Montag, 29. Oktober 2012
....nur für den Kopf an sich haben sie kein Angebot...aber immerhin für die Po Falte (Originalschreibung)

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Samstag, 27. Oktober 2012
Das hätt's noch nicht gebraucht....

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Freitag, 19. Oktober 2012
Arak
So. Letzte Station und ich muss Ihnen gleich sagen, dass Arak touristisch nun nicht wirklich viel zu bieten hat, aber wir waren bei Hamid eingeladen und da waren mir dann touristische Highlights auch egal.



Ich erzähle Ihnen nun daher nix aus dem Reiseführer, sondern stattdessen lieber Geschichten frei aus dem Leben und der Realität. Hamid ist der Cousin von Mo und ein richtig lustiger Kerl. Hamids Lieblingsspeise ist übrigens Schweinshaxe und eine Halbe Bier, alternativ Currywurst, aber beides kriegt er im Iran eher nicht.



Wir stellten ja irgendwann mal fest, dass Mo, Hamid und ich allesamt innerhalb von 5 Monaten geboren wurden und das ein saumäßig guter Jahrgang sein muss. Wir haben uns prächtig verstanden. Er betitelte mich irgendwann mit "bache poroo", aber ich finde, eigentlich ist er ein echter "bache poroo" und überlasse Sie nun damit Ihren Farsi-Kenntnissen. Das wurde zwischen uns dann mal zum running gag.



Arak kennt man nur von seinem Schwerwasserreaktor und dem Atomprogramm, im Iran gilt es als Industriestandort, aber es ist bei weitem nicht so unansehlich, wie die Iraner immer wieder sagen. Aber man muss ja erstmal da hin kommen und das war schon schwierig. Erstmal von Kashan nach Qom und von dort weiter nach Arak.



Sagen wir es mal so: Mir war das etwas suspekt, als wir in Kashan ins Auto stiegen und Mo fand es auch irgendwie seltsam. Weil nämlich sowohl Fahrer als auch Beifahrer sofort anfingen zu beten. Beim Beifahrer hätte ich das noch verstanden, angesichts der sonst üblichen Fahrweise dort, aber wenn schon der Fahrer betet, da geht's Ihnen dann echt nochmal anders. Echt.
Wir merkten dann, dass die Jungs entgegen ihrer Kleidung und ihres Auftretens ziemlich regimetreu waren. Etwas später machten wir uns dann verdächtig, weil sie erstens merkten, dass sie einen Ausländer an Bord haben und zweitens Mo nicht in der Lage war, mittels eines Nokia 3380 von vor 10 Jahren für den Beifahrer eine SMS auf Farsi abzutippen. Aber sie hatten zuviel mit dem Gerichtsvollzieher und Telefonaten mit selbigem zu tun, als sich uns widmen zu wollen.



So ein bißchen Realpolitik muss jetzt aber auch sein. Hamid beispielsweise ist Unternehmer und beliefert kleinere Läden mit Lebensmitteln. Großhandel kann man das kaum nennen mit seiner eher kleinen Halle von grob 20x10 Metern. Das große Geschäft machen ohnehin die Pasdaran, von denen er sich als Regimegegner gerne fern hielte, aber das gar nicht kann, weil alles über die Pasdaran läuft. Genehmigungen, Import, Handel undsoweiter. Die wirklich Großen sind die Pasdaran aka Religionswächter. Flugunternehmen, Hotelketten, Großindustrie: Alles Pasdaran. Wenn Sie etwa gerne Pistazien knabbern, ist die Wahrscheinlichkeit nicht eben klein, dass Sie Rafsandjani noch etwas reicher machen. Denen gehört jede große Firma. Alles staatlich kontrolliert. Auch die Banken. Hamid etwa würde gerne vergrößern. Eine größere Halle bauen. Dafür aber braucht er einen Kredit. Dafür aber verlangen sie 23% Zinsen und das, wo grade die Wirtschaft am Boden liegt, die Währung ohnehin ins Bodenlose rauscht, sie neuerdings Dollars nicht mehr tauschen dürfen und die Inflation ins Unermessliche steigt. Kurz: Es ist dort Notstand. Realität.



In die Realität katapultiert wurde ich dann übrigens auch gleich nach meiner Rückkehr nach Deutschland. Ich hätte nicht danach suchen sollen, aber ich habe es dann doch getan und grausiges gefunden: Am Sabalan Square in Teheran (in dessen Nähe Mo's Mutter wohnt), an dem ich noch am Samstag unterwegs war, wurde am Montag drauf eine öffentliche Hinrichtung vollzogen. Ich sag es Ihnen ganz ehrlich: Da kriegt man wirklich Beklemmungen.



Gerne reden sie nicht darüber, aber sie haben Angst. Vor einem Krieg. Sie sind nicht blöd und wissen die Zensur und all die Sperren zu umgehen und sich ausländischer Kanäle zu bedienen. Und sie studieren jede einzelne Nachricht intensiv und merken sehr genau, dass die Trommelei auf allen Seiten lauter wird. Kanadische Botschaft geschlossen, iranische Drohungen, israelische Rotlinien undsoweiter.



Was einem sofort auffällt: Die Fälscherei. Das iranische Regime fälscht alles, wirklich alles. Da fährt beispielsweise ein Zug ein auf dem ganz groß steht "Made in I.R.Iran". Wenn Sie aber einsteigen, sehen Sie überall serbische Plaketten und Aufschriften. Oder Fast-Food-Ketten. Selbst wenn es keinerlei diplomatische oder wirtschaftliche Beziehungen zwischen Iran und den USA gibt, können Sie problemlos bei McDonalds oder Kentucky Fried Chicken essen gehen.



Nun erzähle ich Ihnen noch über ein paar verbotene Sachen, die ich im Iran getan habe.

Ich habe nämlich verbotenerweise Alkohol getrunken. Jawohl, in den zwei Wochen dort habe ich mir ein einziges geschmuggeltes Bier gegönnt. Völlig konspirativ im Hotelzimmer. Selbst dieses aus der Türkei geschmuggelte Bier käme wohl kaum in den Iran, ohne Wissen und Billigung (und viel Schmiergeld) der Pasdaran. Das mit dem Bier kam so: Hamid, Mo und ich stehen im Aufzug von Hamids Haus und dann kommt ein Nachbar. Plauderei unter Iranern wie auch sonst üblich. Der Nachbar sagt, er hätte Bier im Keller und denkt dabei, dass wir -wie im Iran üblich- jetzt so etwa 10x sagen, dass wir das nicht wollen, um uns das dann doch unter Widerstand andrehen zu lassen. Aber da hat er die Rechnung ohne Mo gemacht. Der sagt sofort ja, geh holen, ganz entgegen iranischer Gepflogenheiten. Und dann saßen wir etwas später da und genossen wirklich ein eigentlich eher mittelmäßiges Bier niederländischer Provenienz.



Ja, und dann habe ich noch was ebenso verbotenes gemacht. Ich war mit Mo und Hamid Eis essen. Na gut, zwei Mädels waren auch dabei und das war das Problem. Das nämlich geht nicht. Man kann im Iran nicht mit Mädels im Auto sitzen -ohne ein Taxi zu sein-, die nicht mit einem verwandt oder verschwägert sind und die man einfach halt mal so kennt, wie man hierzulande eben Leute anderen Geschlechts einfach mal freundschaftlich so kennt, ohne gleich mit ihnen verwandt, verheiratet oder verschwägert zu sein oder dieses Verhältnis unmittelbar demnäxxt anstreben zu wollen.



Ist verboten.

Entsprechend konspirativ sind die Mädels eingestiegen, obwohl sie zwei der drei Insassen recht gut kannten. Mo sagte dann zwischendrin, dass wir für diese Aktion verhaftet werden können. Sonderlich hilfreich fand ich den Hinweis nicht. Eis essen. Taten wir dann ja tatsächlich, wobei der Ausländer während der Eisbeschaffung dann doch besser mit den Mädels im Auto sitzen sollte, weil das weniger auffällt, was aber auch nicht so recht klappte, weil sich Ausländer nie an Regeln halten und dann den Kindern vor Ort tatsächlich auffallen (die haben entgegen den Erwaxxenen scheint's einen Indikator).



Sie ahnen aber gar nicht, was da für eine Atmosphäre entsteht. Nennen wir es mal das "iranische Spiel". Weil nämlich alle Beteiligten wissen, dass dieses Spiel grade aber sowas von verboten ist, dann kommt es ja auch nicht drauf an, wie weit man geht und das ist verdammt weit. Sagen wir es so: Es kommt nicht zum äußersten, aber die Atmosphäre ist prickelnd. Flirterei, Anmache, Andeutungen. Es hat was vom ersten Date seines Lebens, damals in den 80ern. Als Ausländer wird man von den Mädels gleich noch offen angebaggert: "Schon mal nen Ausländer geküsst?" - "Nee, du?" - "Jetzt hätten wir die beste Gelegenheit".

Ausländerungeknutscht haben wir die Mädels genauso konsperativ wieder entlassen.

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Mittwoch, 17. Oktober 2012
Der Zustand der Stuttgarter CDU, oder: Und ausgerechnet das im Musterländle
In Stuttgart finden immer noch OB-Wahlen statt. Näxxten Sonntag ist der zweite Wahlgang. Wenn nicht ganz viel falsch läuft, wird der näxxte Stuttgarter OB Kuhn heißen und ein Grüner sein. Damit würde hier nicht nur das erste Bundesland grün regiert, sondern die erste Landeshauptstadt gleich noch dazu.

Das ist schon bemerkenswert, weil auch Stuttgart -wie ganz Baden-Württemberg- mal eine absolute CDU-Hochburg war, auch wenn man sich daran kaum mehr erinnern mag. War mal so. War. Früher -und so lange ist das auch wieder nicht her- fuhren sie dort mal so gegen 60% und mehr ein. Heute sind es noch 34% und das gemeinsam zusammen mit den Freien Wählern und der FDP, die entgegen dem Bundestrend hier dennoch ein bißchen mehr einfährt als sonst.

In wenigen Jahren mal schnell die Wählerzahl halbieren, muss man ja auch mal schaffen, selbst in Partnerschaft mit der FDP. Da muss man schon richtig viel falsch machen, um so einen Absturz hinzukriegen.

Dabei haben die Unionisten eigentlich eines richtig gemacht: Einen parteiunabhängigen Kandidaten aufgestellt, weil eben das die Stuttgarter eigentlich mal wollten. Dann haben die Stuttgarter aber doch Parteibuch-Kuhn von den Grünen gewählt. Warum?

Weil sie genug haben vom CDU-Filz und das hat längst nicht nur mehr mit S21 zu tun. Weil sie nicht das näxxte CDU-Rindvieh haben wollen, das beliebig austauschbar ist. Weil sie Authentizität haben wollen.

Schon lange ist die CDU nicht mehr die Nummer 1 im Kommunalparlament und die CDU hat darauf immer nur mit derselben Arroganz reagiert. Sie haben irgendwann mal am Souverän vorbeiregiert und das hat der Souverän nicht verziehen und genau das haben sie nicht verstanden.
Darum reden sie nun auch am Souverän vorbei und kapieren noch nicht mal das. Noch nicht mal, dass der Souverän in solchen Dingen extrem nachtragend ist. Im Prinzip leben sie von ein paar unverbesserlichen Restrentnern und dem Publikum auf dem flachen Land, die halt das wählen, was sie vor 50 Jahren mal gewählt haben.

Kurz: Die sind durch. Sie haben abgewirtschaftet. Es wird vemutlich wieder mal eine Nacht der langen Messer geben am Sonntagabend.

Jetzt hat sich gar Änschie als ultimative Waffe in diesen doch eher popligen OB-Wahlkampf eingemischt. Wo sonst gibt es das denn sonst? Ein OB-Wahlkampf in einer Großstadt und dann redet die Kanzlerin?

Die Not muss wirklich groß sein.

Der SWR vermeldete dann hinterher, dass sie da war und ganz viele Menschen da waren undsoweiter und drehte als CDU-treuer Sender wohlwissentlich den Ton runter.

Wie es wirklich aussieht, wenn hier die CDU auftritt -und so ging das 40 Minuten lang- sehen Sie hier:

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Mittwoch, 17. Oktober 2012
Ein kleines bißchen Dekadenz
Okay, es ist wirklich dekadent und daran, was so ein Löffelchen kostet, darf man nicht denken, wenn man sich das in den Mund schiebt. Aber erstens kostet das im Iran nur ein Bruchteil dessen, was es hier kosten würde (eineinhalbtens ist es das allerbeste Ding seiner Art weltweit überhaupt) und zweitens hatte ich es noch nie probiert und drittens macht man das auch nicht jeden Tag.

Viertens habe ich Mo noch einiges geschuldet, weil er eine für mich reichlich vorteilhafte Abrechnung gemacht hat und auch wegen gewisser sprachlicher Vorteile sonst ziemlich viel organisieren musste, was mich viel Zeit, Nerven und Geld gespart hat.

Und gut, fünftens: Wenn man schon gemeinsam in Erinnerungen schwelgt, dann doch mit einem Produkt, das zu den berühmtesten des Landes zählt, das man grade gemeinsam bereist hat.



Ich war ja skeptisch. Viel Geld für Fischeier? Ich trug zwischenzeitlich mit dem Gedanken schwanger, das Gläschen bei Ebay einzustellen. Aber man muss eben manchmal auch was zurückgeben und hier war das wirklich angebracht. Das näxxte Mal bringe ich noch ein zweites Gläschen, damit wäre dann das erste Gläschen und die halbe Reise finanziert.

Aber wissen Sie was? Vergessen Sie all diese Lachs- und Forellenfischeiprodukte. Die haben mit Kaviar soviel zu tun wie Helmut Kohl mit Aufrichtigkeit gegenüber Spendernamen. Glaubenses oder nicht, aber das schmeckt ja sogar wirklich. Gut, satt werden Sie da bei 50 Gramm eher nicht, aber es ist wirklich lecker. Kann man mal genießen.

Und für die Sättigung gab es Ghormeh Sabsi, da werden Sie garantiert satt.

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Sonntag, 14. Oktober 2012
Haptik und Olfaktorik beim Öffnen des Päckchens sind einfach nicht steigerbar
....und meine Iraner sind schon richtig wild drauf...

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Montag, 8. Oktober 2012
Kashan
Kashan liegt so auf halbem Weg zwischen Esfahan und Teheran und ist bekannt für kadscharische Herrschaftshäuser, einen uralten Garten und seine Teppiche.



Teppich ist nun mal ein Stichwort, weil Teppiche was wirklich originär iranisches sind und die in aller Regel auf dem Basar gehandelt werden. Dort haben sie mittlerweile ein Problem, weil sie ihre Teppiche nicht mehr loskriegen und das liegt vor allem an einem ganz immensen Imageproblem: Die Teppichbazaris haben sich nämlich mit dem Teufel eingelassen und das sind in dem Fall die Chinesen und die haben ihnen erst perfekt gefälschte Teppiche verkauft, die wiederum von den Bazaris als Originale weiterverkauft wurden und nun räumen die Chinesen gleich richtig den Markt auf und dumpen das gleich nochmal. Für die Bazaris ist das wirklich gefährlich und damit ist es das auch für das Regime, aber weshalb, da müssen Sie schon weiterlesen.



Aber mal zum Gartenbau. Ich geb es ehrlich zu: Ich hab es damit nicht so. Mir ist nur mein Feigenbaum heilig und das hat eher persönliche Gründe als die Liebe zu Pflanzen. Vielleicht ist daher meine Bewunderung für den iranischen Gartenbau eine ungleich andere. Immerhin ist das Klima doch sehr heiß, Wasser weit nicht so verfügbar wie hier und karg ist die Erde auch noch. Insgesamt widrige Bedingungen.

Aber die Iraner machen trotzdem was draus und Sie werden nun die Bilder eines Gartens sehen:





Bagh-e Fin heißt der Garten. Klar, der Garten wurde immer wieder neu angelegt, aber: Was glauben Sie, wie alt dieser Garten ist? 100 Jahre? 200 Jahre? 500 Jahre? Gar 1000 Jahre? Nö, alles falsch. Man nimmt an, dass der Garten vor etwa 7000 Jahren zum ersten Mal angelegt wurde. Da saßen die braven Germanen noch in ihren sumpfig-feuchten Wäldern und sollten noch 5000 Jahre lang auf die Römer warten.



Wie die Iraner das Wasser über zig Quellen und zig Kanäle über lange Wege dorthin transportieren und das in einem Land, in dem nur sehr wenige Flüsse ganzjährig Wasser führen, ist vermutlich eine eigene Doktorarbeit wert. Wie sie es schaffen, das so großzügig zu verteilen und dann alles zum Sprießen zu bekommen wohl auch.



Solche Gärten sind wirklich im Wortsinne Paradiese, weil sie entstehen, wo rundherum wirklich alles karg und öde ist. Aber auch im Paradies geschehen schreckliche Dinge, das wissen Sie seit Kain und Abel. Im Paradies Bagh-e Fin beispielsweise wurde Amir Kabir ermordet, der bis heute über alle Verwerfungen hinweg höchstes Ansehen genießt im Iran.



Wir müssen uns nun aber auch mal einem sehr ernsten Thema zuwenden und vielleicht interessiert Sie das auch hoffentlich einigermaßen brennend: Die Politik heutzutage. Darüber redet man im Iran nicht offen, beziehungsweise verhält man sich distanziert gegenüber Leuten, die man nicht kennt und diskutiert das alles allenfalls in der Familie. Ich traf ja ein paar von Mo's Cousins, die auch im Iran leben und dazu muss man sagen, dass Mo's Familie generell oppositionell eingestellt ist und einige durchaus dem Schah nachtrauern. Die Cousins von Mo waren mal in der Grünen Bewegung aktiv, damals vor drei Jahren.



Seither sind sie irgendwie desillusioniert. Und irgendwie auch lethargisch. Paralysiert. Sie wissen, dass sich was ändern muss und sie mögen es auch überhaupt nicht, dass ihnen das Regime alles blockiert, was halbwegs Spaß macht, von Beck's bis Youtube (Internet ist unendlich langsam und es ist alles geblockt von Youtube bis Facebook, die Iraner umgehen das trotzdem), aber sie verweisen eben auch darauf, dass das Regime brutaler ist als sie und sie genau wahrnähmen, was grade in Syrien passiert. Ihre Grüne Bewegung wurde schlicht niedergeschossen. Von außen wollen sie auch nix haben, iranische Angelegenheiten müssen Iraner klären. Sagen wir es mal so: Es ist mächtig kompliziert.



Aber der Verfall der Währung hat auch Folgen. Als ich abflog waren es ja noch 29500:1, am Montag waren es 40000:1, Dienstag 45000:1. Am Mittwoch machten dann die Bazaris ihre Läden dicht, was ziemlich gefährlich ist für das Regime, weil die Bazaris traditionell konservativ sind und eher dem Regime anhängen. Und dann machten wiederum die Basij die Wexxelstuben dicht. Genau da, wo ich noch vor ein paar Wochen gewohnt habe und entlanggelaufen bin. Das sah dann auf einmal etwas anders aus, am und südlich des Ferdowsi-Platz.

Teheran letzten Mittwoch:



"Marg bar diktator" entstammt der Grünen Bewegung und man wünscht dem Diktatoren den Tod. Danach schreien sie, dass man Syrien sich selbst überlassen solle und es um den Iran ginge (und meinen damit die Hilfen für das Assad-Regime). Es gab auch Steine, brennende Mülleimer, Verhaftungen und Schlägereien mit der Polizei.



Wie Sie sicher bemerkt haben, springe ich grade lustig hin und her zwischen lustigen Gartenthemen und knallharter Realität. Das ist eben, was Sie erleben, wenn Sie im Iran sind: Unendlich schöne Dinge und Erlebnisse und mit einem Schlag steht dann da so ein Arschloch-Basij.



Wie bei unserer Zugfahrt. Ich, Mo, 3 Durchschnittsiraner und ein ehrenamtlicher Basij. Diese sind immer eher sehr zurückhaltend, beobachten eher und daher verzog sich der Basij gleich nach oben in die zweite Etage. Iraner reden ja immer und ständig miteinander. Permanent. Hier auch. Irgendwann mal merkte ich, dass es etwas hitziger wurde und der Basij runterglotzte und alles was ich in meinem Rudimentär-Farsi begriffen habe, war, dass es um "Zug" und "spät" ging. Der Zug hatte 2 Stunden Verspätung.



Mo sagte dann, dass der eine Mitpassagier fragte, weshalb der Zug so viel zu spät ist. Die Antwort von Mo war: "Weil in diesem Land nichts, überhaupt nichts, funktioniert". Da schaute der Basij dann entgeistert und ging raus zwecks Berichterstattung. Ich fand zwar, dass die Iraner das ohnehin wissen, weil sie da leben und das gar nicht nötig gewesen ist, aber Mo bestand darauf, dass es einen Mutigen braucht, der das auch ausspricht, während er gleichzeitig fand, dass ein paar "Codewords" (Chamenei, Khomeini, Israel, West, USA, Mossad etc.) doch jetzt besser unterbleiben sollten. Er hatte Schiß bekommen, die anderen und ich auch. Ein Klima der Angst, nichts anderes. Keine Ahnung, was der Basij berichtet hat, aber sie ließen uns alle unkontrolliert aus dem abgeschlossenen Zug, der sich nur von außen öffnen lässt. So funktioniert Diktatur.



Aber noch mehr Sprünge und jetzt sind wir bei den Kadscharenhäusern. Die Kadscharen waren eine eigene Dynastie und eher nicht so arg angesehen, weil das eher so eine Zeit des Niedergangs Irans war, aber hallo, großartige Häuser haben sie trotzdem gebaut. Die kann man heute besichtigen.



Vielleicht bringe ich Ihnen nun einfach etwas Farsi bei, und das als jemand, der allenfalls die Höflichkeitsfloskeln beherrscht, aber wir machen das jetzt trotzdem.



Sie sahen nun grade eben das Khaneh Ameri-ha. Khaneh bedeutet Haus, Ameri ist der Familienname und bei den Iranern bezieht sich der Familienname auch immer auf den Ort, woraus die Familie entstammt -die Arakis stammen aus Arak, die Teheranis aus Teheran usw., die Ameris demnach also aus Amer- und das -ha ist der Plural.



In dem Fall heißt Khaneh Ameri-ha schlicht: Haus der Ameris. Geht doch oder? Khaneh Borudjerdi-ha? Haus der Borudjerdis. Masjed-e Imam? Moschee des Imam. Sehense? So schwer ist Farsi gar nicht. Und so könnten wir weitermachen. Tun wir aber nicht. Wir schauen uns jetzt noch mal schnell das Khaneh Borudjerdi-ha an.



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Sonntag, 7. Oktober 2012
Iranische Frauenmode
Sie glauben, es gäbe dort keine Modemacher? Dann liegen Sie falsch. Iranische Frauen sind eitel. Selbst Tschador ist nicht gleich Tschador. Wird zumindest suggeriert. Mo lachte laut auf, als er die Schilder las, die den Schaufensterpuppen umhingen.
Von rechts nach links: für Studentinnen, arabische Version, nationale (iranische) Version, mit Schal...
Fragen Sie nun aber nicht nach den Unterschieden....

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Freitag, 5. Oktober 2012
Stuttgart wählt, oder: Wie Rezzo Schlauch beinahe mal OB geworden wäre
Am Sonntag mal wieder. Das ist weniger wegen der S21-Geschichte interessant, sondern wegen einer alten Geschichte die keiner vergessen hat. Weder die damals Beteiligten noch die Stuttgarter selbst.

Wie 1996 nämlich Schuster zum OB gemacht wurde. Der übrigens tritt nicht mehr an. Aus Altersgründen sagt er. Weil ihn keine Sau mehr wählen würde, sagt der Rest.

Aber zurück ins Jahr 1996. Damals ist etwas passiert, das das im übrigen Deutschland sonst nicht ganz schlechte Verhältnis zwischen SPD und Grünen für Baden-Württemberg wirklich nachhaltig und bis heute andauernd beschädigt hat. Das hat mitunter zu merkwürdigen und heute kaum mehr denkbaren Verwicklungen geführt: Zeitweise wäre Oettinger drauf und dran gewesen, eher mit den Grünen Koalitionsverhandlungen zu führen als mit FDP oder SPD, ehe er von Mappus ausgebremst wurde.

Was passiert war? Im Wahlkampf um den Stuttgarter OB-Posten traten zur Runde 1 an: Schuster, Rezzo Schlauch für die Grünen, ein zu der Zeit namen- und auch heute farbloser SPD-Kandidat und weitere aussichtslose Bewerber. Die erste Abstimmung endete so:

Schuster 35%, Schlauch 30%, Brechtken 22%, alle anderen waren unter ferner liefen und zogen dementsprechend zurück.

Wäre Schlauch auf Platz 3 eingelaufen, hätten wohl alle erwartet, dass er aufgrund der üblichen Vorgehensweisen zurückzieht und empfiehlt, den SPD-Kandidaten zu wählen. War aber nicht so. Stattdessen spielte sich eine Posse ab, die der SPD in Stuttgart bis heute nachhängt und die an ihr klebt wie das Mal an Kain. Die Leute hier haben ein gutes Gedächtnis in solchen Dingen.

Zu tief saß das. Nur noch die Nummer 3 und das in der Landeshauptstadt. Noch mehr: Die Kommunalwahlen des Vorjahres wurden nochmals bestätigt. Und so entschloss sich dann die SPD, Brechtken nicht zurückzuziehen, was wiederum viel internen Streit nach sich zog. Die Folge war, dass der OB einer Nachbarstadt, ebenfalls SPD, nun auch noch aufs Tableau sprang und ebenfalls zum zweiten Wahlgang antrat. Das wiederum erboste dann zig Mitglieder an der Basis und die wunderbare Kandidatenvermehrung der SPD ging weiter: Ca. 1 Dutzend Basismitglieder stellten sich gleich auch noch dem Votum, sodass vonseiten der SPD so um die 12-14 Kandidaten wählbar waren. Das ist mal eine Auswahl, finden Sie nicht auch?

Der zweite Wahlgang ging dann aus wie fast erwartet:

Schuster 43%
Schlauch 39%
Brechtken 13%
Becker 3%

Und weil die Beckerstimmen überwiegend aus dem konservativen Lager kamen und die 9% die Schlauch dazu gewann und Brechtken verlor irgendwie ziemlich gut passen, verwiesen die stinksauren Grünen vermutlich nicht zu Unrecht darauf, dass Schlauch ganz gute Gewinnchancen gehabt hätte, wenn sich die Stuttgarter SPD etwas weniger paddelig angestellt hätte.

Damit war das Klima völlig vergiftet und das über Jahre hinaus. 8 Jahre später rächten sich die Grünen, indem sie genau das machten, was die SPD davor nicht gemacht hatte: Sie zogen ihren Kandidaten (Boris Palmer) für den zweiten Wahlgang zurück.....

.....und empfahlen gleichzeitig indirekt die Wiederwahl Schusters, der dann auch prompt die SPD-Kandidatin bezwang.

Daher ist die Landeskoalition auch eher sowas wie eine Zwangsehe zweier Partner, die einander nicht so richtig mögen und wahrscheinlich ist es nur einem klugen, etwas älteren, katholischen Lehrer aus der Provinz zu verdanken, dass die überhaupt erst zustande gekommen ist und auch hält: Kretschmann gestand dem kleineren Partner einen Ministerposten mehr als seiner eigenen Partei zu.

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Dienstag, 2. Oktober 2012
Construction works in Teheran

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