Mittwoch, 16. April 2008
Novosibirsk
Novosibirsk ist die drittgrößte Stadt Russlands und eigentlich glaubt man kaum, dass inmitten der Ewigkeit da noch eine Stadt kommt, geschweige denn eine Millionenstadt.
Novosibirsk ist transsibmäßig in etwa die Halbzeit. Ganz in der "Nähe" steht ein Obelisk, der die Mitte markiert.


Oper. Riesengroß. Noch größer als das Bolschoi in Moskau.

Novosibirsk ist eine sehr junge Stadt und noch nicht mal 120 Jahre alt. Daher hat es auch den Ruf, nicht besonders schön zu sein. Gut, es gibt schönere Städtchen, aber so schlimm ists nun auch wieder nicht. Und selbst im hintersten Sibirien finden sich tatsächlich Spuren der Hochkultur: Die Philharmonie spielt fast allabendlich Bach, Beethoven oder Smetana.
Hier überquert man den Ob, der bereits hier einen guten Kilometer breit ist.


Alexander-Newskij-Kathedrale



Ich war ja sehr fasziniert von den russischen Kirchen. Sowohl von außen, als auch von innen. Leider aber darf man drinnen nie fotographieren. Einmal aber hab ich es dann doch geschafft.



Weil alles etwas größer ist -man hat ja Platz- steht in Novosibirsk der größte und schönste Bahnhof der Transsib.




Novosibirsk wurde so schnell Millionenstadt wie kaum eine andere: Worauf Köln nun bereits 2000 Jahre wartet, erreichte Novosibirsk schon nach 50 Jahren.



Recht schnell sieht man, dass Novosibirsk eine recht junge Stadt mit vielen jungen Menschen ist und das liegt auch daran, dass Novosibirsk eine Art Wissenschaftszentrum ist. Etwa 30 Kilometer außerhalb liegt Akademgorodok und das ist das Akademikerstädtchen mitsamt seinen Instituten und seinen Studenten und der sibirischen Ausgabe des Silicon Valley.



...get lost in the scenic industrial area of Novo...

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Sonntag, 13. April 2008
Westsibirien
Irgendwo im Nirgendwo, oder: In the middle of nowhere.



Von Ekaterinburg über Omsk bis Novosibirsk immer durch das Westsibirische Tiefland. Das dürfte die Strecke sein, die für den Birkenwäldchenohneende-Ruf der Transsib verantwortlich ist. Spätestens ab Omsk geht es nämlich gut 600 Kilometer immer geradeaus, ohne eine einzige Kurve. Und draußen gibt es nur Birkenwäldchen, Birkenwäldchen und Birkenwäldchen. Unterbrochen allenfalls hin und wieder mal durch ein einsames Dörfchen. Nicht mal der allerkleinste Hügel ist vorhanden und man hat angesichts der wenig abwechslungsreichen Landschaft (10 Stunden Birkenwald, topfeben wie Schleswig-Holstein) irgendwann den Eindruck, dass man entweder im Kreis fährt oder ganz steht. Aber die Monotonie kann auch etwas sehr meditatives haben. Einfach nur rausschauen und Wälder gucken. Das reduziert auf das wesentliche.





In Omsk überquert die Strecke den Irtysch und erreicht dann bei Novosibirsk den Ob (je nach Zählweise mal der längste, mal der zweitlängste Fluss Russlands. Wenn man den Irtysch als Zufluss zum Ob addiert, ergibts den längsten, bei Alleinzählung bleibts der Jennisej)



Überhaupt: Wer den Terminus "Birkenwäldchen" aufgebracht hat, gehört nachträglich in ein eben solches verpflanzt. Das sind keine "Wäldchen", das sind ausgemachte Wälder, die da rumstehen. Mehrere Kilometer fährt man da entlang. "Wäldchen" sind für mich ein paar Bäume, eine mittelgroße Schonung, aber nicht diese unendlichen Wälder.







Ein Stopp irgendwo im Nirgendwo: Tatarskaja (was nicht in Tatarstan liegt). Reizvoll gelegen inmitten hunderter Kilometer Wälder und Schnee.

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Donnerstag, 10. April 2008
Ekaterinburg
Vorneweg: Es war schweinekalt in Ekaterinburg und ich habe alle herbeigewünscht, die mir sagten, die "sibirische Kälte" sei eine trockene Kälte und deshalb nicht ganz so dramatisch wie bei uns. Tut mir Leid: Kalt ist kalt und minus zwölf sind minus zwölf.


Ekaterinburg ist zwar bereits Asien, ist aber noch nicht Sibirien (wie ich immer glaubte), das fängt erst kurz vor Tjumen an. Damit ist Ekaterinburg weder Fich noch Fleich. Aber trotzdem überraschend hübsch und sehr übersichtlich: Obwohl Millionenstadt mit doch recht kleinem Stadtzentrum und daher ideal für genau einen Tag.


Rathaus

Fußgängerzone

Frage: Gibt es hierzulande eine Karl-Liebknecht-Straße jenseits der "Neuen Länder"?

Sie haben dort einen kleinen See inmitten der Stadt. Der aber friert zu im Winter. Wie so ziemlich alles. Von der Gastfreundschaft mal abgesehen.
Er steht in wirklich jeder russischen Stadt noch immer rum und winkt mal in diese, mal in jene Richtung (meine nicht repräsentative Zählung sagt: Er winkt meist gen Westen). Und überhaupt heißen die meisten Hauptstraßen auch heute noch "uliza Lenina". Ein Jelzindenkmal, der aus Jekaterinburg stammte, sucht man -noch- vergebens.


Ekaterinburg ist aber vor allem berühmt als Stätte der Ermordung der Zarenfamilie. Und weil das natürlich eine schwere Sünde war, stehen um das sehr bescheidene Gedenkhäuschen gleich 3 Kirchen, teils mitsamt eigener Zarengedenkkapelle:

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Dienstag, 8. April 2008
Durch den Ural
Die Fahrt St.Petersburg-Moskau habe ich im Nachtzug absolviert. Mit der Fahrt gen Ekaterinburg gehts erstmalig so richtig lang durch die russischen Lande. 26 Stunden insgesamt und das Ziel wird bereits in Asien liegen.
Dabei kann man aus 3 Strecken wählen: Die "klassische" Nordroute über Jaroslawl, die "zentrale" über Wladimir und Nischni Nowgorod und die von mir genommene Südroute über Kazan. Diese führt gleich durch mehrere Republiken: Mordwinien, Tschuwaschien, Tatarstan, Udmurtien und Baschkirien. Die ersten zweieinhalb davon allerdings im Tiefschlaf. Ebenso wie die Überquerung der Wolga. Zwischendurch immer wieder verstreut einzelne bunte Erdölförderanlagen.



Auch in Russland wurden mit dem Ende der Sowjetzeit Städte umbenannt. Das aber gilt nicht für die Eisenbahn: Ekaterinburg heißt da noch immer Swerdlowsk, Wjatka noch immer Kirov und Nischni Nowgorod blieb Gorki. Lediglich Ex-Leningrad darf St.Petersburg heißen.


Ich riskiere mal schnell meine Kamera und fotographiere während der Fahrt aus dem einzig zu öffnenden Fenster: Dem Klofenster (ich habe in späteren Zügen lernen müssen, dass sich manchmal nicht mal das öffnen lässt)

Im Speisewagen

Im Abteil zu abendlicher Ausruhstunde

Während die Strecke nördlicher wohl weniger spektakulär sein soll, fährt man auf der Südroute durch schöne Hügellandschaften. Durch den Ural, bis kurz vor Ekaterinburg der Obelisk kommt, der an der Grenze zwischen Asien und Europa steht, den ich aber verpasst hab:





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Sonntag, 6. April 2008
Moskau
Moskau war für mich irgendwie eine kleine Enttäuschung. Nur ne kleine. Gut, ich hatte mir das vielleicht irgendwie toller und schöner vorgestellt und gut, ich kam mit dem Nachtzug direkt aus St.Petersburg und da hat es dann auch Moskau schwer, zumal im Dauerregen (contra blauen Petersburger Winterhimmel und der Erkenntnis, dass gegen "Peter" so schnell nix wird anstinken können). Aber irgendwie: Roter Platz und Kreml und all das.....und dann? Gut, OK, Arbat, die Fußgängerzone. Nett. Aber nicht der Brüller. Zumindest nicht im spätwinterlichen Dauerregen. Und dann gingen mir irgendwann die Sehenswürdigkeiten aus, zumal Moskau eine extrem fußgängerfeindliche Stadt ist....Trotzdem: Moskau litt bei meinem Besuch unterm Wetter und unter den Petersburger Impressionen. Moskau ist zwar ein Moloch, aber immerhin ein irgendwie sympathischer Moloch. Daher: Ruhig mal hinfahren, weil: Alle anderen, die ich später mal getroffen habe, haben in Moskau begonnen und fanden das einigermaßen toll.


Moskwa und Kreml

Hier liegt dieser Wladimir Illjitsch Uljanow als Wachspuppe, mittlerweile beschützt vor Öffentlichkeit

Kreml inside, veryvery close to Putin

BasilikumsBasiliuskathedrale

Kaufhaus GUM (es gibt in Russland übrigens auch noch mehrfach ZUM und BUM)

Kunst a la Moskau: Wir kopieren Christo

Fraglos ein Höhepunkt sind die allerschönsten U-Bahn-Stationen der Welt. Das konnten wirklich nur die Sowjets und ich bin geneigt, diese Stationen für den einzig positiven Punkt des versuchten praktizierten Kommunismus zu halten.



In diesem sehr edlen Ladenbetrieb gibt es alles. Wirklich alles.

Eine sehr schöne Moskauer Idee besteht darin, Pflastersteine an Interessenten zu verhökern. Das ermöglicht denjenigen, die drüberschlendern, sehr interessante Betrachtungen und Einblicke. Nicht minder interessant, aber leider durch Grafitti entstellt, ist die Mauer des Friedens....(einen der Sprüche hab ich mir gemerkt: It´s better to have a bad peace than having a good war)


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Freitag, 4. April 2008
Zarskoe Selo
Zarskoe Selo ist das "Zarendörfchen", etwa 25 Kilometer außerhalb St. Petersburgs. Eigentlich ist es eine gigantische Ansammlung von Palästen in einem riesigen Park. Mittlerweile gibts drumrum auch eine richtige Stadt und weil die pure Erwähnung irgendwelcher zaristischer Umtriebe oder Begrifflichkeiten während der Sowjetära verpönt war, nannte man die Stadt nach ihrem berühmtesten Sohn: Puschkin, dem russischen Nationaldichter schlechthin.

Um hinzukommen nimmt man den Vorortzug, dessen Waggons wohl noch direkt aus der Zarenzeit stammen und in dem man den allerbreitesten Querschnitt der russischen Bevölkerung findet (Familien, Anzugträger, Babuschkas, Soldaten und Säufer):



Die pure Pracht und Verschwendungssucht erschlägt beinahe. Eigentlich ist es ein bißchen zuviel Prunk und ein klitzeklein wenig viel zu viel Stuck und Gold.
Im Zentrum steht das Katharinenschloss und das ist so etwas wie das Versailles Russlands (und braucht den Vergleich mit dem großen Versailles -jenes von mir unbgesehen- wirklich nicht zu scheuen).

Katharinenschloss

Innen dann fragt man sich, ob man das alles schön finden darf, weil man damals im Geschichtsunterricht gelernt hat, dass die Zarinnen und Zaren die russische Bevölkerung bis aufs Blut ausgepresst haben und die Leibeigenschaft erst Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschafft wurde und da die ganzen Schlösser schon längst standen.


Im Puff

Ballsaal Katharinas der Großen
Speisezimmer


Einer der richtigen Kracher ist dann das wieder auferstandene Bernsteinzimmer. Spätestens bei Betrachtung der Fotos wie das Schloss nach Abzug der Wehrmacht ausgesehen hat, begreift man, dass die Nazis von Kunst und Kultur in etwa so viel verstanden haben wie eine besoffene Amöbe im Psychoseschub.
Leider darf man ausgerechnet im Bernsteinzimmer nicht fotographieren, was ich dann aber doch unter dem Risiko der Beschlagnahme meines Fotoapparats heimlich aus der Hüfte getan habe:

Bernsteinzimmer

Deckengemälde im Ballsaal

Vermutlich schweineteure Uhr, die ich mir aber trotzdem nicht ins Wohnzimmer stellen würde

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Mittwoch, 2. April 2008
St. Petersburg
Ich liebe diese Städte am oder im Wasser. Amsterdam zum Beispiel oder Venedig oder Stockholm und auch Hamburg. St. Petersburg passt bestens in die Aufzählung.
Eigentlich ist die Stadt eine Art Riesenfreilichtmuseum. Irgendjemand muss die Architektenstars seiner Zeit angeheuert und zu ihnen gesagt haben: "Macht was nettes, Geld spielt überhaupt keine Rolle" und dann durften sich die Rastrellis und Rossis austoben.
St. Petersburg ist so etwas wie Russlands Tor zum Westen und damit recht wenig "russisch", begonnen am Stadtbild: Keine Zuckerbäckermärchenkompositionen wie in Moskau sondern klassizistisch-nüchterne Fassaden. Einzige Ausnahme davon ist die Kirche "Auf dem Blute", die man ganz russisch pathetisch dort errichtet hat, wo ein Attentäter einen Zaren ermordete.







Eremitage/Winterpalast, Isaakskathedrale, Kanäle/Moika

St. Petersburg hat ein sehr effektives U-Bahn-Netz, das eine Besonderheit hat: Aufgrund der vielen Wasserläufe ist es die tiefste U-Bahn der Welt und somit braucht es irsinnig steile und irrsinnig schnelle Rolltreppen, die die Passagiere in die Tiefe befördern. Reine Fahrzeit: Etwa 2 Minuten.
Dabei gilt: Rechts stehen, links gehen, weil es immer ein paar gibt, die überholen müssen. Einige wenige ganz ausgereifte Könner der Materie überholen dann noch im Stakkato die Überholer. Das alles gilt aber nur für die Abwärtsrichtung. Hoch überholt keiner mehr.



"Auf dem Blute"
Neue Eremitage

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