Donnerstag, 13. Oktober 2011
Biennale
Ich mag Kunst. Vor allem moderne Kunst. Deshalb schaue ich mir an was ich mir anschauen kann und manchmal verreise ich auch für die Kunst, so wie dieses Mal.

Es gibt Leute die meinen, dass Kunst nur was für Leute sei, die etwas höher gebildet seien und ich sage Ihnen nun: Dem ist nicht mal entfernt so. Kunst können Sie auch mit Halbwüxxigen gucken. Oder mit Kindern. Oder auch mit Haupt- und Förderschülern. Das wunderbare an Kunst ist, dass das jeder verstehen kann. Ganz egal vom Bildungsstand. Ich mag Kunst, die in der Lage ist, generationen- und schichtübergreifend verstanden zu werden. Das ist für mich so richtig gut. Und genial. Kunst, die ein Hauptschüler nicht kapiert, die kapiere ich auch nicht, auch wenn es bei Kunst nicht unbedingt nur um das Verständnis geht.

Kurz und sehr gewagt und wahrscheinlich steinigen mich demnäxxt alle Künstler: Kunst ist dann gut, wenn das Kinder kapieren. Und meine These ist: Kinder können das sehr wohl verstehen. Deshalb schauen wir uns jetzt mal die Biennale unter dem Aspekt der Kindertauglichkeit an. Auch deshalb, weil die Biennale auch sowas wie eine Familienveranstaltung ist und neben den üblichen Kunstverdächtigen wie Studienräten auch Eltern mit Kindern zu finden sind.



Hakenkreuzostereier gehen als Kunst durch. Naja. Italien.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit nun erstmal schnell auf den deutschen Pavillon lenken und da muss ich ehrlicherweise zugeben, dass der dieses Jahr nur bedingt kinderfreundlich ist. Er hat aber Preise gekriegt und das nicht umsonst. Sagen wir es mal so: Es ist eine Kathedrale für Christoph Schlingensief und es zeigt einfach alles über Schlingensief. Höhen und Tiefen. Erfolg und Scheitern. Einmal quer durchs Leben. Und Sterben. Zuerst mal gab es die Preise nicht umsonst. Es ist schlicht überwältigend. Und bedrückend. Aber auch lustig. Und lebensbejahend. Ein breiter Querschnitt über Leben und Wirken mitsamt Ausblick über das geplante Projekt eines Operndorfs in Burkina Faso und das filmische Gesamtwerk Schlingensiefs. Man hätte allein in diesem Pavillon Tage zubringen können.

Sagen wir es mal so: Christoph Schlingensief hätte sein eigener Nachruf zweifellos sehr gefallen.





Schwenken wir nun mal über nach Südkorea. Die zeigten bei meinem letzten Besuch schon ziemlich interessante Dinge. Dieses Mal auch wieder. Lustige Klamotten, gewidmet Beuys, John Cale und Nam Jun Paek und diese tollen Scheinbarspiegel, die nur auf den ersten Blick wie Spiegel aussahen und für Kinder total faszinierend waren, weil es immer aussah, als als würden Schüsse von den Spiegeln ausgehen.



Dänemark! Die Dänen waren hochpolitisch und sehr vielfältig. Ein richtig unterhaltsamer Pavillon. Sie haben nette Filmchen und eine ausführliche Dokumentation darüber, wie im maoistischen China Fotos retouschiert wurden, sowie Mao als Ikone. Und sehr lustig fand ich zumindest den Playboy in der Braille-Edition für Sehbehinderte. Da wäre ich gerne selbst drauf gekommen.





Die Amerikaner ließen sich ihren Pavillon von Hugo Boss sponsern und wissen vermutlich gar nicht, dass diese Schneiderei früher mal Zwangsarbeiter Wehrmachtuniformen nähen ließ. Aber angesichts langer Jahre Afghanistaneinsatz ist so ein umgekippter Panzer auch irgendwie ein Statement.



Die Amerikaner haben aber auch lustige Sachen. Letztes Mal verteilten sie zigtausende Bonbons auf dem Boden und jeder durfte sich beteiligen, dieses Mal hatten sie einen Geldautomaten in eine Orgel gebaut und das Ding spielte immer dann eine Melodie ab, wenn so ein paar Gören ihre Eltern wieder überredet hatten, ein paar Euros zu ziehen.



Und spätestens nun sind wir im Kinderparadies der Biennale. In diesem Raum des italienischen Pavillon dürfen sich die Kinder austoben. Und diejenigen, die zwar erwaxxen sind, aber Kinder geblieben sind. Ein grandioser Raum. Das Ursprungsprodukt war mal ein Quader Knete in den arabischen Farben rot, weiß und schwarz, auch als Reminiszenz an die arabischen Revolutionen zu verstehen. Daraus konnte und sollte man allerlei fabrizieren und an die Wand pinnen. Sie ahnen ja gar nicht, wie begeistert Kinder über diese Art von Kunst sein können!





Die absolute Krönung aber sind die Griechen. Deren Pavillon demonstriert ihre momentane Lage allerbestens. Drinnen nämlich findet sich lediglich 10 cm Wasser und drüber führt ein Holzsteg. Kein Bild, keine Skulptur, kein Film. Nix. Nur ein Steg über eine Wasserpfütze. Und während man sich noch fragt, was das nun soll, kommt man umgehend drauf. Mehr ham sie nimmer. Aber reichlich Wasser, das ihnen auch noch bis zum Hals steht und sie deshalb ganz froh sind, wenn sie ein bißchen davon gen Italien entsorgen können. Blöde nur, dass Venedig ebenso regelmäßig überflutet wird.



Die Griechen betonten ausdrücklich, dass die Graffiti NICHT Teil der Ausstellung seien, sondern von anonymen Sprayern hinzugefügt wurden. Aber weil das dann doch irgendwie passt, haben sie es wohl drangelassen. Oder sie haben kein Geld das zu entfernen.



Und dann schauen Sie sich mal die Venezolaner an, die mich schon beim letzten Mal mit tollen Fotos begeisterten. Dieses Mal auch. Die Kinder fanden das toll. Comicfiguren, die sie teilweise auch kannten (den nackigen Obama)





Ausdrücklich keine Fotos gibt es von den Schweizern. Erstens weil der Pavillon Grütze ist und zweitens die dumme Schweizer-Ische extrem unfreundlich zu Kindern war und nun einen guten Grund hat, Deutsche unsympathisch zu finden, weil ich und andere sie wegen ihrer unmöglichen Art mit Kindern umzugehen blöd von der Seite angemacht habe.

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