Samstag, 29. Oktober 2011
Hab w8 (Part II)
Im Zuge der Terrorabwehr hat man sich so allerlei Dinge einfallen lassen. Sollten Sie etwa in den Bundesländern Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern wohnen, dann kennen Sie eventuell die "präventiv-polizeiliche Telekommunikationsüberwachung". Sollten Sie die nicht kennen: Das heißt schlicht nichts anderes, als dass der Staat -oder hier besser die Polizei der Länder- Ihren Telefonanschluss mitsamt Internet überwachen darf, auch wenn Sie gar keines konkreten Verbrechens beschuldigt werden, ja selbst dann, wenn Sie nicht mal verdächtig sind.
Der unwissentliche Kontakt zu einem Verdächtigen reicht aus. Sie sollten sich also genau überlegen, ob Sie nachher hier einen Kommentar hinterlassen möchten oder doch lieber nicht, schließlich wissen Sie ja nicht, ob ich nicht doch so ein verkappter Terrorist bin.
Es reicht, wenn Sie zufällig mit einem vermeintlich Terrorverdächtigen in der gleichen Firma arbeiten oder mit ihm im gleichen vhs-Kochkurs sitzen um Sie zu überwachen.

Das hat natürlich mit Gefahrenabwehr und Sicherheit des Staats und seiner Bürger nicht mehr viel zu tun, ist aber das Ergebnis dessen, was Staatssicherheits-Schäuble damals meinte, als er sagte, man müsse die Unschuldsvermutung "aufweichen". Ob das noch was mit Rechtsstaat zu tun hat, überlasse ich Ihrem eigenen geneigten Urteil.

Ich wollte es aber genauer wissen und darum habe ich mich mal hingesetzt und nachgeschaut, wann, wie oft und in welchen Fällen bundesweit Telefone oder Internetanschlüsse überwacht werden. Wahrscheinlich werden Sie wenig überrascht sein, wenn ich Ihnen mitteilen kann, dass die Telefonüberwachung zwischen den Jahren 2008 und 2010 um satte 27% zugenommen hat. Im Vergleich zu 2000 übrigens eine Versiebenfachung. Im Jahr 2010 gab es exakt 21.036 Überwachungen und das teilt sich wiederum auf in 16.510 Handyanschlüsse, 3.519 Festnetzanschlüsse und 997 Internetanschlüsse.

Lustig wird es, wenn wir jetzt mal entlang der Delikte aufdröseln. Da ist alles dabei von Urkundenfälschung bis Subventionsbetrug und ein Mal gar Abgeordnetenbestechung (das würde mich echt näher interessieren). Den größten Posten bilden Drogendelikte (über ~6000x), gefolgt von Raub und Erpressung (~1100x), sowie Mord/Totschlag (~900x). Dann folgt alles mögliche von Computerbetrug, Bandendiebstahl, über illegales Einschleusen bis Steuervergehen.

Und wissen Sie, wie oft überwacht wurde, wenn es um Terrorabwehr geht, der superomnipotenten Gefahr, derentwegen es unbedingt immer noch schärfere Gesetze braucht?

30. In Buchstaben: Dreißigmal. Oder auch: weniger als 0,1% aller Überwachungen.

Noch harmloser scheint nur die Kinderpornoszene zu sein. Die wurde nur 19x überwacht.

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0,00000000001 %?
21.036 Überwachungen also! Bei wie vielen Verbindungen? Bewegt sich das nicht im millionstel- Bruchteilbereich? Auf mich wirken Ihre Recherchen eigentlich eher beruhigend, auch wenn die Relationen sicherlich schräg sind. Ich hätte aber gedacht, da würde behördlicherseits weitaus hedonistischer zugelangt...

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In absoluten Zahlen ist das -da gebe ich Ihnen recht- natürlich erstmal harmlos. Aber: Hier gehts ja immer noch um den Lauschangriff, der vor ein paar Jahren noch massig Widerstand hervorgerufen hat und das auch sehr zurecht.
Mir gehts weniger um die absoluten Zahlen sondern darum, dass juristisch und politisch auch alles dazu bereitet ist, auch größere Bevölkerungsschichten abzuhören und wenn wir die Waxxtumsquoten der letzten 10 Jahre auf die näxxten 10 Jahre anwendeten, dann werden demnäxxt 150.000 oder auch 1,5 Mio. Anschlüsse abgehört, schon eine ganz andere Dimension.
Sie haben sich Möglichkeiten eingeräumt, die im demokratischen Deutschland einzig sind und die es noch nie gegeben hat, die aber auch ein gewaltiger Einschnitt in die Freiheit von uns allen sind. Sie werden diese Möglichkeiten auch nutzen, wenn es sein muss. Und auch dann, wenn es nicht sein muss.

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Wenn sie es können, dann machen sie es, weil es da ist. Und da die Polizeiarbeit ja nach der Aufklärungsquote beurteilt wird, wird kein Bulle auf ein mögliches Instrument verzichten, wenn es sich um eine minder schwere Straftat handelt, denn schließlich ist es seine Zuständigkeit und seine Karriere...

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...ja....kauft sich ja auch keiner nen Porsche um dauerhaft Tempo 70 zu fahren....

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Wie sagte schon Mikis Zementidis immer zu seinem Mitarbeiter Janis Komplizis: "Nicht am Telefon".

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heißt aber auch mehr Leser hier bei blogger.de.
Wäre schon höflich, die Überwachung so zu gestalten, daß sie wenigstens bei den Counter mitzählen. Vielleicht auch mal den ein oder anderen Kommentareintrag durch die Überwachungsbehörden. Oder ne Weihnachtsrundmail an alle Überwachten. Bürgernähe eben. So war das mit dem hölzernen Pferd ja auch gedacht. Es war eigentlich ein Geschenk.

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