Mittwoch, 17. Dezember 2008
....wie schwierig es ist, anstängig groß zu werden (und was überhaupt ist "anständig")
Ich glaube, dass wir im 20. Jahrhundert vieles hätten lernen können. Zum einen die Tatsache, dass wir alle uns in vielerlei moralischer Fragen nicht wesentlich weiterentwickelt haben vom Römischen Reich und den alten Griechen. Sonst wären Massenvernichtungskriege in diesem Jahrhundert wohl kaum denkbar gewesen.

Wenn es aber grundlegende Reformen gab, Erkenntnisse, die wir zuvor nicht hatten, dann war das neben den Sigmundfreudschen Erkenntnissenn über die menschliche Seele speziell und den Feminismus explizit

a) die Entdeckung der Kindheit und

b) die Erfindung der Jugend

Dies ist und war: Bahnbrechend. Aber ehe wir uns nun auf den Lorbeeren ausruhen:
Wir sind auf dem allerbestem Wege, beides abzuschaffen.


Kindheit:

Kinder als solche wahrzunehmen und als solche zu behandeln war einmal ein große Errungenschaft. Es ist -weltgeschichtlich- nur ein Wimpernschlag her, als Kinder im mittelenglischen Bergbau durch Schächte gekrochen sind. Es ist heute aber auch Tatsache, dass wir Säuglingen Klamotten anziehen, die für Erwachsene bestimmt sind und diese dann im Alter von 3 Jahren in Frühenglischkurse stecken und "nur das Beste" für sie wollen.
Mal ehrlich: Wir begreifen Kinder als "etwas besonderes" -herausgestellt und einzigartig im Leben-, etwas, das sie nie waren, nicht sind und nie sein werden, begreifen sie nicht selten als "Projekt" und trimmen sie schon im Alter von 6, 8 und 10 Jahren für den "Wettbewerb da draußen", weil im Dreckkapitalismus eben für die spätere Karriere entscheident ist, ob man im Alter von 9 Jahren eine 3 in Mathe hat oder nicht und wir diskutieren mit 4jährigen beim Bäcker, ob es es nun eine Laugensemmel sein soll oder doch besser das Mehrkornbrötchen oder vielleicht eventuell die Milchschnitte oder HubbaBubba.


Jugend:

Eine herrliche Erfindung! Dafür müsste man noch heute diverse Preise verleihen. Eine Lebensphase des Genusses und der Unbeschwingtheit, des Ausprobierens und des Fragens. Ein Arbeitssoziologe könnte postulieren wollen, dass diese Phase deshalb erfunden wurde, weil eben weniger Arbeitskräfte verlangt wurden. Sei´s drum. Wir alle kamen in den Genuss des Nichtstuns und der Muse qua Extratouren und Studium.
Und heute? Jung wollen wir alle sein und deshalb dehnen wir "Jugend" aus von früher 14 bis 20 auf grob 10 bis 65 und fühlen uns alle auch mit 57 noch jugendlich und toll und jung. Wir tragen diesselben Klamotten wie unsere Kinder (wofür uns selbige eines Tages hassen werden), gehen mit den Töchtern zwecks Pille zum Frauenarzt auch wenn sie erst 11 sind, sind ohnehin die besten Freunde unserer Kinder (wofür sie uns auch hassen werden) und sind sowieso immer jung.


Mein persönliches Fazit: Ich bin froh, dem Kindes- und Jugendalter weit entwachsen zu sein.

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Ich schliesse mich deinem Fazit an, verweise aber darauf, dass ich, rein gedanklich, gar nicht so alt werden möchte, wie manche sich geben. (Hab ich diesen Satz nicht schon mal im Cove erwähnt?) Egal.

Will heissen: Eine gewisse kindliche Art will ich mir bewahren. Empfinde es im Augenblick als sehr nachteilig, dass ich sie nicht so ausleben kann, wie ich es gerne möchte. Wirklich.

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Ich gebe es jetzt und hiermit zu: Ich habe mir eine kindliche Art bewahrt. Ich habe beispielsweise eine Badenwannenente und finde das nicht peinlich. Mann im Kind, oder: Erwachsen und Kind bleiben...

...das ist die Kunst (und ich glaube ja: Das kannst du gut)

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Ich habe auch
eine Badewannenente. Und wie die aussieht, wissen Sie sogar. Da bin ich fast sicher.

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Da fällt mir der Spruch meiner Cousine ein. Ihre Tochter quengelt und will irgendwas, Cousine sagt nein und Tochter mault zurück "Du hast mich nicht lieb, Du bist nicht mehr meine Freundin!" Die Antwort meiner Cousine war "Ich bin nicht Deine Freundin, ich bin Deine Mutter." Thema beendet und die Kleine guckte doof. Fand ich gut.

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Das persönliche Fazit
würde ich exakt genauso unterschreiben.

Etwas Unbehagen verspüre ich bei der weiter oben herauszulesenden Gleichsetzung von Englischkursen für Kids und elterlicher Überambition. Das scheint mir aus der Nähe betrachtet dann doch etwas zu simpel gestrickt. Natürlich tritt beides auch in Verbindung auf, das ist nicht zu leugnen. Aber als involvierter Papi habe ich da inzwischen etwas differenziertere Einblicke.

Ich würde sagen, der Early English-Kurs, wie ihn auch unsere Kleine besucht, ist nicht das Problem. Der ist ein spielerisches Angebot ohne jeglichen Leistungsdruck. Das Problem sind Eltern, die ihren 3-jährigen Kindern neben dem Kindergarten noch einen ganzen Wochenplan draufsatteln mit montags musikalische Früherziehung, dienstags Early-English, mittwochs Judo, donnerstags Malkurs und freitags wasweißich. Das sind übrigens z.T. auch die Eltern, die ihre Söhne und Töchter mit teuren Markenklamotten wie Burlington-Pullis wie kleine Erwachsene aussehen lassen. Da könnte ich schreien, wenn ich sowas sehe. Und die könnten wahrscheinlich auch schreien, wenn sie meine Kleine sehen, die ich nicht jedesmal vor dem Englisch umziehe und aufhübsche, nachdem ich sie aus dem Kindergarten hole. Wenn ihre Jacke dreckig ist, dann ist sie halt dreckig, was solls. Es sind Kinder - und dass manche Leute das vergessen, würde ich nicht unbedingt am Englischkurs festmachen.

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Ich wollte nun nicht auf einem Englischkurs rumreiten. Mir gings eher um das Gesamte (das Sie auch schon beschrieben haben), sprich: Dreijährige haben Stunden- und Wochenpläne wie einst Abiturienten und wenn man nicht rechtzeitig loslegt mit der Karriereplanung -am besten schon pränatal- dann wars das mit dem späteren süßen Leben.
Wenn Ihre Tochter einen EarlyEnglish-Kurs besucht, mag das wirklich noch spielerisch sein, aber ich könnte wetten, dass es Eltern gibt, die ihren Sprößlingen auch bereits da Nachhilfe angedeihen lassen.


Übrigens wachsen heutige Kinder räumlich oft gänzlich anders auf als noch wir: Bei uns hing alles miteinander zusammen, will heißen: Wir haben unseren räumlichen Erfahrungsschatz peu a peu erweitert: Kinderzimmer, Wohnung, Garten, dann mit Omma Einkaufen gelaufen, Nachbarschaft erkundet und als Höhepunkt dann ein Mal im Jahr in den Urlaub gefahren. Bei uns warens "Kreise", die immer weiter ausgedehnt wurden.
Heute hängen die Bezugspunkte räumlich nicht mehr zusammen, keine Kreise mehr, stattdessen einzelne Punkte: In einer Großstadt sinds eventuell nur einzelne "Spots", die nicht unbedingt miteinander zu tun haben müssen und vielleicht durch die U-Bahn erreicht werden. Wie man aber von Spot A zu Spot B kommt ohne U-Bahn und was da alles dazwischen ist, erschließt sich dann nicht unbedingt zwingend.

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Ja,
da ist was dran. Wobei das auch bei uns damals schon zwei paar Stiefel waren - die Erweiterung der eigenen Radien, die Sie beschrieben haben (Zimmer, Wohnung, Garten, Einkaufen etc.) einerseits und andererseits die größeren Zirkel und Wege, in meinem Fall, die gelegentlichen Fahrten von der Wohnung zum Bauplatz, wenn ich mal mitdurfte, auf dem Fahrrad mit Kindersitz in den Kindergarten, ab und zu Autoausflüge am Wochenende. Kurzum: Eine völlig lineare Erweiterung der Kreise war es bei uns damals auch nicht. Von daher sehe ich jetzt (bisher zumindest) nicht so den großen Unterschied zur Kleinen heute. Ich kariole sie ja wie gesagt nicht an jedem Tag der Woche zu einer anderen Bespaßungs- und Bildungsbaustelle.

Aber es stimmt, dass ich abschreckende Beispiele für dergleichen vor Augen habe. Ich unterhalte mich während der Early-English-Stunde öfters mit einer Mutter, die ein Indoor-Bespaßungszentrum in der Nachbargemeinde betreibt. Dort treibt sich auch öfters der von mir mal erwähnte kleine V**tor mit seinem überambitionierten Papi rum, und der profiliert sich auch dort den Inhabern und Mitarbeitern gegenüber permanent als pädagogischer Perfektionist und Besserwisser. Der Junge kann einem nur leid tun.

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Ich gebe Ihnen Recht: Wir waren bereits die "Zwittergeneration". Unsere Eltern und Großeltern dürften das noch mehr verspürt haben. Ich sehe diese Entwicklung übrigens nicht zwangsweise kritisch. Es muss nicht schlecht sein, es ist schlicht anders...

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@mark
der burlington-pulli hat gesessen. aber vielleicht hilft ja, dass er von h&m ist, 12,99...

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Hasi & Mausi
ist der Haus- und Hoflieferant von unserer Principessa. Könnte man kritisieren, tue ich aber nicht, dafür haben mich die Hello-Kitty-Klamotten schon zu sehr abgestumpft. Mir ging es da oben wirklich um Burlington-Pullover, Fred-Perry-Polohemden und Burberry- (nein, nicht Bugatti, denn die gibts ja auch im Kaufhof) Jacken und Mäntelchen für die kleinen künftigen Konzernlenker. Ich habe wirklich Dreijährige gesehen, die schon dünkelhaft auf H&M-Klamotten runtergucken.

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Probleme...
...unserer Gesellschaft, die ihre eigenen Kinder frisst...

Es gibt ja immer weniger(nagut mittlerweile ist es stabil wenig) von diesen kleinen Dingern da. Will ja keiner mehr machen so etwas...wozu auch? Kostet ja nur Geld und Zeit sowieso...
Meist hat man dann nur ein Kind, was dann die ganzen unerfüllten Wünsche der Eltern ertragen muss und gleichzeitig ja nicht dämlich sein darf. Man hat ja nur eine Chance und wenn man das als Eltern versaut, wars dass mit dem Wunschkind.
Also ab zur Frühentblödung mit dem kleinen Ludwig-Hector-Thorsten, den man vorsichtshalber unter Wasser geboren hat und auch sonst rund um die Uhr mit Wissen und Gesundheit vollstopft.

Dann das andere extrem: Der kleine Dustin-Jason-Kevin den man stundenlang vorm Fernseher parkt und eigentlich keine Chance gibt, dem Milleu irgendwann mal zu entkommen.

(Ich habe letztens erst einen Chirurg sagen höre, dass man solche Leute besser sterilisieren lassen sollte...Irgendwie recht hat er schon,denn drogen oder alkoholabhängige Leute sollten einfach keine Kinder bekommen. So etwas passiert aber immer häufiger...)

Sorry für den Zynismus aber bei so etwas rege ich mich immmer maßlos auf...

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Nein, nicht sterilisieren.
Wer ein Kind hat, muss auch noch zwei weitere bekommen. Und dann arbeiten gehen.
Diese Mütter stellen allen Firlefanz ganz schnell ein.
Die brauchen keine Kinder als Ersatzwunscherfüller.
Diese Kinder decken auch mal den Tisch, wissen, dass sie nicht so wichtig sind und laufen einfach mit.
Kevin-Justin-Dennis sind dafür nervig, egoistisch, aggressiv und unkonzentriert. Dafür können sie über alles schwallen, was sich anbietet, ohne je konkret zu werden.

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bei diesem thema neige ich sehr dazu, mir eine herzattacke einzuhandeln. wenn ich nur sehe, was die eltern mit ihren kindern aufführen - und das beginnt schon während der entbindung, dann würde ich ihnen am liebsten die erziehungsberechtigung absprechen.
in den kommentaren hier wurde so ziemlich alles schon gesagt, und vieles deckt sich auch mit meiner meinung.
nur eines noch: werte und familienwerte, ehrfurcht und respekt sind grundsteine des leben und somit unantastbar. wer trotzdem von einem wertewandel träumt, der gehört behandelt.
die kinder und jugendliche von heute tun mir aufrichtig leid. ihnen stiehlt man das wertvollste überhaupt, - die unbeschwerte kindheit.
herr gorillaschnitzel, danke für ihren anständigen beitrag.

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im Alter von 3 Jahren in Frühenglischkurse
..und ich dachte, in der echten Elite-KiTa müsste es heuer mindestens schon Chinesisch sein?
Entscheidend ist doch, dass die lieben Kleinen bereits pränatal im Mutterbauch mit klassischer Musik (und evtl. auch ein paar Vokabellernprogramen?) beschallt werden!

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