Freitag, 25. April 2008
Familienfeier burjatisch
Die Burjaten sind ein mongolisches Volk, das mehrheitlich östlich (aber auch westlich) des Baikalsees lebt. Man hat sogar eine eigene autonome Republik, nur was die Autonomie wirklich bedeutet, weiß irgendwie kein Mensch.
Ich bin zufällig in eine burjatische Familienfeier geraten und das war sehr unterhaltsam. Eigentlich hatte ich nur vor, noch ein kleines Gedeck (Woda und Wodka) zu mir zu nehmen, aber dann wurde zufälligerweise Iwan, der Burjate, am selben Tag grade 55 und hatte zu diesem Zweck seine Freunde und seine Familie eingeladen. Alles in allem etwa 30 Burjaten und 3 eingeheiratete Russen.
Man hat den Eindruck, so eine Feier folgt einem strikt ritualisierten Ablauf:

Zuerst werden allerlei Lobhudeleien auf den Jubilar ausgesprochen. Der bedauerliche Jubilar muss diesen Part komplett im Stehen absolvieren und wird zusätzlich genötigt, jedem Halleluja auf seine Person ein Gläschen Wodka folgen zu lassen, was auch einige die meisten der Festgesellschaft zum Anlass nehmen, sich nachzuschenken.
Genaugenommen dient dieses Prozedere allein dazu, sich in Stimmung zu bringen für das was danach folgt. Der Auftritt des Alleinunterhalters nämlich. Der bringt erst westliche Hits zum Besten, merkt aber, dass er damit nicht so recht ankommt und schwenkt dann um auf russische Gassenhauer, was wiederum der Kracher schlechthin ist. Auf einmal tanzen alle. Aber wie!
Die Burjaten zelebrieren eine Mischung aus Kasatschok, Pogo, Break Dance und Möchtegernwalzer mit möglichst viel Umdrehungen der Partnerinnen, was die Partnerinnen sichtlich störend finden und sich die extrovertiertesten der Tänzer mit der Zeit dann doch sehr schwer tun, eine neue Partnerin aufzutun.
Die Russen hingegen tanzen mit sich selbst, beziehungsweise mit einer imaginären Partnerin, deren Leibesfülle offentsichtlich beträchtlich sein muss, wenn man den weit ausgebreiteten Armen der Tanzenden glauben darf.

Die Stimmung ist jetzt auf dem Höhepunkt, der Saal kocht. Das ist der ideale Zeitpunkt für eine Tombola, bei der die Beteiligten in schiere Begeisterungsstürme ausbrechen, als sie ihre Gewinne auspacken: Bleistifte, Zahnpastatuben, Tischtennisbälle und burjatische Fähnchen.

Und weil nun alle gut druff sind, geht man zum allgemeinen Besäufnis über, das dann durch den unbestrittenen Höhepunkt abgerundet wird: Iwans Vater steht auf. Vermutlich Iwans Vater. Zumindest das eindeutige Familienoberhaupt.
Und auf einmal stehen alle und lauschen der Rede des Patriarchen und wahrscheinlich geht es um die Gesundheit aller, Iwans im besonderen, die tolle Party, vermutlich auch um das Wohl der Familie und Burjatiens und dass alle noch viele schöne Jahre leben mögen.

Nasdarowje!

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