Dienstag, 31. August 2010
Piter
Zuallererst einmal für die GPS-Junkies unter uns: Alle Fotos sind mit GPS-Daten getaggt. Sie können also bis auf ein paar Meter genau rausfinden, wo das Foto aufgenommen wurde. Eigenschaften des Fotos aufrufen und dort finden sich die Koordinaten.

"Piter" nennen viele St. Petersburger ihre Stadt. Als Koseform. Und es klingt tatsächlich sehr nett und liebevoll.



Ich war hier schon mal, nur im Winter. Und es ist noch nicht mal sonderlich lang her. Aber hierher kann man auch ein zweites Mal herkommen. Im Sommer.
Ich glaube ja, dass man wiederkommen mag, wenn man die Stadt mal gesehen hat.
Ohnehin ist es eine sehr faszinierende Stadt. Vielleicht weil sie am Wasser liegt und ich solche Städte sehr mag. Vielleicht auch deshalb, weil es sowas ist wie das russische Tor gen Westen, vielleicht auch, weil es wenig Plätze gibt, die besser geeignet wären eine Stadt zu gründen, wenngleich mir der ein oder andere fehlende Hügel ziemlich abgeht, aber das nimmt man dann doch sehr gerne in Kauf. Auch deshalb, weil die Bevölkerung ein klein wenig offener und toleranter ist als anderswo in Russland, zumindest sah ich eine schwule Kleingruppe mitsamt "I´m gay and proud of it"-T-Shirts, was angesichts einer doch sehr verbreiteten Homophobie an anderen Orten Russlands sehr sicher andere Reaktionen hervorrufen würde und das lag ziemlich sicher nicht an Verständnis oder Leseproblemen. Die Petersburger zumindest können wohl nicht nur kyrillische Buchstaben und Englisch geht auch so einigermaßen.





Heiß war es in Sankt Petersburg. Zwischen 32 und 36 Grad und das machte sich dann am allerletzten Tag auch bemerkbar: Smog. Stündlich zunehmend und die Sichtweise sehr weit runterreduzierend. Das ist dann lustig, wenn man weiß, dass man ohnehin abfliegen wird und in Moskau zwischenlanden wird, wo man ebensowenig sehen wird, dafür umso mehr riechen wird. Mein persönliches Erleben der russischen Waldbrände des Sommers war der penetrante Gestank nach Verbranntem auf Scheremetjewo.



Man kann mit Sicherheit Wochen verbringen ohne alles gesehen zu haben und ich habe auch noch nach dem zweiten Besuch noch ein paar Rechnungen offen. Ich finde: Die Zahl der besichtigungswerten Schlösser, Museen und Paläste ist schlicht zu überwältigend. Das geht nicht in einer Woche. Da brauchts mehr.





Ich mag die Stadt, weil sie ein Riesenfreilichtmuseum ist. Heute ist auf den ersten Blick kaum vorstellbar, dass während der Leningrader Blockade nicht nur über eine Million Menschen starben sondern auch ein großer Teil der Häuser zerstört wurde. Übrig ist jetzt ein wilder Mischmasch aus sanierten Fassaden mitsamt nichtsanierten Hinterhöfen und ein Sammelsurium von Jugendstilperlen.



Und dann wären da die Weißen Nächte. Davon kann man zwar Anfang August überhaupt nicht mehr sprechen, aber selbst Anfang August ist es um Mitternacht noch nicht richtig dunkel und deshalb habe ich jetzt einen sehr guten Grund nochmal zu kommen, nur dieses Mal im Juni.











Schön ist, wenn man in eine Stadt zurückkehrt und man eine Entwicklung sieht. In dem Fall die Eröffnung einer neuen U-Bahnlinie, wofür man besonders dann dankbar ist, wenn man die Entfernungen zwischen und zu den Stationen kennt. Die nämlich sind teilweise recht gewaltig. Man versteht allerdings wie schwierig der U-Bahnbau dort ist, wenn man weiß, dass das komplette Gelände versumpft und von zig Wasserläufen durchzogen ist, was die Petersburger U-Bahn dann auch zur tiefsten der Welt macht und den Bau neuer Stationen und Linien teuer und aufwändig macht.







Was ich an den Russen mag ist deren Improvisationsfähigkeit. Die braucht es in Russland wahrscheinlich als sowas wie ein Überlebensinstrument. Manchmal geht das einher mit einer gewissen Dreistigkeit, beispielsweise im Straßenverkehr. Da schafft man es schon mal in einer Einbahnstraße in dritter Reihe zu parken und dann das Gefährt auf längere Zeit zu verlassen.





Was St. Petersburg aber definitiv hat: Den beschissensten und unwürdigsten Flughafen einer Millionenstadt. Zumindest unter den Städten und Flughäfen die ich gesehen habe. Zum einen brauchts von Terminal 1 (nationale Flüge) zu Terminal 2 (internationale Flüge) einen vom Reisenden extra zu organisierenden Shuttle Bus mitsamt mehrminütiger Fahrt über diverse Autobahnringe, zum zweiten ist dieser Flughafen für eine touristisch einigermaßen interessante Stadt mit viereinhalb Millionen Einwohnern schlicht viel zu klein, drittens weigert sich das Personal in Terminal 1 (nationale Flüge) konsequent englische Brocken radezubrechen auch wenn diese ganz offensichtlich vorhanden sind und ebenso offensichtlich ist, dass sich der Reisende zuvor in Russisch versucht hat und dies nun zuende ist und letztlich -und das wiegt am allerschwersten- verfügt der Flughafen über keinerlei Klimaanlage, was in Hochsommerzeiten bei so etwa 36 Grad ziemlich schlecht ist und dazu führt, dass man als Reisender lieber in den Katakomben verweilt. Dafür haben sie das ältestelängste Rollband der Welt. Glaube ich zumindest. Das funzt aber nur in eine Richtung.

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