Freitag, 28. September 2012
Esfahan
Okay, ich muss Sie nun erstmal vorwarnen. Ich werde Sie nun mit Fotos und Text erschlagen. Einfach deshalb, weil es um Esfahan geht und ich mich in diese Stadt verliebt habe. Die Iraner sagen, dass Esfahan die schönste Stadt des Iran ist. Damit haben sie durchaus recht. Etwas übermütigere Exemplare sagen, es sei die schönste Stadt der Welt. Das stimmt eher nicht so wirklich. Sie beziehen sich dabei aber auf ein Zitat und auf die frühere Pracht und die wurde so geschildert, dass man die halbe Welt gesehen hätte, wenn man mal Esfahan gesehen habe.



Schön ist die Stadt aber in jedem Fall. Wenn Sie mal im Iran sind, sollten Sie dort in jedem Fall einen Zwischenstopp einlegen. Hier hat sich vor allem Abbas der Große architektonisch ausgetobt und Geld hat vermutlich eher nicht so die Rolle gespielt. Zwar sieht das auch heute noch großartig aus, aber vor 400 Jahren muss das noch viel prächtiger gewesen sein.



Damals gingen von der Chahar Bagh, auf Deutsch "Vier Gärten" und die Hauptstraße, links und rechts große Gärten und Herrschaftshäuser ab, die Straße runter gab es Springbrunnen und in den Bäumen Lampignons. Heute ist das etwas anders: Das Wasser und die Lampignons sind weg, nur noch ein paar der Gärten, Leuchtreklame dagegen und zuviel Autos da.





yet another iphone-fuck-foto. hätte ich nur das, ich würde nie wieder Fotos machen, never ever knips.

Es bleibt aber trotzdem genug Pracht übrig. Zum Beispiel die Si-o-se-Pol, die Brücke über den Zayandeh, der zumindest theoretisch ganzjährig Wasser führen würde, wenn er nicht zurückgestaut würde. Den Esfahanis gefällt das überhaupt nicht, weil so ein Fluss kühlend wirken kann. Und wenn Sie wissen möchten, was "Si-o-se-Pol" heißt, dann zählen Sie einfach die Arkaden der unteren Reihe.



Und dann sagte Mo irgendwann mal, dass wir grade völlig auffallen und er hatte Recht, weil wir beide die einzigen waren, die in der Sonne liefen, während die Iraner ausnahmslos den Schatten nutzten.



Es gibt da ja so ein paar Dinge, die unseraller den alten Persern verdanken. Die Römer waren lange nicht und die Griechen nie in der Lage, eine Kuppel auf ein rechteckiges Gebäude zu setzen. Dazu braucht es eine Trompe und die haben die Perser erfunden. Das allererste Foto ganz oben zeigt so eine Trompe.



Oder Speiseeis. Auch die Iraner, nicht die Italiener. Sagen die Iraner. Wenn ich Ihnen nun aber erzähle, dass die Iraner Karotten als Obst behandeln und daraus Eis machen und das sogar noch schmeckt (das wollte Mo nicht versuchen, da ist er ziemlich deutsch geprägt), halten Sie mich sicher für nicht mehr ganz dicht. Aber ich konnte sogar der klassischen iranischen Eisvariante was abgewinnen und die geht so: Safraneis plus gekochte und dann tiefgefrorene Reisnudeln aus China.



...was Sie grade gesehen haben waren übrigens Gewürze. Was Sie nun sehen auch.



Und noch mehr Gewürz. Das Zeug da unten, links oben, weiß wie schwarz, das wie Nüsse aussieht ist...? Jawohl, richtig geraten! Das sind wirklich getrocknete Limonen.



Zeit, um mal über Plätze zu reden. Es gibt grandiose Plätze. Zum Beispiel in Italien. Italiener konnten mal grandios schöne Plätze bauen. Das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass auch Iraner grandios schöne Plätze brauen konnten. Also: Auch Iraner haben sensationelle Plätze gebaut und der schönste und größte ist der Nagsh-e Jahan. Alleine die Dimensionen sind riesig. So riesig, dass der Platz als der zweitgrößte Platz weltweit gilt und nachdem ich den allergrößten -Tian An Men-Platz - gesehen habe, würde ich auch sagen, dass er der schönste der großen Plätze ist.



Eigentlich ist es ein großer Garten und Gärten können die Iraner. Schon immer. Das Wort "Paradies" stammt von den alten Persern und meinte die Gärten der Herrscher. Abends kommen die Iraner in die Parks und auf die Plätze, um hier zu picknicken, zu zelten zu essen oder sich mit anderen zu treffen.



Iraner lieben es, Gärten anzulegen und sie legen dabei immer viele Bäume und Wasserquellen an. Ganz einfach deshalb, weil beides kühlende Elemente sind.





Der Nagsh-e Jahan ist komplett symetrisch angelegt und dennoch ein mathematisches Rätsel, aber darauf kommen wir später. Rund um die Arkaden verläuft der riesige Basar, der noch viel weiter geht und dessen Gassen schier unendlich wirken. Man kann sich da verirren.





Rund um den Platz gibt es drei signifikante Gebäude. Zwei Mal Moschee, ein Mal Palast. Da gäbe es mal den Ali Qapo-Palast, die "Hohe Pforte" und damit der frühere Sitz des Schah, dann die Lotfollah-Moschee und dann noch die Masjed-e Shah, die heute Masjed-e Emam heißt und nun haben Sie auch ein Beispiel dafür, wie die Mullahs Dinge umbenennen: Masjed-e Shah ist die Königsmoschee, Masjed-e Emam ist die Moschee des Imam und das meint in aller Regel Khomeini, und das wiederum, aber okay, das Wort "Arschloch" kriegen Sie auch alleine buchstabiert.



Wir brauchen jetzt mal einen kleinen Zwischeneinschub mit etwas leichterem, ehe Sie das Interesse an iranischer Kultur verlieren. Interessant wird es, wenn Sie sich mit Iranern mal ein klein wenig privater unterhalten. Die fragen wirklich so Sachen wie "was macht ihr eigentlich so in eurer Freizeit?" und meinen das wirklich ernst. Ich würde ja dann gerne zurückfragen, was um Himmels Willen sie so in der Freizeit machen, so angesichts des sehr dürftigen Angebots. So richtig staunende Gesichter kriegen Sie übrigens, wenn Sie auf Nachfrage bestätigen, dass sich im Westen tatsächlich Menschen nach dem Tod verbrennen lassen. Da haben Sie dann 5 kopfschüttelnde Iraner vor sich, die nur noch "t-t-t" sagen, weil sie es nicht fassen können. Können sie sich nicht vorstellen und liegt völlig fernab ihrer Welt.



So. Nun mal zurück zum Nagsh-e Jahan und der Lotfollah-Moschee und der Mathematik auf dem Platz. Da gibt es ein großes Rätsel, die Lotfollah-Moschee nämlich. Die Lotfollah-Moschee widerspricht allen Regeln, die sonst so eine Moschee hat: Sie hat keinen Innenhof, kein Minarett, sie hat keine Waschgelegenheit, alle Wege sind ziemlich eng und besonders signifikant und rätselhaft ist: Ihre Kuppel sitzt nicht in der Mitte. Das führt zu seltsamen Wegen wie man überhaupt in die Moschee kommt: Wenn Sie reinkommen, müssen Sie durch einen schmalen Gang, dann nach rechts, wieder nach rechts und erst dann stehen Sie in der Moschee.



Und spätestens jetzt kommt die entscheidende Frage: Ist es ein Zufall, dass man die Kuppel dieser Moschee asymetrisch zum Rest anbringt, wenn man einen völlig symetrischen Platz konstruiert? Nein, ist es meiner Ansicht nach nicht. Zufälle gibt es da nicht, zumal ein symetrischer Bau sehr wohl machbar gewesen wäre.
Es gibt verschiedene Theorien: Geheimgänge vom gegenüberliegenden Ali Qapo, Bauschwierigkeiten, Statik undsoweiter, aber einigermaßen plausibel für mich ist der Goldene Schnitt, darauf würde nämlich die Versetzung der Kuppel perfekt passen.





Und dann gibt es diese Orte, an die Sie nur gelangen, wenn Sie mit einem Muttersprachler unterwegs sind, weil Sie sonst nie auf die Idee kämen, im Basar einfach mal rechts in eine vollgestellte Garage abzubiegen, durch allerhand Trödel zu irren, danach dann links und dann stehen Sie auf einmal in einer völlig abgefahrenen Wasserpfeifenpinte, aber schauense sich das doch einfach mal selbst an:



Wir hätten dann noch eine sehr iranische Sehenswürdigkeit zu bieten. Wackelnde Minarette zum Beispiel. Da gibt es nämlich eine Moschee und die hat die für die Schia typischen zwei Minarette. Stündlich marschiert dann einer auf eins der Minarette und rüttelt mächtig, was den Effekt hat, dass sowohl das eine wie auch das andere Minarett ziemlich wackelt. Finden die lustig.



Wenn Sie nun glauben, das endete nun, sage ich Ihnen, dass es nun doch noch weitergeht mit der näxxten Moschee. Ich weiß, es wird nun grenzwertig, eben noch ne Moschee. Aber das können Sie vielleicht doch noch. Ein bißchen geht eventuell noch. Nur noch ein wenig Geduld und ich lasse Sie wirklich in Frieden.



Sehense? Schon fertig.

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