Samstag, 30. Dezember 2006
Ein Tag im Leben eines Rucksackreisenden
gorillaschnitzel, 10:54h
Das Leben von Rucksackreisenden wird meist unterschätzt. Dabei ist das richtige Schwerstarbeit. Die physischen -und ebenso die psychischen- Anstrengungen sind immens hoch.
Ein Tag beginnt meist früh. Warum? Weiß keiner so genau. Ist zwar Urlaub, aber die meisten stehen trotzdem recht früh auf. "Den Tag nutzen", nennen sie es dann. Hat aber wohl eher damit zu tun, dass man den Bus kriegen muss oder weil ein paar Jungs im Fernsehraum nächtens gesoffen haben und so laut Pulp Fiction mitgegröhlt haben, dass an Schlaf ohnehin nicht zu denken war.
Der Tag beginnt denkbar schlecht. Vor allem für Menschen, die es gewohnt sind, sich morgens ausgewogen oder gar nicht zu ernähren. In aller Regel gibt es mindestens einen Chinesen, der sich morgens eine Knoblauch-Zwiebel-Suppe kocht oder eine Engländerin, die ungetoastete Labbertoasts aufs Teller legt, dann zum Kühlschrank marschiert, eine Dose Bohnen rausholt, öffnet und die kalten Bohnen über den Toast kippt. Das ist dann meist der Moment, bei dem einem Durchschnittsmitteleuropäer ohne Ernährungsstörung dieser Würgreiz überfällt und man am allerliebsten in den Instantkaffee kotzen möchte.
Nach dieser Hürde kommt dann der spaßige Teil: Transport. Man dackelt mit 15 Kilo Gepäck auf dem Rücken etwa 2 Kilometer durch die erschreckend heiße Frühmorgensonne und schwitzt sich die allerletzten Reserven raus (und bereut, nicht doch etwas gegessen zu haben). Taxi nimmt man nicht, weil man ja erstens spart, zweitens Taxis für Spießer gemacht sind und drittens das voll unauthentisch wäre. Entsprechend versifft und verschwitzt steht man dann mit knallrotem Schädel am Busbahnhof und muss sich von den Koberern beschwatzen lassen, die möchten, dass man nach Mhlambanyati (sprich: Mschlammbanjati) fährt, obwohl man eigentlich nach Umtata will. Busbahnhof ist eigentlich schon viel zu übertrieben. Eigentlich ist es nur ein Parkplatz für Kleinbusse, die man im südlichen Afrika "Black Taxi" nennt. Einerseits, weil die Karren ausschließlich von der schwarzen Bevölkerung und einigen lebensmüden westlichen Jugendlichen genutzt werden, andererseits, weil die zwar immer als Unternehmen auftreten, aber kein einziges davon registriert ist.
Man sucht sich dann mühselig das geeignete Fahrzeug aus, verhandelt den Preis und dann stopfen sie einen in einen klapprigen 25jährigen Toyota Hyace mit Handschaltung, der eigentlich für 9 Menschen zugelassen ist, in dem aber schon 14 hocken und bestenfalls auch noch ein oder zwei Ziegen mitfahren. Das Gepäck landet oben.
Dann gehts los. Der Fahrer -entweder bekifft oder besoffen, meistens beides- dreht die Musik hoch und fährt mit Vollgas davon. Gerade in Afrika scheint es oftmals wichtig, die Männlichkeit mit besonders großem Todesmut hinter dem Steuer zu demonstrieren. Die Passagiere gröhlen in purem Fatalismus die Nationalhymne: "Nkozi sikelelel Afrika". Gott schütze Afrika. Recht haben sie! Jemand anders kann nun nicht mehr helfen.
Aber es ist unterhaltsam. Meist muss man den Mitreisenden zig Fragen beantworten: Ob man verheiratet sei (damals nein), ob man Kinder habe (nein), warum das denn nicht (es kam bisher nicht dazu), ob einem das Land gefalle (ja), ob man wiederkomme (ja, wenn man diese Fahrt überstehe), ob man gläubig sei (eher nicht) undsoweiter...Man glaubt nicht an ein Ende des Martyriums, erst recht nicht angesichts der chronischen Sauerstoffarmut in Kombination mit elendigem Gestank menschlicher Leiber.
Nach stundenlanger Fahrt, bei der der Fahrer bewiesen hat, dass er auch in Kurven und auf dem Seitenstreifen überholen kann und er die Funktion der Hupe bestens beherrscht, kommt man dann endlich an und muss sich erstmal was für die Übernachtung suchen.
Vieles fällt von vorneherein weg: Die Buren mit der Reichskriegsflagge sowieso, das überteuerte Zehnbettzimmer auch und wenn man dann doch endlich was gefunden hat, kommt man grade rechtzeitig, um noch bei einem Bier die afrikanische Sonne untergehen zu sehen. Gesehen hat man nicht viel außer ein paar Verrückten, aber egal....
...es ist ja Urlaub...
Ein Tag beginnt meist früh. Warum? Weiß keiner so genau. Ist zwar Urlaub, aber die meisten stehen trotzdem recht früh auf. "Den Tag nutzen", nennen sie es dann. Hat aber wohl eher damit zu tun, dass man den Bus kriegen muss oder weil ein paar Jungs im Fernsehraum nächtens gesoffen haben und so laut Pulp Fiction mitgegröhlt haben, dass an Schlaf ohnehin nicht zu denken war.
Der Tag beginnt denkbar schlecht. Vor allem für Menschen, die es gewohnt sind, sich morgens ausgewogen oder gar nicht zu ernähren. In aller Regel gibt es mindestens einen Chinesen, der sich morgens eine Knoblauch-Zwiebel-Suppe kocht oder eine Engländerin, die ungetoastete Labbertoasts aufs Teller legt, dann zum Kühlschrank marschiert, eine Dose Bohnen rausholt, öffnet und die kalten Bohnen über den Toast kippt. Das ist dann meist der Moment, bei dem einem Durchschnittsmitteleuropäer ohne Ernährungsstörung dieser Würgreiz überfällt und man am allerliebsten in den Instantkaffee kotzen möchte.
Nach dieser Hürde kommt dann der spaßige Teil: Transport. Man dackelt mit 15 Kilo Gepäck auf dem Rücken etwa 2 Kilometer durch die erschreckend heiße Frühmorgensonne und schwitzt sich die allerletzten Reserven raus (und bereut, nicht doch etwas gegessen zu haben). Taxi nimmt man nicht, weil man ja erstens spart, zweitens Taxis für Spießer gemacht sind und drittens das voll unauthentisch wäre. Entsprechend versifft und verschwitzt steht man dann mit knallrotem Schädel am Busbahnhof und muss sich von den Koberern beschwatzen lassen, die möchten, dass man nach Mhlambanyati (sprich: Mschlammbanjati) fährt, obwohl man eigentlich nach Umtata will. Busbahnhof ist eigentlich schon viel zu übertrieben. Eigentlich ist es nur ein Parkplatz für Kleinbusse, die man im südlichen Afrika "Black Taxi" nennt. Einerseits, weil die Karren ausschließlich von der schwarzen Bevölkerung und einigen lebensmüden westlichen Jugendlichen genutzt werden, andererseits, weil die zwar immer als Unternehmen auftreten, aber kein einziges davon registriert ist.
Man sucht sich dann mühselig das geeignete Fahrzeug aus, verhandelt den Preis und dann stopfen sie einen in einen klapprigen 25jährigen Toyota Hyace mit Handschaltung, der eigentlich für 9 Menschen zugelassen ist, in dem aber schon 14 hocken und bestenfalls auch noch ein oder zwei Ziegen mitfahren. Das Gepäck landet oben.
Dann gehts los. Der Fahrer -entweder bekifft oder besoffen, meistens beides- dreht die Musik hoch und fährt mit Vollgas davon. Gerade in Afrika scheint es oftmals wichtig, die Männlichkeit mit besonders großem Todesmut hinter dem Steuer zu demonstrieren. Die Passagiere gröhlen in purem Fatalismus die Nationalhymne: "Nkozi sikelelel Afrika". Gott schütze Afrika. Recht haben sie! Jemand anders kann nun nicht mehr helfen.
Aber es ist unterhaltsam. Meist muss man den Mitreisenden zig Fragen beantworten: Ob man verheiratet sei (damals nein), ob man Kinder habe (nein), warum das denn nicht (es kam bisher nicht dazu), ob einem das Land gefalle (ja), ob man wiederkomme (ja, wenn man diese Fahrt überstehe), ob man gläubig sei (eher nicht) undsoweiter...Man glaubt nicht an ein Ende des Martyriums, erst recht nicht angesichts der chronischen Sauerstoffarmut in Kombination mit elendigem Gestank menschlicher Leiber.
Nach stundenlanger Fahrt, bei der der Fahrer bewiesen hat, dass er auch in Kurven und auf dem Seitenstreifen überholen kann und er die Funktion der Hupe bestens beherrscht, kommt man dann endlich an und muss sich erstmal was für die Übernachtung suchen.
Vieles fällt von vorneherein weg: Die Buren mit der Reichskriegsflagge sowieso, das überteuerte Zehnbettzimmer auch und wenn man dann doch endlich was gefunden hat, kommt man grade rechtzeitig, um noch bei einem Bier die afrikanische Sonne untergehen zu sehen. Gesehen hat man nicht viel außer ein paar Verrückten, aber egal....
...es ist ja Urlaub...
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chauvi,
Samstag, 30. Dezember 2006, 11:24
Hihi, erinnert mich etwas an meinen ersten Urlaub, als ich zwei Wochen lang per Bahn quer durch Frankreich fuhr und außer Kneipen und Cafés (und Zugabteile) nichts mitbekommen habe. :)
Die Ernährungsmethoden der Engländer habe ich auch nie verstanden; aber ich habe in meinem Leben schon genügend kalte Pizza- oder Pastereste gefrühstückt, dass ich den Anblick von Spaghetti-on-toast (bei britischen Kids übrigens äußerst beliebt) auf nüchternen Magen auch ohne Würgreiz aushalte. ;)
Die Ernährungsmethoden der Engländer habe ich auch nie verstanden; aber ich habe in meinem Leben schon genügend kalte Pizza- oder Pastereste gefrühstückt, dass ich den Anblick von Spaghetti-on-toast (bei britischen Kids übrigens äußerst beliebt) auf nüchternen Magen auch ohne Würgreiz aushalte. ;)
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zampano,
Samstag, 30. Dezember 2006, 11:26
Is schon lustig, man hat eher ein mulmiges Gefühl wenn man ins Flugzeug steigt, als wenn man in solche Transportvehikel des Todes steigt. Dabei steht die Unglückswahrscheinlichkeit vermutlich bei 1:100000...aber scheiss drauf, andere machen Basejumping für einen halb so großen Nervenkitzel.
Meine persönliche "Thrillride" Empfehlung: Bangkok, Motorradtaxi, zur Rushhour ein Ziel auf der anderen Stadtseite anvisieren und dem Fahrer sagen man hätte es eilig..tschuuuuuuiiiiiiiiii. Am besten Stahlkappen auf die Knie schnallen.
Klasse Text!
Meine persönliche "Thrillride" Empfehlung: Bangkok, Motorradtaxi, zur Rushhour ein Ziel auf der anderen Stadtseite anvisieren und dem Fahrer sagen man hätte es eilig..tschuuuuuuiiiiiiiiii. Am besten Stahlkappen auf die Knie schnallen.
Klasse Text!
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c17h19no3,
Sonntag, 31. Dezember 2006, 14:43
ich werd daran denken, wenn ich mich mal wieder über´s u-bahn-fahren ärgere. ;)
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