Montag, 7. Dezember 2009
England
Es gibt so vieles, das richtig toll an England ist. Englische Autos beispielsweise oder auch der Cockneyakzent von Damon Albarn. Toll sind auch die musischen Beiträge von der Insel oder die Tatsache, dass die Engländer jedes wichtige Fußballspiel gegen Deutschland verloren haben bis auf eines und das beruht auf der übelsten Fehlentscheidung eines Linienrichters aller Zeiten, aber das ist eine andere Geschichte.

Aber das Klassenbewusstsein ist ziemlich ausgeprägt in England, ich glaube, die Engländer haben das quasi erfunden. Kein Wunder, dass der Kalle Marx nach zig Jahren London irgendwann mal auf das kam, worauf er eben kam.....

Ich hatte mal Gelegenheit, mit der englischen Arbeiterklasse in Kontakt zu kommen und das ist in konzentrierter Form schon mal ein soziologisches Studium an sich. Mein grausamstes lukullisches Erleben war diese Engländerin, die am frühen Morgen um 7nochwas zum Kühlschrank schlurfte, eine Dose Bohnen rausholte, diese öffnete und das dann auf ungetoasteten Schlabbertoast goss und ich in diesem Moment froh war, dass ich noch nicht gegessen hatte.
Und dann war da noch Malta. Das ist ein eher nicht ganz so sehenswerter Steinhaufen im Mittelmeer, aber das weiß ich erst jetzt. Damals war das noch das Exil von Philip Boa und damit irgendwie cool, aber auch nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick waren da enorm viele Engländer. Viel zu viele Engländer. Zigtausende Workingclassheros, die morgens fetttriefende Würstchen und gegrillte Tomaten und matschige Rühreier in sich reinschaufeln und aussehen als hätten sie sich von Pumuckl den Kopf und von Ottfried Fischer den Körper geliehen und das alles mit selbstgemachten Tattoos während eines Vollsuffs verziert. Ich glaub ja, einige Prachtexemplare pinkeln ins Badewasser damit das überhaupt warm wird.
Im Prinzip können einem die Engländer ja Leid tun. Sie können so lange in der prallen Sonne brutzeln wie sie wollen, sie werden nie braun. Stattdessen ähnelt die typische Engländerbirne auch nach 2 Wochen Dauersonne irgendwann sehr dem Hotbutton bei 9 Live und wenn man sich so manches Benehmen betrachtet, wünscht man sich, dass da endlich mal einer zuschlägt, aber wie bei 9 Live passiert auch da immer viel zu lange nix.

Häme ist jetzt aber völlig fehl am Platz. Weil: Gegen Jungs wie diese haben unsere Vorfahren zwei Weltkriege verloren und insgeheim weigert man sich ja, da nun Rückschlüsse auf sich selbst ziehen zu wollen.

Da tröstet es dann, wenn es dieses Orangenmarmeladeengland gibt, die sensationell auf gebuttertem Toast schmeckt, in diesem Fall jedoch aus Schottland stammt. Aber immerhin haben Barbourjacken meine Jugend geprägt und die haben wir erst ausgezogen, als unsere Mütter damit ankamen.

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Leider haben Sie in großen Teilen recht, aber irgendwie würde mir ohne diesen Inselstaat etwas fehlen. Nämlich damals, in den fernen Tagen der Jugend gab es eigentlich nur zwei Einflüsse, zwischen denen man wählen konnte. Das eine war Amerika (also die USA) und das andere war England (insgesamt GB, aber natürlich auch Schottland, Irland, Wales).
Im speziellen meine ich die Musik, also im großen und ganzen den Britpop, den Punk und den Rock in verschiedenster Art.
Was damals aus den USA kam, war alles überwiegend eine Soße. Aus England war das schon vielschichtiger. Und ohne Punk hätte es in Deutschland eine ganze Musikgeneration zwar gegeben, aber was für Musik hätten die dann gemacht?

Und ja, Baked Beans auf Toast zu schütten ist nicht besonders doll, aber selbst in Deutschland ist man auch nicht besser. Was essen denn "weite Teile der Bevölkerung" täglich? Genau, Lebensmittelersatz amerikanischer Fastfoodketten und Gammel-Döner.

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Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen und will überhaupt nicht verhehlen, dass es bei mir auch irgendwann diesen britischen Einfluss gab, ganz im Gegenteil: Die Polohemden und die Dr.Martens trage ich bis heute, West Ham United ist neben St. Pauli einer meiner Fußballclubs ("richtiger" Skinhead (nein verdammt, die sind nicht per se Neonazis) war ich vielleicht nicht, aber doch sehr affin: Meinen Reisepass mit dem 1mm-Schnitt werd ich erst nächstes Jahr los). Das alles ist -british betrachtet- sehr Arbeiterklasse pur.
Und Häme ist auch bei Baked Beans auf Toast nicht angebracht. Keineswegs. Hatte ich versucht zu erwähnen....:-)

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Okay, wir spielen in der selben Liga. :-)

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Den Sachzwang, mich in der Jugend zwischen den Einflüssen aus den US of A und von den britischen Inseln entscheiden zu müssen, habe ich nicht gesehen. Sicher, zu Zeiten von Punk und Wave hatte sicher das Inselreich eine Weile die Lufthoheit. Und meine überaus anglophile Ex war nicht völlig erfolglos darin, mir das Inselreich auch in anderer Hinsicht nahezubringen. Aber die große Liebe ist das bei mir doch nicht geworden, dafür war mir einerseits Frankreich zu nah und andererseits das Aufwachsen mit sehr viel US-Militär um mich rum ein sehr prägender Faktor gewesen, auch was die Wahrnehmung von Coolness angeht.

Speziell mit dem britischen Working-Class-Ding, dem ganzen Laddism-Getue und Fußball-Hoolscheiß konnte und kann ich übrigens so gar nichts anfangen - wie auch mit dem typischen englischen Frühstück. Das geht gar nicht, zumal ich morgens streng genommen nur einen halbwegs gezuckerten Kaffee brauche (und vielleicht zwischen neun und halb zehn eine Laugenstange oder Brezel).

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Bei mir geht Tee ja nur bei sterbenskrank und das ist allerfrühestens bei Organversagen, wenn überhaupt.

Aber ich habe mir das alles ja zurechtgezimmert aus Biographie und meinereinerselbst. Und da waren die 80er eine sehr elendes Jahrzehnt in jeglicher Hinsicht. Ich weiß aber, wo ich herkomme und habe deshalb so eine Minimalsolidarität. Mein persönliches Erweckungserlebnis war übrigens "smells like teen spirit" von Nirvana und Pearl Jams "Alive". Der Schlussstrich unter ein Jahrzehnt der Geschmacklosigkeiten.

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So vernichtend
würde ich das gar nicht bilanzieren. Aber womöglich sind es die paar Jahre, die ich Ihnen voraus habe, die mich manches schon in etwas milderem Licht sehen lassen. Für mich waren die 80er eben nicht Modern Talking, sondern New Order, Front 242, Sisters of Mercy und all das. Demgegenüber war der ganze trillergepfiffene Techno-Trash der 90er nun wahrlich keine Verbesserung. Und die Karohemden, zugegeben, das war nicht alles schlecht (wenngleich ich es eher mit Soundgarden hatte als mit Nirvana), aber nicht wirklich ein Erweckungserlebnis. So Schrammelmusik hatten wir in den 80ern ja auch schon, ich sage nur: Wipers (von denen haben Nirvana ja auch paar Sachen gecovert) oder meinetwegen auch Red Lorry, Yellow Lorry und was dergleichen mehr die frühere Mitbewohnerin meiner Ex sonst noch so alles hörte. Deswegen konnte ich das Gefühl auch nicht nachvollziehen, als wäre man jahrelang durstig durch die popkulturelle Wüste gewandert, bis endlich mit Kurt Cobain ein neuer Messias oder zumindest Johannes der Täufer auftauchte.

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Also grade was trillergepfinnenen 90er- Techno- Trash angeht, waren die Inseläffchen ganz mit vorn dabei. Man denke nur an The Prodigy.
Und wo sonst auf dieser Welt wäre man auf die Idee gekommen, Hip Hop mit doppelter Geschwindigkeit abzuspielen und damit sogar tanzbar zu machen? ;o)

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@Erik:
The Prodigy hätte ich jetzt nicht unbedingt in die Schublade des typischen Uffta-Uffta-Uffta gesteckt. Und wie Du weißt, fand ich ja auch nicht alles schlecht, was nach 1990 irgendwelche Tanzbeine in Bewegung gesetzt hat. Aber für eine großflächige Begeisterung meinerseits reichte es halt nicht mehr, was freilich auch mit einem biographischen Umbruch bei mir zu tun hatte.

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So
ein englisches Fruehstueck macht wenigstens richtig satt. Ruehrei, Knisterschinken und angebrannte Tomaten mit Bohnen, dazu Toast (white or brown? Der Unterschied liegt in der Dicke der Kohleschicht) und einen Pott Tee mit Milch. 13 Uhr Mittag, bis 15 Uhr, das obligate Pint gehoert dazu. Ebenso wie der gelegentliche (auch oefter) Abschluss des Arbeitstages im Pub mit den Kollegen, auf ein schnelles Bier vor der Tube.
Ich hatte mein schoenstes Arbeitsjahr damals in London.

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....das will ich gerne glauben. Ist ja auch eine sehr faszinierende Stadt.

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Oha, ein Brotaufstrich mit Umdrehungen!

Ich muß mal bei Gelegenheit bloggen, was ich mir momentan so aufs Brot schmiere....

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....irgendwie muss man ja auf Touren kommen....

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