Montag, 25. Juli 2011
Das Tal
Es ist ein enges Tal. Enge Täler haben den Nachteil, dass wenig Licht hineinkommt und es später hell und früher dunkel wird. Sie haben den Vorteil, von bewaldeten Wänden umgeben zu sein, die ihre Tapete entlang der Jahreszeit wechseln und mal grün, mal bunt, mal braun, mal weiß sind.


Dafür, dass es nicht so wirklich seine Hochburg ist wurde er sehr freundlich empfangen und ich bin wirklich froh, ihn zu sehen und nicht das wurstige Mopsgesicht mit den Schweinebäckchen

Enge Täler produzieren aber auch häufig engstirnige Menschen, deren Horizont endet, wo das Tal weiter wird, weshalb die meisten irgendwann mal das enge Tal verlassen, wie ich es auch getan habe. Nicht allein wegen der Engstirnigen, aber durchaus auch. Wegen Typen wie diesem Hampelmann in grün, der mich nicht die 200 Meter Straße zu meinem ganz persönlichen Parkplatz fahren lassen wollte und auch mein Kompromissangebot im näxxten freien Parkplatz einzuparken ablehnte. Es wären -ungelogen- 3 Meter gewesen. Es endete dann damit, dass ich ihn verdattert stehen ließ und einfach durch seine Sperre durchgefahren bin, er das umgehend per Funk petzen musste, was aber auch sein gutes hat, weil er so nicht gehört hat, dass ich -ihn duzend- im Vorbeifahren einen kleinkarierten Uniformfurzer genannt habe.


Stilecht und richtig traditionell wäre barfuß übers frisch gemähte Stoppelfeld mitsamt blutigen Füßen. In neuen Zeiten gehts auch in Turnschuhen übern Kunstrasen

Ich kehre trotzdem gerne in das enge Tal zurück. Das liegt daran, dass es dahin noch Beziehungen gibt und es liegt auch daran, dass es dort ein paar wirklich schöne Plätze mit grandiosem Blick gibt und ich das einfach mag. Man kann dort unendlich wandern und Photos machen bis der Akku leer ist.



Es gibt einen Tag, da kehren alle zurück in das enge Tal, auch wenn sie sonst nie zurückkehren und wahrscheinlich versteht man das auch nur, wenn man in dem engen Tal aufgewaxxen ist. Ein Tag alle zwei Jahre ist sowas wie Nationalfeiertag und dann trifft man all die anderen Andreasse, Stefans, Thomasse und Michaels wieder, die sich mittlerweile in die ganze Welt zerstreut haben, mit denen man aber den gleichen Klassenraum geteilt hat.



Ich kann es eigentlich nicht so recht erklären weil mir sonst der Volksmusikklimbimkladderadatsch völlig abgeht. Das ist für mich ansonsten so interessant wie Hühnerkacke in Papua-Neuguinea. Aber das muss eben sein.



Es mag vielleicht damit zusammenhängen, dass viele von uns -mich eingeschlossen- heute ein völlig anderes Leben führen und insgeheim froh sind, dass den Volkstumspart und die Traditionspflege andere für uns übernehmen, es mag die Tradition sein, vielleicht hat es auch mit irgendwelchen Kindheitserinnerungen zu tun oder irgendeinem diffusen Heimatbegriff. Letzten Endes kann ich nicht erklären, was mich da alle zwei Jahre hinzieht, aber hin muss ich wohl. Kann sein, dass es die sehr profane Melodie ist, bei der ich Gänsehaut kriege. Enges Tal halt...

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Prostituierte
Ich weiß, dass es schwierig ist, über manche Dinge zu schreiben. Es gibt unbeschreibliches und vielleicht sollte man sich dann einfach auch mal etwas zurücknehmen. Auch dann, wenn man das alles beruflich macht und irgendwie verdammt dazu ist, sich Zeilen aus den Tasten zu saugen. Zumindest könnte man mal bei der Wahrheit bleiben. Oder wenigstens ordentlich googeln.

Und nun sind wir in Norwegen und allein bei der Erwähnung des Landesnamens laufen zur Zeit nun die Assoziationen auf einen einzigen Kanal und wahrscheinlich zeigt allein das, um welch monströses Verbrechen es sich handelt, einmal die nackten Fakten abseits gelassen.

Wie schon früher bei ähnlich schockierenden Ereignissen wie Winnenden oder Loveparade habe ich nun das Gefühl, medial völlig überbedient zu sein. Irgendwo muss es da wohl einen Chefredakteur geben, der ein paar Knechten befiehlt, möglichst viele vermeintliche Fakten zusammenzutragen, so genau schaut da hinterher ohnehin kein Zuschauer richtig drauf, so das Motto. Und hinterher setzen sich die Knechte an die Laptops und googeln, so richtiges recherchieren ist ohnehin völlig oldschool. Die Ergebnisse dessen liegen dann mitunter so etwa zwischen katastrophal, hochspekulativ, absurd bis lustig und ich frage mich zuweilen, wo das kleines bißchen Berufsethos geblieben ist, das man als Journalist haben kann.

In diesem Fall las ich in den letzten 36 Stunden nun so ziemlich alles zwischen christlicher Fundamentalist bis Neonazi.

Es mag ja sein, dass da durchaus ein Treffer dabei sein mag, irgendwie funktioniert das ja scheint's nach dem Try-and-Error-Prinzip. Es ist halt ergooglet. Die können nicht mehr als ich kann. Oder jeder, der das Internet zu bedienen weiß. Sie können eher weniger. Es sind eher die vermeintlichen Beweise von Leuten, die irgendwann mal davon gehört haben, dass es das Internet gibt, in Wirklichkeit aber viel lieber mechanische Schreibmaschinen bedienen und ihre Manuskripte am liebsten mit Tipp-Ex vollschmieren.
Da muss eine Facebookseite als Beweis für die Motive herhalten mitsamt dem Hinweis, der Täter habe World of Warcraft gespielt und dabei handele es sich um ein Killerspiel. Nun spiele ich das genannte Spiel nicht und bin auch überhaupt kein Experte diesbezüglich, aber selbst drittklassigen Googlern könnte unschwer entgangen sein, dass das kein Ballerspiel ist und dass man nicht unbedingt etwas dauerhaft spielen muss, nur weil man das bei Facebook angibt. Noch etwas weiter vereinfacht bleibt dann als Hauptrisikogruppe: Weiß, männlich, war mal im Internet surfen.

Dazwischen dann Elmar Theveßen, hauptberuflicher Terrorexperte, der alles erklärt. Es fehlt nur Peter Scholl-Latour mit der Bemerkung, dass er mal mit ein paar Wikingern Tee trinken war.

Damit wären wir dann beim Kern des Themas: Der Onlineauftritt des Täters wird nun herangezogen als Quelle. Und die allerwenigsten Medien fragen sich, ob es nicht die letzte Werbeshow des Täters war. Eine Art Aushängeschild wie er gesehen werden möchte. Die Frage könnte man sich zumindest einmal stellen, wenn die Seite erst ein paar Tage vorher online ging. Wenige nur stellen sich die Frage, was davon wirklich real ist und was davon blankes Gepose.

So. Ich habe nun nicht vor, einen Amoklauf zu begehen, davon bin ich so weit entfernt wie vor der Ernennung zum russischen Präsidenten, aber ich habe nun einfach mal etwas gemacht, das ich nie vorhatte: Einen Facebookaccount kreiert. Damit die Welt etwas hat, das sie post mortem mit mir in Verbindung bringen kann. Bitteschön, here I am:

Facebookprofil (mitsamt 6 neuen -völlig fremden- Freunden innert 12 Minuten)

Das reicht natürlich nicht, es braucht auch noch einen Twitteraccount mit dramatischen Zitaten und tiefgründigen Messages. Haben wir jetzt auch:

Twitter

Und nun darf die gesammelte Journaille da einmal drüber gehen. Für den Fall, dass ich irgendwie mal irgendwo bekannt werden sollte. Als nichtüberlebender Passagier eines Flugzeugabsturzes etwa. Oder sonstwas. In jedem Fall taugen Twitter und Facebook als letzte Vermächtnisse und das ist meins.

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