Dienstag, 17. März 2009
Todesstrafe
Ich hab mir jetzt eine Weile überlegt, ob ich das so bringe und tu es jetzt in genau der Form -"unzensiert"-. Weil der Fall immerhin so prominent ist, als die Namen der Beteiligten locker zu ergoogeln sind


Allzu lange ist das noch nicht her mit der Abschaffung der Todesstrafe. Genaugenommen kennt die hessische Landesverfassung das noch bis zum heutigen Tag. In Westdeutschland wurde sie mit Einführung des Grundgesetzes abgeschafft (die DDR machte noch einige Jahrzehnte weiter). Die letzte Hinrichtung Westdeutschlands, zu dem Westberlin damals nicht gehörte, fand 3 Monate vor Inkrafttreten des Grundgesetzes statt und zwar in Württemberg-Hohenzollern. Dort wurde Mitte Februar 1949 ein Raubmörder enthauptet. Der Fall an sich war relativ eindeutig: Der Mann hatte einen LKW-Fahrer erschossen, weil er dessen Reifen auf dem Schwarzmarkt verkaufen wollte. Ich will nun auch nicht mehr mit Worten langeweilen, weil man auch Dokumente für sich sprechen lassen kann.

Wie es in Deutschland üblich ist, wird auch daraus ein Aktenvorgang, in dem alles haarklein und bis ins Letzte protokolliert wird. So auch hier.

Teile der Gesamtakte in den Kommentaren


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Grauslich, der Mord und die Strafe. Als wenn nicht in dem Jahrzehnt zuvor schon genug getötet worden wäre. Aber Krieg verroht.
Wie gut, dass die Zeit der Todesstrafe bei uns vorbei ist.
Das Töten von Menschen, ganz egal aus welchem Grunde, ist unmenschlich, unwürdig und hat keinerlei positive Wirkung -nicht mal eine abschreckende.

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Stimmt, es ist -zumindest aus heutiger Zeit, die damalige kenne ich nicht- grauslig zu lesen und ich habe eben deshalb die "Fakten" so stehen lassen, ohne einen "bewertenden" Kommentar mitzugeben....

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Schuhs Leichnam wurde laut Akte der Anatomie gespendet ... Ich kenne jemanden, in dessen Gymnasium stand Anfang der 60er Jahre ein Skelett eines mit glattem Schnitt Enthaupteten im Biologieraum. Nach Aussage der Lehrer war es ein Straftäter, der zur Nazi-Zeit zum Tode verurteilt worden war.

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Ja, die Angehörigen verzichteten auf eine Beerdigung im Heimatort. Der Leichnam befindet sich bis heute im Anatomischen Institut.

Bis es "ordentliche" Kunststoffknochenskelette gab, war es durchaus üblich, menschliche Originalskelette zu verwenden.

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Bekommen denn nicht auch die regulär gespendeten Leichen, besser gesagt ihre Asche, irgendwann eine letzte Ruhestätte? Warum dann diese nicht?

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@arboretum:
Ist womöglich Teil der Strafe. Viellleicht eine weltliche Fortsetzung der Praxis, Schwerverbrecher/Sünder nicht in geweihter Erde bei den Rechtschaffenen zu bestatten?

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Bei uns am Gymnasium gab es ein Skelett das hieß Hugo und der stand im Bioraum.
Er war echt. Alle glaubten er sei nur aus Kunststoff aber ich wusste es genauer. Er war echt...

Hugo steht bestimmt immer noch in der Ecke und grinst die Schüler an.

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@arboretum: Doch, die regulär gespendeten Leichen werden ganz ordentlich beerdigt (und daran nehmen übrigens die Medizinstudenten in aller Regel geschlossen teil). In diesem Fall aber bestand kein Interesse seitens der Verwandtschaft und daher gingen die Überreste wohl "in den Besitz über" (so zumindest stelle ich mir das rechtlich vor). Einige Abteilungen der anatomischen Institute verfügen ja über allerlei Anschauungsobjekte, die in Formalin eingelegt nie beerdigt wurden (Mordopfer, Schädel, Fehlgeburten etc)

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ich krieg die ganslhaut und es läuft mir kalt über den rücken. so eine amtliche hinrichtung läuft schon brutal ab - allein die penible doku lässt mich erstarren. aber ich kann mir gut vorstellen, dass bei den henkern und vollstreckern die "arbeit" zu routine wurde.
museumsreife dokumente, herr gorillaschnitzel.

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Nur mal so....
.....was ist eigentlich aus derm Scharfrichter geworden?
Traditionell war das ein in der Familie weitergegebener Beruf.

Hier: http://www.zeit.de/1999/07/Richard_Schuh_Ihr_Leben_ist_verwirkt_

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Ich bin in dem Zeit-Artikel über diesen Satz gestolpert:

"Um aber, wie in England, die Todesstrafe abzuschaffen, bedürfe es stabiler politischer Verhältnisse."

Die Todesstrafe war meines Wissens zu diesem Zeitpunkt in England noch gar nicht abgeschafft. Ruth Ellis wurde am 13. Juli 1955 im Londoner Holloway Prison wegen Mordes an ihrem Liebhaber gehängt. Sie war die letzte Frau, die in Großbritannien hingerichtet wurde.

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Nun muss ich etwas loswerden, was meiner eigenen Meinung widerspricht, aber doch in mir brodelt.

Vor ein paar Jahren las ich Bret E. Ellis "Less than Zero", darin war eine Szene, wo die versammelte Partygesellschaft ein sogenanntes Snuff-Video angeschaut hat. Das sind Filme, in der Menschen tatsächlich getötet und dabei gefilmt werden, um damit (pro Kopie) zehntausende Dollar zu kassieren. Ich erinnere mich genau, dass ich beinahe ausgerastet bin, als ich das las, nie zuvor hatte ich von so etwas gehört. In diesem Moment habe ich meine "liberalen" Auffassungen über die Todesstrafe über Bord geworfen. Für mich war klar: Leute, die so etwas tun, gehören nicht in den Knast, die gehören getötet.

Weiterreichende Recherchen über das Thema, etwa bei Mark Benecke, haben mich beruhigt: es gibt offenbar keine echte Snuff-Videos.

Trotzdem: trotz allem, trotz allem, ich komme nicht umhin, es gibt vielleicht Ausnahmen, wo jemand sein Leben verwirkt hat und die Gesellschaft auch ein Recht dazu hat, dieses Leben zu verwirken.

Ich rede mir gewissermaßen gegen den Strich, weil ich kein Befürworter der Todesstrafe bin. Und doch... vielleicht muss man selbst hier Ausnahmen machen, ich weiß nicht.

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Die Gefahr eines Justizirrtums ist zu groß. Dieser Tage wurde in Großbritannien ein Mann aus dem Gefängnis entlassen, der 27 Jahre für einen Mord gesessen hat, den er gar nicht begangen hatte.

Abgesehen davon ist eine jahrzehntelange Haft eine harte Strafe - denken Sie doch einmal an all die Dinge, die man dann nicht mehr tun kann, an all das, was dann unerreichbar ist.

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Richtig, schon, schon richtig. Ich würde meinen Zweifel auch nicht umsetzen wollen in einen politischen Aufruf. Allein die Vorstellung, mit welchen Leuten ich mich in eine Reihe stellen müsste... da wird mir übel.

Es geht mir mehr um eine ethische Überlegung, ganz politikfrei. Es geht mir darum: ist ein menschliches Leben unter allen Umständen sakrosankt, auch wenn dieses Leben in zynischer Weise anderes Leben zerstört?

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