Montag, 12. Januar 2009
Eiszapfen
Jede Jahreszeit hat ihre Farben und deshalb bin ich über die permanente Veränderung auch froh, auch wenn ich so einige Wetterlagen dann doch etwas lästig finde. Im Winter beispielsweise gibt es diesen Rotstich im Braun der Bäume, besonders dann, wenn es saukalt ist und dann auch noch die Sonne scheint. Vielleicht hat es auch nur mit der Tageszeit zu tun, oder aber ich in früheren Leben besser auf den Genuß einiger vermeintlich bewußtseinserweiternder Produkte verzichten sollen, aber ich zumindest behaupte: Dieses rotbraun gibts nur im Winter und bei einer bestimmten Sonneneinstrahlung.



Überhaupt ist die Natur am ehesten geeignet, rauschhafte Orgien zu produzieren: Farben, Gerüche, Wurzelwerk von Bäumen auch mal überirdisch beispielsweise.




Wenn es schweinekalt ist, ist das gleichzeitig die beste Voraussetzung, das Hirn mal wieder abzukühlen. Ziel heute: Ein Wasserfall. Besser gesagt: Mein Wasserfall. Er gehört mir zwar nicht wirklich, aber ich war da so oft dort, dass da irgendwie Ansprüche draus entstanden sind. Ich glaube, das Teil zu kennen: Von unten, von oben, von der Seite.


Lange Zeit hielt ich den Wasserfall für nichts weiter besonderes und wunderte mich, weshalb das ein so häufig besuchtes Ausflugsziel ist. Ich glaube ja, dass es möglich ist, einen Schulabschluss zu erlangen, ohne je ein Buch gelesen zu haben, ich glaube aber nicht, dass es auch nur ein Baden-Württemberger-Kind mit Schulabschluss gibt, das nicht irgendwann mal in den mindestens 9 Jahren Schule sich hat diesen Wasserfall anschauen müssen.



Aber wie es sehr häufig ist: Wenn man das Dingens mehr oder minder vor der Haustüre hat, weiß man es nicht so wirklich richtig zu schätzen. Man ist zwar häufig dort, aber ein bißchen verliert es an der Besonderheit.
Während verschiedenen Touren und Reisen sieht man dann gewaltigere Fälle und das reduziert dann die Besonderheit noch ein kleines bißchen. Nie aber die Faszination.



Dann aber hat irgendeiner Wikipedia erfunden und eine gelangweilte Wiki-Ameise hat sich in stundenlanger Arbeit drangemacht, sämtliche Wasserfälle Deutschlands zu katalogisieren und ich habe gelernt, dass es in Deutschland zwar viele Wasserfälle gibt, aber die meisten eher kleinere Wasserstürze von einigen Meterchen sind und die wenigsten davon 40 Meter freie Fallhöhe haben, wie der meinige und erst recht nicht eine Gesamthöhe von 80 Metern. Schon gar nicht außerhalb der Alpen.


Ich kenne den Wasserfall im Sommer, im Frühling, im Herbst und im Winter. Sehr dünn ist er in den Hitzeperioden, mächtig imposant während der Schneeschmelze.
Ganz besonders aber ist er dann, wenn es kalt ist. Richtig kalt. Saukalt. Schweinekalt. Und das über Wochen hinweg. Dann nämlich friert er zu. Manchmal auch komplett. Das allerdings ist ein seltenes Erlebnis, weil es dazu eine immense Kälte braucht, die es eben eher im alpinen Bereich ab einer gewissen Meereshöhe gibt.



In den letzten 35 Jahren ist er nur zwei Mal komplett zugefroren und die Sache mit der Klimaerwärmung erhöht die Wahrscheinlichkeit auf weitere Eiszapfenerlebnisse nun nicht unbedingt.
Ich war ja der Meinung, die Kälte der letzten Wochen könnte gereicht haben, aber das war ein Irrtum. Nur Teileiszapfen mit Restfontäne...



Und dann machte ich mich an den Aufstieg und schon beim Hochklettern merke ich: Falsche Schuhe.
Regel 1 beim Wasserfallerklettern: Dont try in DocMartens.
Die Stufen sind völlig vereist, weil sie nämlich ganzjährig feucht sind und dann eben zugefrieren. Dann noch Schnee drauf und fertig ist die Stolperfalle. Und Regel 2: Hoch ist leichter als runter.
Aber für ein halbwegs gutes Foto begebe ich mich leichtsinnigerweise auch mal in Todes-Hals- und Beinbruchgefahr.

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