Sonntag, 11. September 2011
Afrika
Wissen Sie, was das tolle an Deutschland ist? Dass hier türkisch-orientalisch-russisch-afrikanisch-deutsche Hochzeiten unter chilenisch-portugiesischer Beteiligung möglich sind. Ich war auf so einer türkisch-orientalisch-russisch-afrikanisch-deutschen Hochzeit unter chilenisch-portugiesischer Beteiligung und als jemand der bisher (fast) nur die üblichen deutschen Hochzeiten kannte, darf ich sagen: Herrlich, ungewöhnlich, völlig abgefahren.

Nun ist mir Afrika nicht ganz fremd, ich war da bereits ein paar Mal und deshalb kenne ich auch die Mentalität ein bißchen und ich habe in den letzten 10 Jahren auch einige Afrikaner näher kennengelernt. Daher war schon klar: Wenn da auf der Einladung "ab 16.30" steht, dann heißt das wortwörtlich: "Denkt ab 16.30 eventuell dran, dass ihr kommen solltet, but don't hurry". Das Klischee hierbei ist sowas von wahr. Wohl wissend. Das zeigte sich, als ich gegen 17 Uhr -bereits ahnend, dass es etwas dauern könnte- unterwegs zur Hochzeit war und zufällig die Braut eisschlotzend an der Tankstelle stehen sah. In stoischer Ruhe. Das Fest ging da bereits seit einer halben Stunde. Kurz rausgefahren und dann diese sensationelle Unterhaltung mit der afrikanischen Braut:

Ich: "Kommst du zu deiner eigenen Hochzeit zu spät?"

Sie: "Hallo. Wo fährst du hin?"

Ich: "Zu deiner Hochzeit?"

Sie: "Achso. Wir drehen noch eine Runde."

Die nehmen keine Drogen, die sind so. Sie ließen dann so grob 150 Leute ziemlich lange rumstehen, ehe sie um 7 auftauchten. Lustig war das Eingeständnis der Braut, gar nicht alle Gäste zu kennen, weil in Afrika eben alle Brüder und Schwestern sind und wenn man Brüder und Schwestern einlädt, dann bringen die auch wieder Brüder und Schwestern mit die einem gar nicht persönlich bekannt sind, auch wenn man der Gastgeber ist.

Aber Afrika ist ein sensationeller Kontinent. Afrika ist der Kontinent der Lebensfreude, der Herzlichkeit und wenn ich es mal ehrlich sagen darf: So wie Afrikaner tanzen können....das kriegen Sie auch mit einer Tanzschule nie hin. Ist einfach so.



Gut. Nun zum türkischen Teil. Das ist schon etwas schwieriger, weil es allerlei Zeremonien gibt: Fotozeremonie, Geschenkabgebzeremonie (was für mich etwas peinlich war, weil ich im Gegensatz zu den Türken nicht bereit war, 500 Tacken an den Bräutigam zu heften und ich halte mich nicht für einen Geizhals) und unendliche Musikzeremonie (Die Lieder beschreiben -für mein Ohr zumindest- unendliches Leid und das Leid ist erstens groß und zweitens wirklich unendlich, was es auch nicht wirklich besser macht und man froh ist, wenn der Afrikaner-DJ übernimmt). Dazu nervige Film- und Fototeams, die ungefragt Aufnahmen aus Distanzen aufnehmen, die ich ansonsten für Menschen reserviert habe, mit denen ich intimer bin. Dafür ziehen die Türken dann um 11 ab.

Weniger die Russen. Die holten sich umgehend klischeehaft eine Flasche Wodka, blieben aber entgegen dem Klischee reichlich zahm. Eigentlich gar keine richtigen Russen.

Und dann ist es lustig, Leute zu treffen, die man als Abiturienten kennenlernte, die heute aber im Feuilleton der Zeitungen stehen. Wie Luis etwa. Der ist jetzt bekannt, najasoeinbißchen, für einen Wikipediaeintrag reichte es immerhin. Menschen, die man ein paar Jahre nicht gesehen hat. Aber es gibt auch das Alter und die Gebrechen. Wie die immer noch hinreißend schöne Franny, die gegen das Regime von Augusto Pinochet kämpfte und jetzt gegen Morbus Parkinson.

Älter werden wir halt alle. Es gibt allerdings wenige Gelegenheiten, etwas entstehen zu sehen und manchmal wird alles gut, auch wenn die Prognosen erstmal schlecht sind. Eine 10 Jahre alte Geschichte und ein langes Hinundher. Das war damals auch meine (An)Gelegenheit, die ich irgendwann mal sehr persönlich genommen habe und auch bereit war, ziemlich weit zu gehen. Und rückwirkend betrachtet: Wenn ich überhaupt mal etwas sinnvolles und richtig in meinem Leben gemacht habe, dann das. Manchmal geht eine Geschichte gut aus. Wie dieses Mal.

Dedicated to Der Pathologe. Er weiß warum..

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