Montag, 3. Oktober 2011
....omanandgriechen...
So ein Haushalt ist immer nur ein Haushalt, ganz egal ob im Großen wie im kleinen. Griechenland oder das eigene Budget: Es verhält sich grob ähnlich. Und damit man mal einen näheren Eindruck bekommt, übertragen wir die griechische Malaise einfach mal auf Ihren privaten Haushalt.

Sie haben ein nettes kleines Häuschen mit schönem Garten. Es ist nicht das größte Häuschen in der Nachbarschaft, aber die Nachbarn kommen gern, weil Sie direkt am Wasser wohnen. Reich sind Sie nicht, den Nachbarn geht es wesentlich besser, aber Sie kommen mit Ihrem Geschäft -einem Gebrauchtwagen- und Altmetallhandel- über die Runden. Nun braucht man hin und wieder mal einen Kredit weil man irgendwas anschaffen will oder muss und man grade aber nicht so recht flüssig ist. Sie nehmen einen solchen auf und merken, dass es gar nicht so schlimm ist, irgendwie kriegt man das ja hin mit den Raten.

Sie beginnen nun, nochmals einen Kredit aufzunehmen, weil Sie sich noch mehr leisten möchten. Sie gehen nun ins Theater auf Kredit und schaffen sich ein neues Auto auf Kredit an. Eine neue Wohnzimmergarnitur braucht's und die ganze Nachbarschaft hat schon Flachbildschirme, nur Sie nicht. Weil die Nachbarschaft sehr gerne vorbeischaut, brauchen Sie nun auch Personal: Einen Gärtner, einen Koch und einen Kellner. Dem Gärtner zahlen Sie beste Löhne und gewähren großzügig Urlaub, während der Kellner auf das Trinkgeld angewiesen ist und der Koch verdient, was so ein Koch eben üblicherweise verdient. Weil aber die Nachbarn nicht genug da lassen um das Personal zu zahlen -das Restaurant arbeitet defizitär und der Garten bringt überhaupt nichts ein-, leben Sie längst über Ihre Verhältnisse.

Das ist zu diesem Zeitpunkt nicht weiter tragisch, weil die Bank nicht so genau hinschaut und wenn sie es doch tut, sich mit einer Schwindelei beruhigen lässt. Irgendwann aber beginnt die Sache aus dem Ruder zu laufen. Mittlerweile stehen Ihre Einnahmen in keinerlei Verhältnis mehr zu Ihren Ausgaben und Ihre vielen Kredite kriegen Sie nur noch dadurch abgestottert, indem Sie neue Kredite aufnehmen. Als die Bank bemerkt, dass Sie sie immer wieder angeschwindelt haben und Sie nicht mehr in der Lage sind, Raten zurückzuzahlen, erhöht Sie Ihnen die Zinsen dramatisch und warnt alle anderen Geldinstitute vor Geschäften mit Ihnen. Kurz: Sie sind nun dick und fett schufagebrandmarkt und so gut wie bankrott.

Das ist die Stunde der Nachbarn. Weil die nämlich in allerlei Geschäftsbeziehungen mit Ihnen stehen, erklären die sich bereit, Ihnen auch weiterhin Geld zu pumpen. Gleichzeitig verlangen sie aber, dass Sie sich in Ihrer Spendierlaune etwas bremsen und bei den Angestellten etwas sparen. Daraufhin kürzen Sie dem Koch das Gehalt um 20% und verlangen vom Trinkgeld des Kellners eine 10%ige Abgabe. Der Gärtner kriegt die Ostergratifikation gestrichen und soll auch 20% weniger verdienen, weigert sich aber und kassiert weiterhin den üblichen Lohn, weil in Ihrer Familie nicht alle begeistert von der neuen Haushalterei sind und Ihr Sohn heimlich weitermacht wie bisher. Sie selbst beschließen, nicht mehr Mittwochslotto zu spielen und so etwas Geld einzusparen. Außerdem kündigen Sie ein Zeitschriftenabonnement. Ansonsten behalten Sie Ihre Ausgaben im Auge und hoffen inständig, dass demnäxxt wieder ein paar Autos rausgehen.

Aber es läuft nicht so recht. Der Koch ist stinkesauer, der Kellner auch und dem Gärtner ist nicht mehr zu trauen. Autos kauft keiner, es ist ohnehin alles abgewrackt und den Nachbarn ging es finanziell auch schon besser. Eines Tages sollen Sie nun wieder mal eine Rate zurückzahlen. Können Sie aber nicht. Weil Sie mittlerweile fast doppelt soviel Schulden haben als Ihre Hütte überhaupt wert ist. Wieder müssen Sie zu den Nachbarn. Das ist zwar peinlich, aber schließlich sind die ja auch am Gebrauchtwagenhandel beteiligt und wenn der erstmal den Bach runter ist, sehen die ihre erste Tranche überhaupt nie mehr.

Die Nachbarn, denen finanziell das Wasser teilweise auch mächtig bis zum Hals steht, erklären sich nun nochmal bereit, Ihnen Geld zu geben, weil die Banken Ihnen schon lange nichts mehr geben. Aber sie verteilen intern auch schon das noch vorhandene Tafelsilber und verlangen auch noch mehr Sparbemühungen. Also beschließen Sie, nicht mehr zu tanken und Ihren Kindern die Autoschlüssel abzunehmen. Dadurch kommen diese zwar nicht mehr zu Arbeit und werden gekündigt, aber der Fuhrpark ist nun finanziell deutlich entlastet. Dem Koch streichen Sie nun jeglichen Urlaub und der Kellner muss sein gesamtes Trinkgeld an Sie abführen. Hierzu stellen Sie Ihren Sohn zur Kontrolle ab. Leider macht der Sohn mit dem Kellner gemeinsame Sache und es kommt nur ein Bruchteil des Trinkgelds bei Ihnen an. Der Rest verschwindet in den Taschen des Sohns und des Kellners. Sie überlegen derweil, Besteck zu verkaufen, um wieder flüssig zu sein. Ihren Gärtner haben Sie entlassen, aber der weigert sich zu gehen.

Und nun sind Sie immer noch mächtig verschuldet, haben keine Geschäftsidee, kein Geld -außer geliehenenem-, kaum Einkommen und zudem nur noch stinkesaure Angestellte. Wie es weitergehen wird, das wissen Sie nicht. In jedem Fall aber bleiben Sie optimistisch und versprechen das blaue vom Himmel, weil sonst die Nachbarn mißtrauisch werden könnten.

... comment

 
Da fehlt aber noch was: Die neue Wohnzimmergarnitur und den schicken Flachbildschirm haben Sie sich im Geschäft Ihrer Nachbarn gekauft.

... link  

 
.....auf Pump....

... link  

 
Sonst wäre es den Nachbarn ja auch egal.

... link  

 
Stimmt. Allerdings sind die Verflechtungen noch enger: Die Nachbarn sind auch Teilhaber des Gebrauchtwagenhandels...:-) Ginge es nur um einen Flachbildschirm: Peanuts. Das ginge noch nebenher. Eventuell schmerzhaft, aber zu verkraften.

... link  


... comment
 
Ist das nicht auch ein wenig, wie die Amis wirtschaften? Alles auf Kreditkarte oder so.

... link  

 
....ja klar...und die Engländer und die Spanier und all diese (Immobilien)Blasen. Irgendwann platzt jede Blase und ein hervorragendes Buch dazu ist dieses hier.

... link  


... comment
 
ein Gag (bei dem einem aber das lachen im Hals stecken bleibt) an der Geschichte ist ja, das die Nachbarn nicht deshalb Geld leihen, damit etwa das "Restaurant" oder der "Showroom" renoviert werden können -um darüber mittelfristig höhere Einnahmen generieren zu können- sondern es gibt Geld, damit sie es sofort wieder beim Nachbarn ausgeben können.


http://www.heise.de/tp/artikel/32/32961/1.html

ist da hoch interessant, oder aber einfach "U-Boote" und "Griechenland" in ihre Suchmaschine eingeben.

Man möchte auch gar nicht wissen, was es kostet, dauerhaft gegen seinen Koch, Kellner und Gärtner einen kleinen Bürgerkrieg zu führen.

In den New York sind übrigens 700 Demonstranten wegen Ruhestörung verhaftet worden, die gegen die Börse, Banken und Spekulanten protestierten.
Wieviele Börsianer, Banker und Spekulanten wurden eigentlich wegen Herbeiführung einer Weltwirtschaftskrise verhaftet???
Ach so, DAS ist ja gar nicht strafbar...

... link  

 
...es bedurfte übrigens dereinst eines sehr ernsten Machtworts der USA um einen Krieg zwischen Griechenland und der Türkei -und damit zwischen NATO-Partnern- zu verhindern und es ist noch nicht allzu lange her. Müsste so zu Clintonzeiten gewesen sein und der Grund war, dass irgendein Fischer die türkische Flagge auf einen unbewohnten griechischen Steinhaufen gepflanzt hat und darauf von der griechischen Küstenwache erschossen wurde. Oder so ähnlich.

Und Verhaftungen und Pfefferspray kennen wir ja auch von hier, gell? Auch da gilt: Wurden die "Herbeiführer" dessen bestraft? Ich habe seither nichts davon gehört, dass einer der damals Beteiligten irgendwelche juristische Nachteile hätte. An dem Tag habe ich viel über den/diesen Staat gelernt. Wenns gut läuft, haben 700 Amerikaner auch viel über ihren Staat gelernt.

... link  

 
Die Griechen und Türken haben sich schon auch in echt bekriegt, als es um Zypern ging. Die Einschußlöcher an den Häuserwänden kann man noch anschauen, die hat niemand repariert (ist auch immer so heiß). Die ersten zehn, fünfzehn Jahre war die Grenze zwischen Nord und Süd weniger durchlässig als irgendetwas auf dieser Welt. Da sitzen heute noch Uno-Soldaten, denen inzwischen aber hauptächlich die Langeweile sehr zusetzt.

Dem könnte abgeholfen werden, denn: ein Krieg zwischen Griechenland und der Türkei hätte für uns einen Haufen Vorteile.

1. Das ganze ist halbwegs weit weg von uns

2. Unseren NATO-Verbündeten stehen wir bei (beiden natürlich)

3. Unseren Freunden liefern wir Waffen und alles Zeug, was sie sonst noch brauchen (selbstverständlich beiden)

4. Der Krieg wird wie das Hornberger Schießen ausgehen. Denn: die Griechen haben genügend eigene Probleme, was sollen die mit der Türkei? Und was soll die Türkei mit einem bankrotten Land?

5. Beide Länder müssen wieder aufgebaut werden, das bringt schöne Aufträge

6. Monatelang redet keiner über den Euro

7. Geld? Spielt keine Rolle, oder wurde schon einmal ein Krieg mangels Kohle abgeblasen?

... link  

 
Ich darf sagen, dass mich Ihr Vorschlag immer mehr überzeugt. :-)

... link  

 
Der Hafen von Kyrenia in Nordzypern ist übrigens einer der schönsten Ecken der Erde. In meinem früheren Leben war das der einzige Ort, an dem ich zweitägige Geschäftsreisen auf eine oder zwei Wochen ausgedehnt habe.

An der Kneipe mit der blauen Markise hängt ein Schild: "We are open from 11 am until you want us to close".

Ich überlege, welche Regierung stürzt, wenn wir Sie da hinschicken.

... link  

 
....das erinnert mich an dieses Schild in Peking. Auf dem stand "when we feel like open, we will"

(und was die Regierung angeht: Assad wäre an der Reihe. Finde ich.)

... link  


... comment
 
könnte man nicht von dem geld eine cd-rom kaufen, auf dem die konten aller gärtner und söhne verzeichnet sind?
verwundert bin ich, daß es in diesem jahr keine flurbereinigungsmaßnahmen in den unterhölzern gab.

... link  

 
...dieses Geschäft hat der Mappus versaut. Der hat sich geweigert was zu kaufen und damit den Markt eingeebnet...

... link  


... comment
 
Schön beschrieben. Der eine, kleine Unterschied: Unser Nachbar würde an diesem Punkt sagen:

"Ich hab doch nüscht!" (sofern Sachse) und den Finger heben.

Ansonsten sieht man mal wieder, dass man die Dinge einfach auf den Punkt bringen kann, in diesem Fall mit einem Klassiker:

"Bürgen soll man würgen."

... link  

 
Dankeschön. Auch für Ihre Klassiker.

... link  

 
ilnonno, Zypern ist wirklich teils grotesk-interessant (seit 1974 zum Teil besetzt und daher geteilt, mit Mauer, Wachposten, Niemandsland, Berlin in Miniaturausgabe, alles zum Greifen nah) ansonsten sehr schön. Reiseempfehlung.

Zypern war, das sei hier o.t. untergebracht, im Übrigen Ort meiner sportlichen Höchstleistung. Beim Spiel deutscher Journalisten (die haben mich mangels ausreichender sportlicher Mitglieder auch ohne Presseausweis mitmachen lassen) gegen eine zypriotische Auswahl gingen wir 1:7 unter, ich jedoch habe den Ehrentreffer erzielt. Aus 20 Metern. Ins Dreieck. Jawohl!

... link  


... comment