenMum je wurden.
Hätte ich nicht den Entdeckerwillen und dieses Naturwissenschaftsbazillus in Überdosis gefressen, es wäre der Punkt, an dem ich allein aus purer Ehrfurcht die Arbeit einstellen würde.
Erste Konturen sind erkennbar und ich erblicke die ersten Knöchlein.


In mehrstündiger Kleinarbeit gelingt es, Details freizulegen. Ein erstes Ärmchen schält sich aus dem Kreidesand, ein Torso ist zu erblicken, die Spannung steigt. Ins Unermessliche, würde ich sagen wollen, wenn ich pathetischer veranlagt wäre...Aber Pathos kann sich ein Wissenschaftler nicht leisten, weil er sich akribisch auf seine Arbeit konzentrieren muss und sich nicht durch drittklassige Gefühlssentimentalitäten ablenken lassen darf.


Mithilfe studentischer Hilfskräfte, die allesamt unterbezahlt sind, ist es nun mittlerweile gelungen die Einzelteile des Skeletts freizulegen und auszubreiten. Wir stehen vor den Überresten einer uralten Kreatur, legen eine Gedenkminute ein und sprechen ein Gebet.
So also sieht das Dino-Baby aus, das so früh hat sterben müssen. Aber es ist nicht umsonst gestorben, es hat -auch wenn es das nicht mehr mitgekriegt hat- einen wichtigen Dienst für die Wissenschaft geleistet und dafür sind wir alle dankbar. Nun müssen wir uns nur noch dran machen, die Teile zu katalogisieren, zusammenzusetzen und dann genauer bestimmen, um welche Art Dino es sich handelt.


Geschafft! Der Dino steht zusammengesetzt auf seinem Sockel und soll demnächst ins Naturkundemuseum abtransportiert werden.
Auch wissen wir endlich, dass es sich um "Tyrannosaurus Rex" handelt. Den König unter den Sauriern. Dem Tiger unter den Katzen, dem Yquem unter den Weinen, die Änschie unter den Merkels....

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