Donnerstag, 23. April 2009
....und einmal zieht die Krise am Fenster vorbei...
Jetzt fahren wir mal Zug. Von New York aus. Erstmal gibt es größere Begeisterung für Amtrak, das ist sowas wie die Deutsche Bahn der USA und ehrliches Mitleid für jeden US-Amerikaner, der Deutsche Bahn fahren muss. Wirklich. Bei Amtrak bucht man online, hält dann in jedem x-beliebigen Bahnhof die Bestätigung unter den Scanner am Automaten, drückt "print" am Touchscreen und flutsch, hat man sein Ticket fertig ausgedruckt. Großartig!

Erstmal geht es nur nach Norden. Immer das Hudsonvalley hoch durch Orte, die so drollige Namen wie "Poughkeepsie" tragen.



In Zügen lernt man -das ist das schöne an so einer Zugfahrt- irgendwann mal die Mitreisenden kennen. So wie Josh aus Buffalo, der allen anderen seine zwei Stories aufdrückte: Die eine war die des Eishockeyteams der Buffalo Sabres, die man bitte auch dann anfeuern sollte, falls sie dieses Jahr die Playoffs verpassen sollten (was der Fall war) und die andere war die von Ralph Amendolaro, einem New Yorker Arbeiter, der die Gefangenennummer von Bernie Madoff in der Lotterie getippt und damit 1500 Dollar gewonnen hat.

Bis Albany ist alles ein normaler Anblick. Links der Hudson, rechts Wälder, immer wieder Käffer. Nach Albany biegt der Zug nach Osten ab in Richtung Buffalo, kanadische Grenze und dann mit Endstation Toronto.
Ab hier wird dann deutlich, was "Krise" ist. Nicht die jetzige Krise, es ist die Krise der Endsiebziger und der Achtziger des letzten Jahrhunderts.



Es sind die Ausläufer des "manufacturing belt" und es ist die große Stahl- und Autobaukrise und man sieht leere Industriegebiete und verlassene Unternehmen. Solche Bilder kenne ich allenfalls aus Hintersibirien oder aus dem Schönebeck der Anfangsneunziger.
Dieser Landstrich ist sich selbst überlassen und es ist das, was man Strukturkrise nennt. In dieser Region ziehen Orte vorbei, die großspurig Rome oder Amsterdam heißen und die größeren Orte Rochester, Utica oder Syracuse.
Und überall die ähnlichen Bilder. In diesem Gebiet sind selbst die Grabsteine auf den Friedhöfen dem Verfall preisgegeben.



Irgendwann erreicht man Buffalo, Josh hat seine Geschichte oft genug erzählt und steigt aus und dann fährt man noch 20 Minuten bis man dann in Niagara Falls-New York auf einem gottverlassenen Bahnhof steht und man sehnsüchtig die Fahrt über die natürliche Barriere Niagara River nach Niagara Falls-Ontario ins gelobte Land -Kanada- erwartet. Dort muss es einfach besser werden. Wird es auch.

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