Donnerstag, 5. Februar 2009
Iran
Ich muss es endlich gestehen: Ich bin iranophil. Ich mag den Iran. Also nicht diese Theokratenidiotenmullahs, die Halbwüchsige an Baukränen aufknüpfen, viel mehr das Land, seine Leute und seine Geschichte und die Geschichte ist wirklich sehr imposant. Land und Leute auch. Ich war schnell sehr beeindruckt und das lag zuerst mal an Abbas, der ja ganz anders heißt, aber Abbas war mal mein Nachbar, überzeugter Oppositioneller und der meinte irgendwann tatsächlich, ich sei einer der ihren, was ich wiederum als Kompliment empfand, weil ich mich damals -von Abbas auch ausgelöst- schon intensiv für die iranisch-persische Geschichte interessiert habe. Ganz kurz: Wir haben uns hochgeschaukelt: Er war der iranische Dissident im Exil und ich war sowas wie der besessen Interessierte, der den richtigen Perser in den Fakten teilweise überholt hatte. Er war die Seele, ich das Hirn. Er fütterte mich mit der iranischen Seele, ich ihn mit den Zahlen, Fakten und Daten. Abbas Frau hingegen fand das alles nur semioptimal, weil sie es reichlich nervend fand, wenn wir bis nachts um 3 Schach spielten, uns über Persepolis unterhielten und dabei zuviel Wein tranken. Um es kurz zu machen: Wir ergänzten uns perfekt.

Ich habe dann irgendwann mal kapiert, dass der Iran zuerst mal ein Vielvölkerstaat ist: Perser, Araber, Aseris, Kurden, Belutschen, zudem mit jüdischen, christlichen und zoroastrischen Minderheiten. Dann habe ich irgendwann mal verstanden, wie tief verwurzelt der Märtyrermythos in der iranischen Gesellschaft ist. Das Blut der Märtyrer sei der Nährboden der Gesellschaft, sagen die Kleriker. Wenn Deutschland eine Jammernation ist: Der Iran ist eine aufs Jenseits ausgerichtete Leidensnation.
Danach habe ich begriffen, dass die Iraner nun wirklich überhaupt nicht dem Mullahregime anhängen, dass sie aber zuerst mal Patrioten sind und wenn dann eine gegnerische Armee einmarschieren würde, sich auch der alleropppositionellste Regimegegner -selbst der überzeugte Demokrat und Mullahhasser Abbas- hinterm Vaterland versammeln würde.

Ein Nebenprodukt des Ganzen ist das Interesse an der iranischen Kunst und Kultur. Beispielsweise ist die Bloggerei im Iran sehr viel ausgeprägter als hier, wesentlich bedeutsamer und einflußreicher. Und auch viel gefährlicher. Hier muss sich keiner Gedanken machen, was er online setzt, dort hingegen sehr wohl. Hier geht es um Abmahnungen, dort darum, nicht im Evin zu landen.
Dann gibt es beispielsweise die Filme von Mohsen Makhmalbaf oder Comics von Marjane Satrapi etwa.

In letzter Zeit interessieren mich aber die Fotographen. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich seit einiger Zeit generell etwas mehr für Geknipse interessiere. Javad Montazeri etwa. Oder auch Parastou Forouhar, im deutschen Exil lebend, deren Eltern Oppositionspolitiker waren und vor 10 Jahren von Staats wegen "Unbekannten" brutalst ermordet wurden.
Und bei Amirali Ghasemi hält man die "rausgeschnittenen" Gesichter vielleicht anfangs noch für eine Art künstlerisches Element. Diese Vorstellung endet, wenn man weiß, dass es besser ist, wenn die Frauen zum eigenen Schutz nicht erkannt werden. Künstlerische Interpretation in einem unfreien Land.

   ... Art
  ... link [24 Kommentare]   ... comment