Mittwoch, 23. Februar 2011
Halong
Ehe wir uns in Richtung erste Etappe aufmachen, könnte ich Ihnen mal schnell meinen allerallerersten Eindruck von Vietnam schildern. Die ersten zwei Stunden. Dazu müssen Sie sich kurz vorstellen, dass Sie erstmal 11 Stunden nach Seoul fliegen, dort dann 8 Stunden Aufenthalt haben und sich mal kurz Incheon anschauen, danach der Anschlussflug so grob eineinhalb Stunden Verspätung hat und Sie dann nochmal 5 Stunden nach Hanoi fliegen. Ankommen tun Sie Schlag Mitternacht und da haben Sie schon einen gewaltigen Jetlag weg.
Nun geht es an die Verhandlungen mit der örtlichen Taximafia. Sie handeln den Kerl dann runter von 30 Dollar auf 15, was noch so einigermaßen angemessen ist, vor allem angesichts dessen, dass der letzte Dollar runterhandeln nochmal so grob 10 Minuten gedauert hätte und 1 Dollar war mir 10 Minuten Schlaf wert.
Danach fahren Sie eine Dreiviertelstunde durch eine nächtliche Stadt und am Ende findet der Taxifahrer das Hotel erst nach längerer Suche.
Dann springt die Hotelnachtwache raus, reißt die Tür auf und drückt Sie über die Schwelle mitsamt dem Rucksack, den Sie geschultert haben. Vor Ihnen stehen nun drei Motorräder und er bedeutet Ihnen, dass Sie da jetzt drüberklettern müssen, was grade so möglich ist ohne größeren Lärm oder Schaden anzurichten.
Sie stehen nun in der eher eng bemessenen Hotellobby und gleichzeitig vor einem schlafenden Bündel Mensch, das sich direkt vor der Rezeption auf dem Fußboden breitgelegt hat. Darüber müssen Sie auch noch steigen.

Es war halb zwei in der Nacht als ich dann auf dem Bett gesessen bin, ein Bier in der Hand und mich gefragt habe, wo ich eigentlich gelandet bin.



So. Nun müssen wir aber endlich mal loslegen. Mit der Halongbucht. Wenn Sie mal die Googlebildersuche bemühen, werden Sie sehen, was für eine sensationelle Region das ist. Bei Sonnenschein. Ganz ungeschminkt müssen wir hier nun einräumen: Das Wetter war bescheiden. Ziemlich bescheiden. Es nieselte immer wieder, es war kalt und sehr windig. Daher deutliche Punktabzüge bei der Foto-B-Note.



Aber selbst bei schlechtem Wetter und nicht ganz idealer Sicht hat die Gegend noch was. Mysthisch sieht das aus mit den nebelverhangenen Hügeln, die da zu Hunderten und Tausenden aus dem Wasser ragen.





Funktionieren tut die Rumsegelei so: Sie buchen sich 1, 2, 3 oder mehr Tage auf einer Dschunke und haben dann die Auswahl zwischen Superluxus und völlig dubiosen Dumpinganbietern. Letzteres sollten Sie unbedingt bleiben lassen. Einerseits weil bei denen die Besatzung miserabel bezahlt wird, andererseits leidet die Sicherheit und so endete vor ein paar Tagen eine Reise in einer Katastrophe.



Ich bemerke übrigens bei mir mittlerweile eine ziemliche Abneigung gegenüber einem gewissen Teil der Backpackerszene und zwar denen gegenüber, die sich ein Flugticket von -sagen wir mal- 800 oder 900 Dollar kaufen um herzufliegen, dann eine Tour für 200 Dollar buchen, anschließend aber nur Wasser trinken, weil das nämlich umsonst ist, permanent davon sprechen, dass man "on a budget" sei und hinterher noch nicht mal 5 Dollar für die Besatzung (mit der sie 3 Tage unterwegs waren) rausrücken wollen, weil im Lonely Planet stünde, dass Trinkgeld in Vietnam völlig unüblich sei.



Jetzt wird es aber noch Zeit für einen kleinen Exkurs dahin, was in Vietnam mit am meisten genossen werden kann: Essen. Die Küche ist außerordentlich vielfältig und ich habe während meiner Zeit in Vietnam nicht ein einziges mal etwas hingestellt bekommen, das ich nicht für lecker befunden hätte.
Richtig durchgeknallt sind die Vietnamesen aber dann, wenn es um Kunstwerke aus Essen geht. Da wird geschnitzt und gewerkelt und das Ergebnis dessen sieht dann mitunter so aus (eine detailgetreue Nachbildung der Dschunke, komplett aus Karotten, Papaya, Ananas und anderem Gemüse gefertigt):



In der Halongbucht leben seit zig Zeiten Fischer und sie lebten jahrhundertelang das immer selbe Leben auf schwimmenden Dörfern oder in den Höhlen der Inseln. Bis die Zivilisation kam. Das brachte vieles durcheinander. Abfallentsorgung übers Meer funktioniert mit organischen Resten bestens. Fischfutter. Nicht aber mit Plastik. Weil aber der Titel "UNESCO-Weltkulturerbe" für den vietnamesischen Staat aus Tourismusgründen hoch interessant ist, kümmert sich der Staat um die Fischer. Da mag man nun zwiegespalten sein, weil sich die Fischerfamilien mindestens teilweise vom traditionellen Leben verabschieden müssen weil nun täglich Boote mit Touristen umherschippern, andererseits fließen viele Entwicklungshilfegelder -auch aus Deutschland- hier her und kommen durchaus auch an: Schulen, Gemeinschaftshäuser, kleine Krankenstationen und eine bescheidene Fischzucht haben das Leben dort verbessert und ermöglichen zumindest mal Alternativen. Zudem kaufen halbwegs seriöse Dschunkenbetreiber ihren Proviant bei den Fischern.





Aber noch immer unterscheiden sich die Menschen hier von "Durchschnittsvietnam". Schulbildung gibt es nun zwar, aber die endet spätestens mit dem 12. Lebensjahr. Andererseits sind es sehr herzliche Menschen und weit zurückhaltender, ruhiger und entspannter als die Vietnamesen in den Städten.

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