Freitag, 25. Februar 2011
Hanoi
Das ist Asien! Quirrlig, bunt, lebhaft, pulsierend. Es sind die Farben, das Leben, die Gerüche. Es ist faszinierend. Okay, es ist auch sehr stressig, weil es extrem laut ist, aber sogar daran gewöhnt man sich recht schnell. Kurz: Es ist Asien pur.

Hanoi ist einzigartig. Es ist ein Chaos. Und keiner weiß so recht, wie es funktioniert. Aber es funktioniert. So hat es zumindest mal den Anschein. Ein bißchen ist es wie mit dem Verkehr dort. Da weiß auch keiner so recht, wie das gutgehen kann, aber meistens klappt es dann doch einigermaßen.
Wenn Sie aber mal wissen wollen, wie das alltägliche Chaos aussieht: Es gibt dort den Job des Motorrollerparkers. Das ist sehr anspruchsvoll, weil die Parkplätze erstens recht groß sind, zweitens immer überfüllt, drittens ein Haufen Rollerfahrer zwecks Parken anstehen, viertens ein Haufen Rollerfahrer ihre Roller abholen möchten und fünftens die parkenden Roller permanent hin und her verfrachtet werden um Platz für kommende und gehende zu verschaffen. Als Rollerfahrer hilft es also überhaupt nicht, sich zu merken, wo man das Ding abgestellt hat. Dort wird es schon 10 Minuten später nicht mehr stehen. Es braucht also einen Einparker der wirklich den Überblick über mehrere Hundert Roller hat.



Wie ich später herausfinden werde ist Hanoi im Vergleich zu anderen vietnamesischen Städten eher traditionell. Nicht unbedingt rückständig, aber Hanoi ist keine "Businessmetropole" wie andere asiatische Großstädte (Singapur, Bangkok etc). Ich kann es nicht erklären, aber Hanoi fasziniert mich sehr. Vor allem die Altstadt. Hier ist jede Straße nach dem passenden Gewerk aufgeteilt. In der Hang Bac sind es die Juweliere und wenn Sie weiter nach Norden gehen kommen die Lebensmittel, ein Schwenk nach Osten und Sie finden Spielsachen, danach dann Schlosser, Eisenwaren und irgendwann mal Maler. Es ist, als ob man ständig neue Quartiere erkundet. Es ist eine sehr faszinierende Stadt. Sie begeistert.



Sehr faszinierend ist beispielsweise die Fähigkeit unheimliche Mengen an Waren auf kleinen Gefährten zu transportieren. 3 Schweine auf einem Moped sind möglich. Ein Strauß von etwa 40 Hühnern auch.





Irgendwie scheinen alle und dauerhaft mit Handel beschäftigt. Getränke, mobile Garküchen, gefälschte und schlecht kopierte Bücher. Es gibt beinahe nichts, was es nicht gibt und wenn es um Essen geht: Es ist immer lecker. Von Pho, der allgegenwärtigen Nudelsuppe, bis Reis mit Scheiß. Nur an Kühlketten sollten Sie besser nicht denken.







Vietnam ist Bierland. Es gibt unzählige Marken und einige davon sind durchaus trinkbar. Speziell in Hanoi aber gibt es noch Bia Hoi: Frisch gebraut aus Fässern direkt auf der Straße ausgeschenkt in einer Art vietnamesischer Ausgabe eines Biergartens nur ohne Garten. Sie sitzen auf Kinderstühlchen die für die sozialistische Einheitsgrößen von Vietnamesen ausgelegt sind, aber definitiv nicht für Mitteleuropäer. Dafür aber kriegen Sie ein Glas sehr leckeres Bier für 3000 bis 4000 Dong, was wiederum so etwa 20 Cent sind. US-Cent, nicht Euro-Cent. Ganz ehrlich: Die Frage, ob man noch eins trinkt, die stellt sich da gar nicht erst.



Jetzt müssen wir noch ein bißchen was übers Wasserpuppentheater verlieren. Das sollten Sie sich wirklich anschauen, wenn Sie mal in Hanoi sein sollten. Das gibt es zwar auch im Süden Vietnams, aber es stammt ursprünglich aus dem Norden und wenn, schaut man sich schon das Original an.



Erstmal haben Sie da eine nette Combo, die musiziert. Was die Dame im Vordergrund spielt nennt sich Dan Bau, hat nur eine Saite und ist wirklich abartig schwer zu spielen, ich habs mal versucht.
Mindestens genauso schwierig ist dann die Sache mit den Wasserpuppen. Zumindest wenn man weiß, wie es funktioniert: Die Akteure stehen hüfthoch im Wasser, sehen nicht, was sie machen und müssen ihre Puppen anhand langer Stangen durchs Wasser bewegen. Dabei sind teilweise auch Arme, Köpfe und Beine der Puppen voll beweglich. Sie sagen, es sei eine mehrjährige Ausbildung nötig, bis man es drauf hat.





Der Hoan Kiem-See bei Nacht. Kitschige Beleuchtung beherrschen sie wirklich perfekt.



In der vietnamesischen Sagenwelt hat der See eine große Bedeutung. Angeblich hat eine im See lebende Schildkröte den Vietnamesen zum Sieg über die chinesischen Okkupatoren verholfen, weshalb in vielen Tempeln Vietnams immer wieder Schildkröten gehalten werden und auch sonst immer wieder etwa als Skulpturen auftauchen. Schildkröten lebten dort tatsächlich mal, nur ob sie das immer noch tun, darüber streiten die Vietnamesen: Die Traditionalisten sagen ja, etwas aufgeschlossenere Menschen behaupten, dass der vietnamesische Staat dort regelmäßig Jungtiere aussetze, die aber von der Bevölkerung immer wieder rausgefischt und als Haustiere gehalten werden. Gesichert ist nur die letzte Sichtung vor ein paar Jahren und ein uraltes Riesenexemplar, das man vor 40 Jahren gefunden hat.




Nun hätten wir noch ein paar zerstreute Allerleifotos:


Hells Angels Hanoi are riding again


Preparing for Tet (rot steht für Glück, goldgelb symbolisiert Reichtum)


Mobile shop


Nice tree


Lamp


Colours


Pet semetary


Notre Dame, Vietnam edition


Mittendrin statt nur dabei

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dankeschön für die eindrücke, du reisefilet. der rollerparkplatz ist ja unfassbar, ebenso der baum. nur das gedöns darunter gehört wech...
das mit dem puppenspiel erscheint mir beeindruckend + wirklich sehenswert.

hab gestern ja bereits deine schilderungen in der badewanne genossen. :-)

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.....einfach mal wahllos das erstbeste Wasserpuppenvideo:

http://www.youtube.com/watch?v=dNu8iHkncf8

Das faszinierende sind Bilder und Gerüche, die man so noch nie gesehen hat, dort aber dauernd präsent sind.

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Huch,
im ersten Moment erwartet man da eigentlich keine gotischen Kirchen zu sehen, aber nachdem die Franzosen dort zugange waren, verwundert es dann doch nicht mehr so sehr.

Den nice tree finde ich auch sehr nice. Ansonsten überrascht mich ein wenig, die Leute relativ dick angezogen zu sehen, irgendwie hatte ich immer die Vorstellung, es wäre durchgehend warm dort.

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Den Nice tree hab ich auf Bali auch gesehen. Für die Hindus dort sind es heilige Bäume und man darf nicht sein Wasser...

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@mark: Was ich vorher auch nicht wusste: Es gibt einen nicht unbeträchtlichen Anteil an Katholiken in Vietnam. Schätzungsweise so etwa 10% der Bevölkerung. Das spielte wohl auch im damaligen Konflikt zwischen Nord- und Südvietnam eine Rolle.

@prieditis: ....wat bin ich froh, dass die Vietnamesen keine Hindus sind...

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Danke für die Wasserpuppe in Großformat.
Da schlägt mein kleines Theaterherz gleich wieder ganz hoch : )

Momentan wird pausiert (für das Publikum, die Belegschaft probt).

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Bitteschön...

Würde Ihnen sicher gefallen....die Wasserpuppen...(bei Youtube finden sich auch Videos)

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Echt? Ja, dann hab ich heute schon mal was vor : )

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Ohne jetzt einzelne Videos auf deren Qualität überprüft zu haben....Guckense mal:

http://www.youtube.com/results?search_query=water+puppet+theatre&aq=f

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Oh wie genial - thanx 4 that!!
(Dann komm ich noch paar Tage ohne Schnittlauchüberdosis aus.)

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Sehr gerne und bitteschön....(ich fand das wirklich sehr unterhaltsam und das sollte man mal anschauen, wenn man grade dort ist. Worum es geht versteht man, wenn man die Erläuterungen dazu liest, es hat aber sehr viel mit vietnamesischer Kultur und vietnamesischer Tradition und Geschichte zu tun)

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Thank you so much for the nice tree!
Hach, Sie haben fern der Heimat sogar an ein Mitbringsel für mich gedacht.

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....ich hab da sogar noch ein bisserl mehr...:-)

(Wobei es da einen Baum gibt, da stand ich entsetzt so etwa 15 Minuten wirklich komplett sprachlos davor. Der Baum kann nichts dafür, aber er steht da noch)

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Wie groß ist da eigentlich der Kulturschock? Gibt es da schon Referenzwerte? :)

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Zumindest Bäume können dort auch Entsetzen auslösen. ;-)

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@arboretum: :-)

@geschichtenerzaehler: Kann ich schlecht beurteilen, weil ich bereits mal in China war und wenn Sie die rotzenden, würgenden, schmatzenden, schlürfenden und kotzenden Chinesen erlebt haben, erscheint Vietnam wie ein zivilisatorisches Kleinod.

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Afrika
ist da Asien in Sachen Transport noch ein kleines Stück voraus. Was bei Ihnen auf Fahrrädern oder Rollern transportiert wird, wird hier, in entsprechendem Fahrzeug/Warenverhältnis, per Auto transportieret. Gerne genommen diese uralten Peugeot Pick-Ups, deren Rahmen gewisse Knicktendenzen zwischen Fahrerkabine und Ladefläche aufweist. Sie glauben gar nicht, welche Belastung ein Autoreifen, bevorzugt profilarm, überleben kann.

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....Kleinbusse! Das kenne ich auch noch von Afrika. Black Taxi nannte man das damals. Weil kein halbwegs vernünftiger Weißer da mitgefahren wäre....Wissen Sie, wieviele Menschen mit einem Toyota Hyace transportiert werden können?

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Ich
kann nur schätzen. Auf ein Okada, so ein 125er Moppedle, passen schon mal 4 Personen. Ein normaler PKW packt, ohne Kofferraum, 7 Personen. Ein Hyace wird dann so in etwa 11 bis 15 Personen transportieren. Fahrer und Kassierer, der in der offenen Tür steht, mitgerechnet.

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11 bis 15 sind auf regulären Sitzen möglich....Sie haben noch die Leute im Kofferraum vergessen. Das sind dann diejenigen, die IM Bus transportiert werden. Es passen auch noch bis zu 10 AUF den Bus....:-)

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