Donnerstag, 8. Februar 2007
Schuld(tes)
Das ist die Geschichte von Herrn W. aus P.

Herr W. ist rein optisch in etwa der Westentaschenwiedergänger von Horst Schlämmer.

Herr W. aus P. ist in P. kein ganz unbekannter und schon gar nicht unwichtiger Mensch. Im Gegenteil: Herr W. ist Bürgermeister von P. Unglücklicherweise liegt P. in der allertiefsten Provinz und man ist dort derart konservativ, dass dort Bürgermeister in aller Regel lebenslang im Rathaus sitzen. Herr W. könnte eins der raren Exemplare sein, die tatsächlich abgewählt werden.

Dabei ist die Gemeinde eine richtige Idylle. 1500 Einwohner. Als wichtige Tätigkeiten gibt Herr W. unter anderem die
"Überreichung des Dschungelbuchs in Buch und Video an den Kindergarten, worüber alle sich sehr gefreut haben"
oder die
"Einstimmung auf Weihnachten mit Redebeitrag zur stillen Nacht, heiligen Nacht mit der gesamten Familie"
an. Der Rest spielt sich zwischen Freiwilliger Feuerwehr, Volkstrauertag und Männergesangsverein ab und die CDU empfindet jedes Ergebnis unter 75% als Schmach.

Fuchs und Hase sagen sich also Gutnacht und vermutlich hat erst soeben das Farbfernsehen den Ort erreicht. Dann aber rumorte es plötzlich im Ort. Und das kam so:

Der (bereits gewählte) Vorgänger starb überraschend bei einem Unfall und vielleicht haben die Bürger deshalb nicht so genau hingeschaut und halt genommen, was da war und das war eben Herr W.

Irgendwann kamen Klagen auf, wie Herr W. seine Amtsgeschäfte führt. Er leite Beschwerdebriefe der Bürger an Gemeinderäte nicht weiter. Das ist in einer Ansammlung intimer Kuhkäffer, in denen jeder jeden kennt, ein mittelgroßer Skandal. Das hätte er vielleicht noch politisch überlebt, weil man in intimen Kuhkäffern dem "Schultes" doch einiges durchgehen lässt.

Dann aber kam es wohl zu einem Zerwürfnis mit seinen Mitarbeitern im Rathaus: Der Herr W. hatte nämlich 3 kranke Mitarbeiter namentlich in einem Schaukasten als krank gebrandmarkt und hingewiesen, dass der ordnungsgemäße Ablauf der Gemeindegeschäfte nicht mehr gewährleistet sei. Bei -lt. Homepage- 3 Mitarbeitern im Rathaus zwar verständlich, dass man dann Angst um die Weiterführung der Alltagsgeschäfte hat, dennoch gleichzeitig eine Brüskierung der Betroffenen, die diese Dreistigkeit nicht hinnehmen wollten. Damit schien das Tischtuch zerschnitten.

Zur endgültigen Berühmtheit wurde Herr W., weil er sich letzten Sommer eine längere Auszeit nahm. Das kam so: Er meldete sich einfach krank. Und ward nicht mehr gesehen. Niemand wusste, was war oder wo er war. 3 Monate ging das. Dann tauchte er wieder auf. Erklärte aber nix.

Mittlerweile war das zuständige Landratsamt als übergeordnete Behörde aufmerksam geworden. Die ermittel(t)en jetzt auch. Wegen Betrug und falscher Abrechnung von Dienstfahrten. Man hält sich aber bedeckt und verweist nur darauf, dass der Gemeinde kein Schaden entstanden sei und das, obwohl man parallel eine Geldstrafe gegen den Bürgermeister erließ. Aber peinlich genau wird nun jede Frist und jeder Haushalt geprüft.

Die neueste Nachricht aus der Gemeinde P.: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Herrn W. wegen des Verdachts auf Körperverletzung und Mobbing. Die Anzeige kam direkt aus dem Rathaus.

Wahlen sind übrigens erst wieder in 5 Jahren.

... comment