Donnerstag, 21. Dezember 2006
Scheibenwischer
Scheibenwischer war früher -als unsereins noch mit Lego und Playmobil gespielt hat- wohl eine richtig subversive Sendung. Helmut Kohl hatte grade die geistig moralische Wende eingeleitet, Franz-Josef der Große war noch am Leben, in der DDR gingen mal wieder die Bananen aus und ein Schauspieler namens Ronald Reagan spielte Star Wars.
Das alles muss für einen politischen Satiriker ein wahres Schlaraffenland gewesen sein. Jeder Schuss ein Treffer. Vor allem deshalb, weil man sich damals -vor und während der geistig moralischen Wende- noch herrlich in Szene setzen konnte und bereits dreieinhalb kritische Worte gleich dazu führten, dass einem die Sendung gekillt wurde (was wiederum die beste PR aller Zeiten war).
Scheibenwischer war quasi das telegene Sturmgeschütz der Demokratie. Ein Flagschiff wider die political correctness, die damals noch gar niemand kannte.

Wie das aber halt so ist: Alles kommt in die Jahre. Scheibenwischer auch. Und irgendwann läuft sich jedes Pferd tot, was aber nur dann schlimm ist, wenn es der Reiter nicht bemerkt. Wie bei Scheibenwischer. Man reitet dort seit Jahren die immergleiche Route ab und so präsentiert sich die Sendung als routiniertes Geplapper.
Und damit ist die Sendung mittlerweile die pure Nostalgie. Nix mehr frech, nix mehr subversiv. Scheibenwischer ist im Kohlland angekommen, nur wissen sie es noch nicht.

Allerspätestens mit dem Abgang von Dieter Hildebrandt hat sich die Sendung überlebt. Es hat halt jemand vergessen, den Stecker zu ziehen. Die verbliebenen Protagonisten sind nun auf der großen Beerdigungsrevivaltour ihrerselbst:

Mathias Richling ist ein Bub und bleibt ein Bub. Mehr nicht. Der einzige Trost für einen SWR-Zuschauer ist, dass es mittlerweile der gesamten Republik ähnlich dreckig geht, wie den SWR-Zuschauern in den 90ern und damit endlich solidarisch alle miteinander die Fernsehgebühren für Herrn Richling zum Fenster rausschmeißen.
Nicht viel besser ist Bruno Jonas. Bei dem bleibt der Gag regelmäßig im Humoransatz stecken. Ich bin überzeugt, dass man nach ihm den Bären benannt hat, der seinerzeit die deutsch-österreichischen Lande verunsichert hat: Alle finden ihn knuffig und knuddelig, aber keiner möchte ihm begegnen.
Die Krönung dann ist Richard Rogler. Tut mir Leid, aber die erhobenen Zeigefinger verpuffen, wenn sie gemeinsam mit einem treuen Hundeblick mitsamt tränensackunterlaufenen Augen serviert werden.

Damit ist man ebenso miefig und bräsig geworden wie diejenigen, gegen die man einst zu Felde gezogen ist.
Wir haben jetzt die Wahl: Entweder wir holen Helmut zurück und schauen, wie wir FJS klonen oder aber die Sendung läuft demnächst bei RTLZwo im Nachtprogramm...

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