Dienstag, 27. Mai 2008
PC
Mit am lustigsten hierzulande ist die selbstverordnete Political Correctness. Beispielsweise änderte sich das Wörtchen "verhaltensgestört" erst in "verhaltensauffällig", dann in "verhaltensoriginell" und schließlich in "verhaltenskreativ", auch wenn kein Mensch so richtig erklären konnte, was an so manchem Rotzlöffel nun sonderlich originell oder kreativ sein soll.
Irgendwann mal ging man dann auch dazu über, nicht mehr von "Ausländern" zu sprechen sondern von "Mitbürgern mit Migrationshintergrund", was sicherlich die Integrationsdebatte an sich enorm vorangebracht hat.

Ganz besondere Blüten treibt es aber immer dann, wenn es um Rechtsextremismus und Nationalsozialismus geht: Da waren dann Wagnersche Opern allein deshalb verpönt, weil der Adolf seinerzeit Rienzi zu seinem Liebling erklärt hatte und überhaupt der Wagner ohnehin ein ganz, ganz böser Antisemit war (wie man gleichzeitig dennoch Hegel und Kant hochhalten kann, erschloss sich denn doch nicht so recht).
Nun hat die "ZEIT" das "Netz gegen Nazis" ins Leben gerufen. An und für sich eine sehr begrüßenswerte und lobenswerte Initiative. Bedauerlicherweise dürfen dort aber auch allerlei Biedermänner und Trolle ihr Unwesen treiben und diskutieren mittlerweile sehr ernsthaft die Frage, ob man wirklich Anzüge von Hugo Boss tragen darf, weil die a) zu Adolfs Zeiten Wehrmachtsuniformen hergestellt haben und b) auch noch "ss" im Namen tragen.
Hoffentlich geraten nicht demnächst Kai Pflaume und die Klitschkos in Naziverdacht: Ersterer moderiert nämlich einigermaßen regelmäßig die Weihnachtsfeiern von Hugo Boss und die letzteren sind dort immer wieder mal Ehrengäste. Überhaupt hoffe ich mal, dass Horst Mahler kein Biozeugs kauft, weil man sonst das hiesige Warensortiment so einiger Supermärkte komplett verändern müsste.

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Auch wenn mir irgendwelches
Krampfhennen-Gegacker um political correctness auch weitgehend am Allerwertesten vorbei geht: So ganz unnütz finde ich die Debatte um politische Dresscodes nicht. Ich würde auch nicht gern unwissentlich in Plünnen rumlaufen wollen, deren Markenname in der Quersumme 88 ergibt und die deswegen vor allem von Wehrsportgruppen-Spackos auf Heimaturlaub getragen werden. Gerade wenn man schwarz trägt, kann es da ja immer unerwünschte modische Schnittmengen geben.

Aber es bleibt halt auch die Frage, wie weit man diese pseudopolitische Grenzwissenschaft tatsächlich treiben will. Ich denke ja eher nicht, dass jeder, der ein Lonsdale-T-Shirt trägt, den 20. April als Feiertag begeht.

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Man
kann das Ganze auch ein wenig uebertreiben, oder? Ich meine, all diejenigen, die dunnemals in den Achtzigern (war das da?) a-ha gehoert haben, haben die da nicht einen Kult angestossen, da dies auch die Initialen eines kunstmalenden Gefreiten waren? Oder noch schraeger interpretiert: Tollcollect, ist das so eine Art Wiedergutmachung, Geld fuer Autobahnbenutzung zu verlangen? In Deutschland?

Laesst sich beliebig krank fortsetzen...

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Nun, Herr mark, ich sah Sie dereinst bereits im GestapoBikermantel...:-)
Aber mal ernsthaft: Nun geht es mir -ebenfalls sehr schwarz tragendem Menschen- ziemlich ähnlich. Beispielsweise trage ich seit meiner Jugend stets DocMartens-Stiefel und hoffe nun nicht, in irgendeiner Form rechtsradikal in Erscheinung getreten zu sein. Auch würde ich ein gewisses Outfit nun nicht unbedingt tragen wollen.
Ich bin aber auch der Meinung, dass es nicht selten ein Theater ist, um das man viel Popanz veranstaltet. Natürlich gibt es sehr eindeutige Marken, die sehr klar dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnen sind (Bsp.: "Co*nsdaple", "Th*or Stei*nar"). Allerdings eben auch Marken wie Lonsdale, die völlig unabsichtlich -und gegen ihren Willen- zum braunen Bekleidungsstück werden (Lonsdale beispielsweise setzt sich für Kulturinitiativen ein, finanzierte den Christopher Street Day und wirbt mit dem Satz "Lonsdale loves all colours"; nein, ich hab kein T-Shirt besagten Unternehmens bei mir im Schrank, bin auch kein Werber und Geld krieg ich jetzt leider auch nicht).

Letzten Endes ist die braune Suppe im Hirn und nicht an den Füßen.



@pathologe: Bitte verbrat´ dieses Tollcollectdingens und a-ha mal in einem Beitrag. Ich glaube, ich würd mich wegschmeissen. Das klingt jetzt schon reichlich gut.

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Wenn Sie genau hingesehen haben,
werden Ihnen die Springerstiefel auf dem Bild nicht entgangen sein. Und das sind keine Docs (die ich ja immer so ein bisschen als die Birkenstocks unter den Springerstiefeln belächle), sondern doitsche Bundeswehr-Treter. Wie auch immer: Ich habe mir mal sagen lassen, den Unterschied machten die Schnürsenkel: Wer von der Überlegenheit der weißen Rasse überzeugt sei, trage auch weiße Schnürsenkel oder zumindest dunkle mit einem hellen Faden. So genau weiß ich das aber auch nicht. Und meine Frau kriegt sowieso fast jedesmal Schreikrämpfe, wenn ich die Armeestiefel anziehe, völlig losgelöst von der Frage nach kleinen Feinheiten. Dabei treibt sie dann auch weniger die Sorge um meine weltanschauliche Unverdächtigkeit als eher die Überlegung, was werden die Leute denken? Diese Frage treibt mich vergleichsweise wenig um, aber mit einem Donar-Stainer-Hemdchen oder Schwarze-Sonne-Motiv auf dem T-Shirt würde ich ohne Not auch nicht rumlaufen wollen.

Ich hatte eine ziemliche Schwachsinnsdiskussion mal im Bekanntenkreis erlebt. Da hatte der eine grad einen gut erhalten Audi A 6-Firmenwagen von seinem Arbeitgeber günstig privat übernommen, und ein Bekannter (selber Benz-Fahrer) lästerte, boah, Audi, das sei ja die Marke, die gern von Faschos gefahren werde - weil die gehörten ja auch zum VW-Konzern, aber der Bezug zum NS-Regime wäre da nicht ganz so offensichtlich wie bei Volkswagen. Der andere konterte dann, na, und in welcher Automarke ließ sich denn der Gröfaz am liebsten rumkutschieren - also wer von uns beiden fährt das faschistischere Auto?

Diese Diskussion wurde nicht etwa nach ein paar nachgewürzten Selbstgedrehten mit viel Hihi und Hoho geführt, sondern in vollem Bierernst. Ich habe mich da rausgehalten, weil den Schuh mit irgendwelchen längst verrosteten Stuka-Motoren aus dem Hause BMW wollte ich mir nun wirklich anziehen. ;-)

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A pro pos VW: Die "Stadt des KdF-Wagens" wurde von den Alliierten 1945 umbenannt und heißt bis zum heutigen Tage "Wolfsburg". Ob nun versehentlich oder doch nicht so ganz, in jedem Fall ließ sich der Gröfaz auch ganz gern "Wolf" nennen....

PS: Das mit den Docs war jetzt gemein :-)

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Wobei ich ja gerne zugebe,
dass die Docs ne Spur schicker sind als meine Armee-Stiefel. Es ist nur so: Meine Ex hat in den Jahren unserer Zweisamkeit etliche Paare Docs komplett verschlissen, während meine zwei Paar Treter schon Jahre vorher den Grundwehrdienst überlebt hatten und jetzt nach einem Vierteljahrhundert Lebensdauer immer noch gut in Schuss sind. Von daher kann ich den Kult um die Docs nicht so ganz nachvollziehen.

Mit dem Stichwort "Wolf" bringen Sie mich nun doch in leichte Verlegenheit, wenn ich an meine Hans-Wolfshaut-Jacke denke. ;-)

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Stimmt. Nach etwa 3-5 Jahren tägliches Dauertragen sind die Docs durch: Sohle zu dünn oder das Leder oder die Naht hält nimmer. Allerdings verfüge ich nicht über diese BW-Stiefel. Ich verweigerte seinerseits den Dienst an der Knarre. Ich könnte allerdings einen Original-Radiowecker bieten, der mich seit 15 Jahren weckt. Sponsored by Ziviarbeitgeber für 15 Monate unfallfreies wie strafzettelfreies Fahren als Bürozivi.

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Zugegeben,
toll collect und a-ha kommen nicht drin vor. Aber das hier geht schon stark in die Richtung, oder?

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Was
mache ich dann nur mit meinem Parfuem?

Und ja, wer hat denn damals die Volljaehrigkeit mit "18" eingefuehrt? Da bekommt das SPD-Rot aber einen gehoerigen braunen Stich.

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Herr mark, das ist schon mal richtig großartig. Vielleicht könnten wir ja auch den 20. April ersatzlos abschaffen und Jahre, in denen 1,4 und 8 vorkommen, finden auch nicht mehr statt.

@pathologe: Wegkippen, einfach nur wegkippen das Parfümzeuchs. Geht ja nich an das. Nachher riecht man noch wie Udo Voigt und ich glaube, das ist wenig erstrebenswert.
Und demnächst wird das Alter nicht mehr mit "18" angegeben sondern nach "17" folgt "Volljährigkeit" und dann "19"

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Wie sprach dereinst Sigi Zimmerschied: Die Satire sei nicht in der Lage, die Realität einzuholen. Das war vor rund dreißig Jahren. Aber damals gab's ja auch noch kein Bio, das Horst Mahler hätte kaufen können. Der hatte zu dieser guten alten Tante Zeit bekanntlich anderes zu tun.

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Sehr schön gesagt.
Horsti wusste damals zwar noch nicht, dass er national war, aber immerhin war er bereits sozial und der Antisemitismus ist zumindest beim Horsti doch ziemlich latent.

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Mist, demnach stinke ich an manchen Tagen nach Nazi ;o)

Aber wer weiß, wie lange es Hugo Boss noch geben wird - die leiden momentan unter einer kleinen Heuschreckenplage ;o)

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Unter uns: Ich stink auch öfter nach Nazi und noch schlimmer: Den Frauen gefällt der Nazigestank scheint´s.

Ansonsten hat Hugo schon ziemlich viel er- und überlebt. U.a. auch einen betrügenden Japaner, der dann irgendwann hinter Gittern saß, ehe man dann zu Marzotto kam (und dann über Umwegen bei Permira landete). Einen großen Reibach haben auf jeden Fall die Holys gemacht als ursprüngliche Besitzer. Seinerzeit sprach man von etwa 700 Mio. DM zwar, aber das reicht auch so einigermaßen für ein halbwegs ordentliches Leben.

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Also Kant als Antisemiten zu bezeichnen finde ich ja ziemlich unpassend, da er lediglich ein paar jüdische Klischees bediente. Natürlich bemüht man da gerne die Vertreter des deutschen Idealismus, die ja heute eh nicht mehr hoch angesehen sind. Interessieren würde es mich eher, ob in diesem (relativ) neuen Lutherfilm auch seine Aufforderungen zum Abbrennen der Synagogen und Austilgung der Juden auftauchen. Naja, diesen "sympathischen" Grobianismus blendet man heute lieber aus. Gerade historische Wahrnehmung ist nunmal höchst selektiv. Also kann man sich letztlich aussuchen, wen man doof findet. Damenwahl!

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Den von mir sehr verehrten Kant würde ich auch keinesfalls als Antisemiten hinstellen wollen. Nur ist es in weiten Teilen ziemlich unbekannt, was für Sätze über die Juden die meisten Aufklärer haben fallen lassen. Kinder ihrer Zeit eben und selbst ein Luther kann nicht für den Holocaust verantwortlich gemacht werden. Zwischen Wort und Tat besteht ein Unterschied und Luther lebte ein paar Jahre vor Adolf.

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Versuche mich gerade an einem Text über Wort und Tat. Ja, was für ein Gemeinplatz Antisemitismus war und im Grunde auch noch ist wird oft verkannt. Ganz zu schweigen von strukturellem Antisemitismus. Aber das will eigentlich auch niemand hören...

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Interessant finde ich auch die in einigen linken Kreisen verbreitete These, Antisemitismus sei ein rein rechtes Merkmal und linkerseits schon quasi per Ideologie ausgeschlossen....

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Deswegen beschimpfen sie die Israelis auch als Nazis und sind der Meinung die Bonzenschweine an die Laternen hängen zu müssen...

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