Donnerstag, 25. Februar 2010
Faust. Eine Tragödie, deren zweiter Teil. Suebian Style.
Gleich ums Eck liegt eine etwas seltsame Stadt. Sie unterscheidet sich deutlich von all ihren Nachbarn, weil sie seit 20 Jahren voll auf Konsum, Konsum, Konsum und nochmal Konsum setzt und dem alles unterordnet, selbst die Stadtentwicklung im Herzen, dem Zentrum. Das lief lange recht gut und so sprangen viele auf den Zug auf und hatten allerlei phantastische Ideen wie beispielsweise ein "Sightseeingzügle", was wohl das Minidisneyland vollendet hätte und sehr wahrscheinlich nur daran scheiterte, dass es nix gibt, das man sightseen könnte.



Um es kurz zu machen: Man lebte über den Verhältnissen und das nicht zu knapp. Man leistete sich allerlei Dinge, die es auch eine klitzekleine Spur bescheidener getan hätte. Im Rathaus musste Marmor liegen, ein potthässliches Stadttor wurde angeschafft und nur wenige Jahre später wieder eingemottet und eine überdimensionierte rostige Unterhose mitten im Zentrum brauchte es auch. Aber die Quellen sprudelten mächtig. Jedes Jahr wurde immer ein neuer Konsumtempel eröffnet und der Baubeauftragte all dessen hörte von Gemeinderäten und Architekten stets nur "kein Problem" und "ja, machen wir, sehr gerne doch". Man hielt sich für weltmännisch und verglich sich manchmal schon mit München, mit dem Unterschied, dass München 65mal so viele Einwohner hat.



Aber irgendwann mal kommt die Krise überall an. Binnen eines Jahres brachen die Einnahmen von 76 Millionen auf 55 Millionen ein und das fiel nur deshalb nicht noch dramatischer aus, weil man den Vermögenshaushalt mal halbierte und den in den näxxten 2 Jahren fast komplett auflösen wird. Das ist schon doof. Noch doofer ist aber, wenn man eigentlich 76 zum investieren hat, dann aber gleich 114 rauswirft. Das ist in etwa, als wenn Sie Ihr Sparbuch plündern, sich damit ein Handy kaufen, das sie nach 3 Wochen wegwerfen und dann Schulden machen für das nächste Handy und dann stehen Sie am Ende hungrig da.



Wie die Kommune. Die hat die Kohle für rostige Unterhosen, nicht benötigte Stadttore und ähnliches rausgeworfen, die letzten 20 Jahre aber wenig bis gar nichts saniert. Die Wasserleitungen beispielsweise sind in einem grausigen Zustand. Die Straßen auch. Aber man wäre nicht die seltsamste Kommune der Region, wenn man nicht auch einfallsreich wäre: Statt der benötigen Fliesen für den großen Konsumplatz legte man schnell Asphalt, fräste ein paar innovative Rillen rein und verkauft das alles als neues Verfahren.



Und die Gegenmaßnahmen natürlich: Steuererhöhungen. Hebesätze werden angehoben. Grundsteuer von 320 auf 450, Gewerbesteuer von 330 auf 380 undsoweiter. Das ist ordentlich. Aber jede Blase platzt irgendwann mal und es wäre vermutlich ein richtig guter Zeitpunkt für den Gemeinderat, jetzt geschlossen zurückzutreten.

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