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Mittwoch, 25. März 2009
Ich hab ja eigentlich immer Überschriften, aber dieses Mal fällt mir nichts besseres ein, drum muss das als Überschrift herhalten
gorillaschnitzel, 02:19h
1994 hatte ich die Gelegenheit, Geschichte live mitzuerleben. Die Gelegenheit hatte ich auch schon in den Jahren ´89/´90, aber da war ich noch jung und naiv. Das war ich zwar auch 5 Jahre später noch und selbst heute lauf ich nun älter geworden mit einer der Eigenschaften über den Planeten, aber 1994 habe ich gelernt, dass erstens Geschichte nicht zwangsläufig gut ausgehen muss, wie ich ´89/´90 noch geglaubt hatte und dass zweitens Geschichte aus mehr besteht als aus zusammengeschnittenen Fernsehschnipseln im Zeitraffer.
1994 war ich zum ersten Mal in Südafrika und das war eine interessante und spannende Zeit. Im Radio dudelte den ganzen Tag Eddie Grants "Gimme Hope Jo´anna", die Apartheid war wohl schon abgeschafft, aber man sah teilweise immer noch Schilder auf Parkbänken, auf denen man "whites only" lesen konnte und ein "colored" glotzte mich ganz seltsam von der Seite an, weil ich ihm völlig unbewusst die Tür aufgehalten hatte.
Die Stimmung war seltsam, weil keiner so recht wusste, was wohl passieren würde, wenn Mandelas ANC nach der Wahl an der Regierung sein würde. Zumindest der Wahlsieg des ANC war damals einigermaßen klar, das war aber beinahe schon das einzige. Die Apokalyptiker -und es gab viele Apokalyptiker in diesen Zeiten: Gut saturierte Britenrentner die in einer Art Spätimperialismus sich von Indern den Tee zubereiten ließen, weiße Südafrikaner, die befürchteten, mit den Schwarzen bräche der Kommunismus aus und die indische Minderheit Durbans, die befürchtete, ihre Discos würden jetzt auch von Weißen und Schwarzen aufgesucht- faselten vom Bürgerkrieg und wie zur Bestätigung schossen in Natal Inkathamitglieder eine ANC-Demo nieder, während ich 800 Meter weiter im Hotelzimmer saß und nichts davon mitkriegend, mich bei "Derrick" auf Zulu über Harrys Schnalzlaute scheckig lachte. Gut, es könnte auch Xhosa gewesen sein.
Am meisten bedroht fühlten sich die Weißen und darunter diejeniegen, die am vehementesten an der alten Ordnung festhalten wollten: Die Buren, die sich selbst auch Afrika(a)ner nannten. Auch da wahrlich nicht alle, aber man traf in jenen Zeiten nicht wenige, die wirklich klassisch in das Rollen- und Klischeebild passten und die eine Mischung aus Amish People und völkischem Nationalismus ins ausgehende 20. Jahrhundert gerettet hatten: Das Selbstverständnis bestand aus Farmen in den weiten Ebenen Transvaals, Khakikleidung, andauerndem Widerstands- und Überlebenskampf gegen Engländer und/oder "Kaffir" (vulgo Neger), heroischen Gesten und dem Gefühl der Überlegenheit des "Boerevolks" gegenüber allen anderen.
Die Extremsten unter ihnen fanden sich in der "Afrikaner Weerstandbeweging" wieder, die sich von den Nazis allenfalls darin unterschied, dass aus der Swastika ein Zacken entfernt und somit eine Triskele geworden war. Sie hatten schon ein dreiviertel Jahr zuvor die Tagungsstätte in der über das Ende der Apartheid verhandelt wurde mittels Panzerwagen gestürmt und erreicht, dass sie ungestraft wieder abziehen durften. Auch sonst bestand das Verhältnis zwischen den Burennazis und dem südafrikanischen Staat eher in "Leben und leben lassen" und das hat den Trupp dann größer und einflußreicher erscheinen lassen, als er war.
Der Führer (und das kann man nun bedenkenlos als Analogie lesen) war wohl der Ansicht, man könne mit schierer Gewalt den unvermeidlichen Lauf der Dinge doch noch ändern und so kam es dann im März 1994 zum großen Showdown in Bop. "Bop" klingt erstmal lustig, steht aber als Kurzform für Bophutatswana und ein damaliges Homeland, das wieder in den südafrikanischen Staat reintegriert werden sollte, was wiederum der damalige Präsident von Bop verhindern wollte, weil er zurecht um seine Pfründe fürchtete.
Es fand sich dann die seltsame Konstellation aus Afrikaner Weerstandsbeweging und schwarzen, korrupten Homeland-Fanatikern, die gegen die südafrikanische Regierung und Bophutatswana-Oppositionellen standen. Das Ergebnis waren hunderte Buren, die 2 Tage lang mit ihren Pickups im Konvoi durch die Straßen fuhren und wahllos auf alles schossen, was ihnen in den Weg kam. Sie nannten es "kaffirskiet piekniek", Kafferschießenpicknick. Dutzende Tote. Ein Tag, an dem der südafrikanische Rassismus seine allerdreckigste Fratze zeigte.
Es war aber auch der Tag, an dem selbst den hartnäckigsten Rassisten klar wurde, dass es mit der Vorherrschaft einiger Rassisten über die Mehrheit endgültig vorbei sein würde:
Es war der Tag, an dem Polizisten ein Auto des Konvois mit Schüssen stoppten, Nicolaas Fourie tot aus dem Auto fiel, zwei verletzte Buren aus dem Auto krochen, im Dreck lagen und von Journalisten interviewt wurden und Alwyn Wolfaardt aus Naboomspruit den Journalisten bestätigte, er und seine beiden Kameraden seien von der AWB und bat, man möge endlich einen Doktor holen, während Jacobus Uys seine Rassismustiraden erst dann einstellte, als er Gewehre sah und es war der Tag, an dem ein schwarzer Polizist hinzutrat und vor laufenden Fernsehkameras eben jene Buren erschoss und es war der Tag, an dem diese Bilder in den Hauptnachrichten Südafrikas in voller Länge ausgestrahlt wurden. Der Tag, an dem die Rassistenbewegungen der Buren endgültig verloren hatten.
Und es war der Tag, an dem ich zum ersten Mal solche Bilder gesehen habe.
1994 war ich zum ersten Mal in Südafrika und das war eine interessante und spannende Zeit. Im Radio dudelte den ganzen Tag Eddie Grants "Gimme Hope Jo´anna", die Apartheid war wohl schon abgeschafft, aber man sah teilweise immer noch Schilder auf Parkbänken, auf denen man "whites only" lesen konnte und ein "colored" glotzte mich ganz seltsam von der Seite an, weil ich ihm völlig unbewusst die Tür aufgehalten hatte.
Die Stimmung war seltsam, weil keiner so recht wusste, was wohl passieren würde, wenn Mandelas ANC nach der Wahl an der Regierung sein würde. Zumindest der Wahlsieg des ANC war damals einigermaßen klar, das war aber beinahe schon das einzige. Die Apokalyptiker -und es gab viele Apokalyptiker in diesen Zeiten: Gut saturierte Britenrentner die in einer Art Spätimperialismus sich von Indern den Tee zubereiten ließen, weiße Südafrikaner, die befürchteten, mit den Schwarzen bräche der Kommunismus aus und die indische Minderheit Durbans, die befürchtete, ihre Discos würden jetzt auch von Weißen und Schwarzen aufgesucht- faselten vom Bürgerkrieg und wie zur Bestätigung schossen in Natal Inkathamitglieder eine ANC-Demo nieder, während ich 800 Meter weiter im Hotelzimmer saß und nichts davon mitkriegend, mich bei "Derrick" auf Zulu über Harrys Schnalzlaute scheckig lachte. Gut, es könnte auch Xhosa gewesen sein.
Am meisten bedroht fühlten sich die Weißen und darunter diejeniegen, die am vehementesten an der alten Ordnung festhalten wollten: Die Buren, die sich selbst auch Afrika(a)ner nannten. Auch da wahrlich nicht alle, aber man traf in jenen Zeiten nicht wenige, die wirklich klassisch in das Rollen- und Klischeebild passten und die eine Mischung aus Amish People und völkischem Nationalismus ins ausgehende 20. Jahrhundert gerettet hatten: Das Selbstverständnis bestand aus Farmen in den weiten Ebenen Transvaals, Khakikleidung, andauerndem Widerstands- und Überlebenskampf gegen Engländer und/oder "Kaffir" (vulgo Neger), heroischen Gesten und dem Gefühl der Überlegenheit des "Boerevolks" gegenüber allen anderen.
Die Extremsten unter ihnen fanden sich in der "Afrikaner Weerstandbeweging" wieder, die sich von den Nazis allenfalls darin unterschied, dass aus der Swastika ein Zacken entfernt und somit eine Triskele geworden war. Sie hatten schon ein dreiviertel Jahr zuvor die Tagungsstätte in der über das Ende der Apartheid verhandelt wurde mittels Panzerwagen gestürmt und erreicht, dass sie ungestraft wieder abziehen durften. Auch sonst bestand das Verhältnis zwischen den Burennazis und dem südafrikanischen Staat eher in "Leben und leben lassen" und das hat den Trupp dann größer und einflußreicher erscheinen lassen, als er war.
Der Führer (und das kann man nun bedenkenlos als Analogie lesen) war wohl der Ansicht, man könne mit schierer Gewalt den unvermeidlichen Lauf der Dinge doch noch ändern und so kam es dann im März 1994 zum großen Showdown in Bop. "Bop" klingt erstmal lustig, steht aber als Kurzform für Bophutatswana und ein damaliges Homeland, das wieder in den südafrikanischen Staat reintegriert werden sollte, was wiederum der damalige Präsident von Bop verhindern wollte, weil er zurecht um seine Pfründe fürchtete.
Es fand sich dann die seltsame Konstellation aus Afrikaner Weerstandsbeweging und schwarzen, korrupten Homeland-Fanatikern, die gegen die südafrikanische Regierung und Bophutatswana-Oppositionellen standen. Das Ergebnis waren hunderte Buren, die 2 Tage lang mit ihren Pickups im Konvoi durch die Straßen fuhren und wahllos auf alles schossen, was ihnen in den Weg kam. Sie nannten es "kaffirskiet piekniek", Kafferschießenpicknick. Dutzende Tote. Ein Tag, an dem der südafrikanische Rassismus seine allerdreckigste Fratze zeigte.
Es war aber auch der Tag, an dem selbst den hartnäckigsten Rassisten klar wurde, dass es mit der Vorherrschaft einiger Rassisten über die Mehrheit endgültig vorbei sein würde:
Es war der Tag, an dem Polizisten ein Auto des Konvois mit Schüssen stoppten, Nicolaas Fourie tot aus dem Auto fiel, zwei verletzte Buren aus dem Auto krochen, im Dreck lagen und von Journalisten interviewt wurden und Alwyn Wolfaardt aus Naboomspruit den Journalisten bestätigte, er und seine beiden Kameraden seien von der AWB und bat, man möge endlich einen Doktor holen, während Jacobus Uys seine Rassismustiraden erst dann einstellte, als er Gewehre sah und es war der Tag, an dem ein schwarzer Polizist hinzutrat und vor laufenden Fernsehkameras eben jene Buren erschoss und es war der Tag, an dem diese Bilder in den Hauptnachrichten Südafrikas in voller Länge ausgestrahlt wurden. Der Tag, an dem die Rassistenbewegungen der Buren endgültig verloren hatten.
Und es war der Tag, an dem ich zum ersten Mal solche Bilder gesehen habe.
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