Freitag, 10. Oktober 2008
Altpapier einmal den Kamin hoch
Über die Finanzkrise will ich jetzt eigentlich nicht auch noch absabbeln, das besorgen bereits andere und die verstehen in aller Regel auch wesentlich mehr davon als ich. Dennoch muss ich gestehen, dass mich das Thema interessiert: Ich bin zwar mittellos wie eine arme Kirchenmaus, aber so einiges liest sich beinahe wie ein Krimi und daher schaue ich -so fasziniert wie entsetzt- seit grob einer Woche dabei zu, wie Island grade über die Wupper geht und das isländische Bankensystem in den monetären Orkus gespült wird.

Wenn man sich mal ein wenig durchhackt, bleibt man zwangsweise irgendwo hängen. Ich bin bei Kaupthing hängengeblieben. Kaupthing ist eine von drei großen isländischen Banken. Dort fand sich -und findet sich bis heute- auf der Homepage der deutschen Tochter eine Mitteilung mit folgenden Passagen:

Kaupthing wird die größte private Finanzinstitution in Island bleiben.

Kaupthing wird den regulären Geschäftsbetrieb fortsetzen.
In den vergangenen Jahren hat Kaupthing eine starke und umsichtig geführte Bank erschaffen und wird diese Fundamente weiter festigen. Die Kaupthing Bank wird ihr komplettes Serviceangebot für bestehende und künftige Kunden fortführen.

Wir haben unser Geschäft in der Vergangenheit erfolgreich geführt und Leistungen gleichermaßen sowohl für unsere Kunden als auch Anteilseignern erbracht.
Wir sehen keinen Druck der isländischen Behörden, unsere Strategie zu signifikant zu ändern. Wir werden flexibel und anpassungsfähig bleiben, was besonders wichtig ist in diesen schweren Zeiten.

Kurz, die message lautet: Don´t panic, same procedure as every day.

Merken wir uns aber dennoch mal die Termini "flexibel" und "anpassungsfähig" und lesen weiter:

Die Kaupthing Bank wird eine privatrechtliche Einrichtung bleiben.

Die Kaupthing Bank wird Islands größte Privatbank und übernimmt damit eine Schlüsselrolle in den isländischen Finanzmärkten. Die isländische Zentralbank unterstützt Kaupthing mit einen Kredit über 500 Millionen Euro.

Welche Entwicklung nimmt die Finanzausstattung der Kaupthing Bank?

Wie zuvor hat Kaupthing eine solide Finanzbasis.

Ist mein Geld sicher bei der Kaupthing Bank?

Die isländische Regierung hat bekräftigt, dass alle Einlagen in Island durch die Regierung garantiert sind.

Mitteilung von Sigurdur Einarsson, Chairman, Kaupthing Bank:

"Im Laufe der vergangenen Jahre haben wir eine starke und gut diversifizierte Bank aufgebaut und entwickelt. (...) Kaupthing hat bislang und wird auch weiterhin Ihre Geschäfte umsichtig und vertrauensvoll führen. Basierend auf unseren starken Fundamentaldaten, sind wir natürlich besorgt, wenn bösartige Gerüchte im Umlauf sind und aus Sensationsgier verantwortungslos über die Kaupthing Bank berichtet wird. Wir bitten die Menschen Ihren Blick auf die Tatsachen zu richten und sich nicht von Gerüchten und Anspielungen in die Irre führen zu lassen."

Zudem ist die Kaupthing Bank dem isländischen Einlagensicherungsfonds angeschlossen. Dieser Fonds schützt die Einlagen jedes einzelnen Kunden auch in Deutschland – bis zu einer Höhe von 20.887,00 Euro zu 100%.

So weit, so gut. Das war am 08. Oktober 2008. Am 09. Oktober 2008, keine 24 Stunden später, ist Kaupthing verstaatlicht, das Onlinebanking tot und es erscheint diese Mitteilung auf der Homepage:

Eine Verfügung der Tagesgeld- und Festgeldkonten ist derzeit nicht möglich.

Die Kaupthing Bank hat beantragt, dass die isländische Finanzaufsichtsbehörde anstelle der Aktionäre die Kontrolle der Kaupthing Bank übernimmt.

Ein von der isländischen FSA berufener Ausschuss, übernimmt mit sofortiger Wirkung die Befugnisse und Aufgaben des Vorstandes.

Als eine erste Amtshandlung, wurde der Zugriff auf die Kaupthing Edge Tages- und Festgeldkonten zeitweise untersagt. Ziel dieser Handlung ist es, die aktuelle Situation der Kaupthing Bank genau zu analysieren. Diese Prüfung wird voraussichtlich ein paar wenige Tage dauern.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat ein Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die deutsche Niederlassung der Kaupthing Bank verhängt. Das Moratorium gilt vorübergehend. Die Dauer ist noch nicht festgelegt.

Wir bitten die entstehenden Unannehmlichkeiten und die herrschende Unsicherheit zu entschuldigen und werden Sie sofort informieren, sobald uns neue Informationen vorliegen.


Nur nochmal für alle zum mitschreiben: Da sitzen angeblich vermeintliche "Profis" am Mittwoch beieinander, überlegen sich, wie man die Anleger beruhigt und dann weiß keiner, wirklich keiner, was dieser Bank am Donnerstag blüht? Sorry, aber solche Leute sind entweder hochgradig mit Dummheit geschlagen oder kriminell.
Die Bekundungen, das Geld sei ja sicher und alles nur ein vorübergehendes Malheur ist schon dreist. Die angebliche Einlagensicherung dürfte in etwa so viel wert sein ein Zimbabwedollar.


Da nehmen sich dann die -auch noch auf der Homepage auffindbaren- Freudenbekundungen von zufriedenen Kaupthingmitarbeitern dann doch etwas zynisch aus. Man lese und staune, vor allem im Kontext der Gesamtgeschichte:

I wanted to try something different and less conservative than the bank I was working at before.
In my opinion Kaupthing Bank has an untraditional and refreshing way of doing business compared with other banks. I like the aggressive growth strategy of Kaupthing combined with the readiness to take on risks, when it is warranted by the potential return.
Mads Thinggard


I like the challenging work and the possibility of learning something new every day. My department is an exiting place to work in and the people here have fun every day.
Gretar Finnson


I like working in an environment where the employees are encouraged to take responsibility and be a part of the decision-making process. It is also awarding to work in a group of such talented people, having challenging tasks and great work-spirit.
Hildur Eiriksdottir


PS:
Die beiden kompletten Mitteilungen sind hier und hier zu finden, bzw. wenn diese mal offline gestellt werden sollten, findet sich der Text da: kaupthing1 (pdf, 74 KB)

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Sonntag, 5. Oktober 2008
Jelaufn
In etwas mehr als 4 Wochen wird in Amerika gewählt. Wenn man sich so die Mainstreammedien durchkaut, könnte man meinen, das sei eine hochdramatische Angelegenheit und ein furchtbar enges Rennen.

Ist es meiner Ansicht nach nicht. So wie es jetzt grade aussieht, ist die Wahl wohl in Großteilen gelaufen und wer noch seine Wette platzieren möchte, dem würde ich zumindest empfehlen, dass er nicht auf McCain setzen sollte.

In 42 der 50 Bundesstaaten ist einigermaßen klar, welcher Kandidat die Wahlmännerstimmen bekommen wird. 20 davon hat McCain richtig sicher, 14 Obama. Nur: McCain hat die "üblichen Verdächtigen", die Südstaaten und der Wilde Westen. Von Texas abgesehen bringt das nicht viel Stimmen.
Zumindest steht das in keinem Verhältnis zu Kalifornien, New York, Illinois und der gesamten ebenso recht bevölkerungsreichen wie ziemlich liberalen Ostküste, die komplett bei Obama landen wird.

Es geht momentan nur noch um 8 "battleground states", den noch umkämpften Staaten, von denen Obama -meiner Rechnung zufolge- lediglich den kleinsten (Nevada) holen muss, um dann schon nicht mehr überholbar zu sein. Zur Zeit aber sieht es so aus, dass Obama in 6 der 8 Staaten vorne liegt und in sämtlichen 50 Bundesstaaten der Trend sehr deutlich eher gen Demokraten geht als gen Republikaner, was seit der Finanzkrise noch viel stärker der Fall ist. Wenn nun nicht irgendwas reichlich sensationelles passiert, ist das alles schon gelaufen.

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Donnerstag, 2. Oktober 2008
Stellenausschreibung
gorilla schnitzel
finkployd.blogger.de
Bloghausen



CSU-Landesleitung
Franz Joseph Strauß-Haus
Nymphenburger Straße 64
80335 München


Offene Stellen



Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich aus diversen Publikationen vernommen habe, sind bei Ihnen innert kurzem Zeitraum mehrere Stellen neu zu besetzen. So sind bei Ihnen, wenn ich richtig informiert bin, die Stellen des Parteivorsitzenden, des Generalsekretärs und vermutlich auch des bayrischen Ministerpräsidenten allesamt seit den letzten Tagen vakant.
Ich habe nun mit großen Interesse die Stellenprofile sondiert und auch mit Freunden und Familie beraten, ob diese zu meinen Befähigungen und Interessen passen.
Nach reiflicher Überlegung muss ich Ihnen nun leider mitteilen, dass ich für o.e. Posten NICHT zur Verfügung stehen werde und wünsche Ihnen noch viel Erfolg bei Besetzung der Stellen.

Mit freundlichen Grüßen

gorillaschnitzel

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Sonntag, 28. September 2008
Essbeedee

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Samstag, 16. August 2008
Gasgerd
Damit hat er sich dann wohl endgültig für den russischen Pass qualifiziert...

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Montag, 11. August 2008
Kaukasische Kreise
Im März diesen Jahres saß ich in einem Ekaterinburger Hotelzimmer und habe das englischsprachige Programm des russischen Staatsfernsehens geschaut. Das war recht interessant, vor allem deshalb, weil ziemlich unverblümt versucht wurde, die Putin´sche Politik möglichst positiv darzustellen und recht schnell klar war, dass die Zielgruppe Leute wie ich sind: Touristen, Geschäftsleute, kurz: Ausländer.
Spannend wurden dann die Verlautbarungen irgendeines höheren Beamten aus dem Kreise Putins. Der nämlich schwadronierte damals davon, dass man sich die "Causa Kosovo" genauer anschauen sollte. Da sei ja eigentlich nichts mit rechten Dingen zugegangen, aber wo mal Fakten und damit ein Präzedenzfall geschaffen worden sei, dann müsse man schon auch mal überlegen, ob das was im Falle Kosovo recht gewesen sei, nicht auch für Fälle wie Abchasien, Transnistrien und Südossetien billig sei.
Das war grob 4 Wochen nach der Ausrufung eines unabhängigen Kosovo und es war eine sehr deutliche und unverhohlene Drohung, die man im Westen entweder nicht so richtig ernst genommen hat oder aber man hat sich vielleicht viel eher auch gedacht, dass es besser ist, auf Provokationen zu verzichten, ehe einige Irre noch gänzlich durchdrehen.

Jetzt sind einige Irre durchgedreht und man darf den "Blauhelmeinsatz" russischer Truppen völlig neu interpretieren. In jedem Fall dürfte der Westen während des letzten halben Jahres zwei -für Georgien und die Region Kaukasus- verhängnisvolle Entscheidungen getroffen haben: Die Unabhängigkeit des Kosovo und die Negierung eines Aufnahmegesuchs Georgiens in die NATO.

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Donnerstag, 24. Juli 2008
Lieber Messias Barack,
jetzt bist du also endlich da. Das ist wirklich schön, weil bei uns hier die Spitzenpolitiker leider nicht Obama heißen sondern Merkel und Beck. Du siehst: Wir sind schwer ernüchtert und weitgehend illusionslos. Jetzt kommst du und ich glaube, die meisten würden sich lieber von dir regieren lassen.
Aber erstmal musst du diese Rede halten. Dummerweise ist man hier ein bißchen kleinlich. Wir lassen nicht jeden überall reden. Erst haben wir dir ja das Brandenburger Tor ausgeredet vergällt und jetzt ist das mit der Siegessäule auch ganz doof, weil die ja für diverse Kriege gegen die Österreicher und Franzosen steht. Dort endete aber auch jahrelang die Love Parade und da, lieber Barack, ist keiner Sau aufgefallen, dass das ein denkbar schlechter Platz sein könnte. Die Love Parade - in Wirklichkeit eine erzreaktionäre Deutschnationalvorstellung, das kommt eigentlich erst jetzt durch dich ans Tageslicht.
Aber, Barack, wenn du nichts findest, wo man dich reden lässt: Ich würde dich zu mir auf die Gartenterasse einladen und bestimmt könnte ich auch einige Nachbarn dazuholen und natürlich auch Diane, die ist sogar aus Amerika, wählt dich aber ohnehin. Kaltgetränke deiner Wahl würde ich selbstverständlich auch besorgen, nur das schöne Wetter und die Rede müsstest du selbst mitbringen.

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Dienstag, 22. Juli 2008
Got´em
Da hatte er aber einen ganz schlechten Tag. Sehr putzig ist, dass er sich zuerst mal darüber beklagt, tagelang (!) festgehalten worden zu sein. Lieber Radi, das könnte eventuell noch etwas länger gehen als nur ein paar Tage.
In der Zwischenzeit darfste aber Musik hören, weil ja jeder mal so nen Scheißtag hat, an dem alles schief geht: He had a bad day

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Freitag, 4. Juli 2008
Grenzdebilitätigkeiten, oder: Wie man sich biologisch das letzte bißchen Hirn wegfrisst.
Würde meine Großmutter noch leben, sie würde angesichts dieser Biospritidee erst verwirrt den Kopf schütteln, um sich dann gleich anschließend darüber aufzuregen. Das vor allem deshalb, weil eine Trümmerfrau, die 2 Weltkriege, eine Inflation und eine Weltwirtschaftskrise durchgemacht hat, überhaupt nicht hätte verstehen können, weshalb man Lebensmittel in den Benzintank schmeißt, wenn gleichzeitig auf diesem Planeten noch Menschen verhungern.
Das prägte selbst noch mich: Nahrungsmittel wegzuwerfen fällt mir ehrlich gesagt bis heute schwer (vermutlich ein Spleen von mir) und ich nehme bei Mahlzeiten genau soviel, wie ich essen kann und will und aufgegessen wird meist sowieso.
Vielleicht war ich deswegen auch schon immer gegen den Biospritscheiß, weil auch mir nicht in den Schädel will, dass man Mais oder Raps verbrennt.

Nun gibt es ja genügend Kritikpunkte gegen die Unternehmung: Monokulturen, Abholzung des Regenwalds, Artensterben undsoweiter. Kurz: Das alles ist eine an sich saudumme Idee, überhaupt nicht Bio sondern so ziemlich das exakte Gegenteil und wurde in den Hirnen einiger Lobbyisten zusammengebraut, die sich um ein paar CO2-Statistiken scheren, nicht aber um Menschen in Afrika, Asien oder Lateinamerika.

Nachdem nun die Lebensmittelpreise geradezu explodiert sind, haben sie alle zig Erklärungen gefunden: Das Änschie, der Sigmar sowieso und die Küni durfte auch was sagen. Mal waren es die Inder, die auf einmal 2x am Tag was essbares zu sich nehmen, dann waren es mal die Fleischfresser an sich (McD kills Regenwald), dann wieder mal die miesen Ernten oder die Spekulanten. Nur am Biosprit lag es wirklich nie. So eine tolle Idee darf nicht sterben.

Dumm nur, dass sich jetzt die Weltbank Gedanken gemacht hat und dann gleich eine detaillierte Studie in Auftrag gegeben hat und da kam dann der ganze Schlamassel raus: Zu 75% liegts am Biosprit. Sagt die Weltbank. Und es kommt noch schlimmer: 100 Millionen Menschen sind dank dieses Schwachfugs unter die Armutsgrenze gefallen und dieses vermeintlich achsogrüne "Bio"-Projekt hat Nahrungsmittelkrisen von Haiti bis Bangla Desh ausgelöst. Damit ein paar fette Säcke im SUV ruhigen Gewissens an die Tankstelle rollen können. Uuuuuiiuiuiui, möchte man da rufen.
Wer sagts dem Sigmar?

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Freitag, 20. Juni 2008
Ivan
Alt-Nazis haben es meist nicht leicht. Mittlerweile sind sie doch arg in die Jahre gekommen und so ein Ex-Waffen-SSler im Flügelhemd und mit Katheter ist dann auch eher peinlich.
Blöd wird es für Kriegsverbrecher wie John Demjanjuk. Dem hat man nun endgültig die US-Staatbürgerschaft entzogen und will ihn ganz gerne loswerden. Das Problem ist: Niemand will ihn haben. Niemand? Gut: Fast niemand.
Wenn alles schief läuft, ließen sich aber sicher auch andere sonnige Palmenparadiese finden, in denen der Mann enddeponiert werden kann.

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