Montag, 5. Februar 2007
Spekulatives, allzu spekulatives
Ich gebs zu: Das mit dem Wirtschafts- und Finanzwesen ist schwierig. Da muss man beinahe Fachmann sein, um das zu verstehen und daher hat mich das sehr lange überhaupt nicht oder eher periphär interessiert. Ich versprechs gleich vorneweg: Ich werd versuchen, das Folgende möglichst einfach zu gestalten...(bin aber nicht sicher, ob mir das gelingen wird)

Der Münte hatte mal von Heuschrecken gesprochen. Das hat damals für viel Aufruhr gesorgt und dem Münte einen Haufen Dresche allerseits eingebracht. Dabei hat der Mann Recht. Vollkommen. Das zumindest kriegt er von Helmut Schmidt in einem ZEIT-Artikel bescheinigt.
Ich mag den Helmut Schmidt ja. Weil er nämlich eine ziemlich unaufgeregte, hanseatische Art hat. Pure Aristokratie. Charisma. Charakter. Und mit 90 noch die Verve eines 30jährigen. Außerdem ist Helmut Schmidt der einzige Mensch, der im deutschen Fernsehen ungestraft Kette rauchen darf. Beim Lesen von Herrn Schmidts Artikel sind mir phasenweise die Augen übergegangen. Schlicht der Dimensionen wegen.

Worums geht? Mir zumindest um Währungsspekulationen. Fangen wir von vorn an: Es sind Unsummen im Spiel. Der Einsatz ist verdammt hoch. Nehmen wir mal Hedge-Fonds, die sind in den letzten Jahren ziemlich berühmt geworden. Zuerst mal scheinen Hedge-Fonds eine "normale" Investitionsanlage zu sein. Sind sie aber nicht. Sie unterliegen nämlich deutlich weniger Regelungen und Restriktionen als der Rest. Um es in drei Worten zu sagen: Es geht um Spekulation, Wetten und Termingeschäfte. Man könnte es auch Roulette nennen.
Kurz gesagt kaufen Hedge-Fonds beispielsweise Währungen. Manchmal ziemlich kurzfristig. Und sie leben davon, die Währung dann wieder abzustoßen (in der Hoffnung auf einen Gewinn). Manchmal bewegen sich so Milliardensummen innert einer Minute weltweit.

Das klingt erstmal einigermaßen harmlos. Ist es aber nicht. Vor allem dann nicht, wenn man das Gesamtvolumen der Truppe betrachtet: Zusammengenommen verfügen die über 1 Billion Dollar (1000 Mrd. Dollar). Das sieht in Zahlen so aus: 1.000.000.000.000 Dollar. In Euro: 763.358.778.625 Euro. (Heutiger Wechselkurs).
Zum Vergleich: Der Gesamthaushalt der drittgrößten Volkswirtschaft dieses Planeten (nämlich der Bundesrepublik Deutschland) im Jahr 2007 liegt bei 267,6 Mrd. Euro. Noch eine Zahl? Das gesamte Bruttoinlandsprodukt -tutticompletti mit allem- Österreichs beträgt 325 Mrd. Euro.

Das Problem bei dieser Sache ist, dass so ein Hedge-Fonds-Manager nicht vielen Leuten verpflichtet ist. Einige gar niemandem. Keine Aktionäre, kein Vorstand, kein Aufsichtsrat. Niemand, der irgendwann mal "Stopp" sagt.
Einer der bekanntesten der Jungs ist George Soros. Der hat es seinerzeit -mehr oder weniger als Privatmensch- geschafft, dass Großbritannien das britische Pfund aufgrund seiner Attacken abwerten musste. Das allein zeigt die Dimension: Soros (allein) gegen eine der größten Volkswirtschaften mit einer der eher wichtigen Währungen der Finanzszene. Der Sieger: Soros!

Sollte das noch jemand langweilig oder völlig egal finden:
Das Ganze geht ziemlich weit. Einmal musste Alan Greenspan als US-Zentralbanker den Riesenhedgefonds LCTM retten, indem er die Leitzinsen gesenkt hat (was wiederum Auswirkungen auf uns alle hatte). Vor allem deshalb, weil sonst gemeinsam mit LCTM ein Haufen Banken mit den Bach runter wären.

Konkret heißt das: Ein einzelner (oder mehrere) Hedge-Fonds-Manager können jederzeit einen gesamten Staat angreifen (zumindest alle Staaten, die von Großbritannien abwärts rangieren) und damit das Finanzwesen des betroffenen Staats in ernsthafte Turbulenzen bringen (Südostasienkrise Ende der 90er). Damit verfügen die Leute über eine diktatorische Macht, die einem einigermaßen logisch denkenden Demokraten die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Einen Lösungsvorschlag gibts auch. Den hat James Tobin -Nobelpreisträger- gebracht: Die sog. "Tobin Tax". Die sieht vor, dass bei jedem Wechsel von Devisen -sprich: Währungstausch- eine Steuer anfällt. Heißt konkret: Sobald jemand Euro in Dollar umtauscht, fällt eine Gebühr an. Tobin seinerzeit sah einen Maximalsatz von 1% vor.

Ehe nun die Millionen mitbetroffenen Urlauber aufschreien: Man könnte wegen mir auch locker 0,1% ansetzen, um eine Wirksamkeit zu erzielen und jede Bankgebühr ist ohnehin höher. Selbst bei 0,1 % (also 1 € je 1000 gewechselten 1000 €) hätte das Wirkung und das Spekulationsgeschäft (von dem außer dem Fonds kein Mensch profitiert) wäre unrentabel und gegessen.

Allerdings gibts auch einige Haken: Der größte ist der, dass dies weltweit stattfinden müsste, weil wenn eine Doofinsel in der Karibik nicht mitmacht, diese zum Steuerexil würde.

Als Alternativvorschlag gäbs die Spahn-Tax. Das aber wäre ein Extrakapitel.


PS: Goldman Sachs hat letztes Jahr 16 Mrd. US-$ unter seine Angestellten verteilt. Im Schnitt heißt das über 700.000 Dollar für jeden. Von der Putzfrau bis zum Boss.

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