Montag, 20. Oktober 2008
No mans ländle
Wenn man heute gen Schwäbische Alb blickt, dann sieht man eine -für baden-württembergische Verhältnisse- recht dünn besiedelte Landschaft. Ein Naherholungsgebiet für geplagte Großstädter, ein Riesenbiotop, in dem die Natur noch halbwegseinigermaßengradenochso in Ordnung ist. Mörike seinerzeit schrieb von der "blauen Mauer" und heute versucht man, mittels Golfplätzen und anderen Atrraktionen, möglichst viele Ballungsgebietler herbeizuholen, bevorzugt an Feiertagen oder am Wochenende, unter der Woche bleibt man lieber unter sich und seinesgleichen.
Kurzum: Ein mittleres Ausflugs- und Wanderparadies.



Das war nicht immer so.

Früher war dies das Armenhaus schlechthin. Dieser Landstrich produzierte eigentlich nur einen Haufen Elend und dieses Elend wiederum produzierte einen Haufen Auswanderer in alle Welt.



Ludwig Uhland beschrieb das einmal ziemlich treffend mit dem in hiesigen Landen geflügelten Wort "viel Steine gab´s und wenig Brot". Damit hatte er einerseits zwar Recht, aber genauso leicht reden, weil er vom reichlich fruchtbaren Neckarstrand stammte und Zeit seines Lebens auch dort beheimatet war. Heutzutage mögen das wenige Kilometer sein, damals lag dazwischen eine Welt und unter Umständen mehrere Grenzübergänge.



Das Leben im Mittelgebirge war schon immer hart: Gleich nach einem halben Meter Erde kommt schon meist der nackte Fels und der einzige Reichtum waren die vielen Steine auf den Äckern. Wasser ist in weiten Teilen nicht vorhanden und so funktionierte die Bewässerung noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts durch sog. "Hülen", was wiederum nichts anderes war als dreckige Wasserlöcher ohne Zu- oder Abfluss. Damals ging die zynische (Selbst-)Klage um, dass dieses brackige Wasser zwar Menschen am Leben erhalte, die Kühe das aber nicht sauften und stattdessen lieber verdursteten.



Überhaupt nennt man den Landstrich auch "rau" und das meint längst nicht nur teils miserable klimatische Grundbedingungen sondern eben auch den wenig herzlichen Charme der alt eingesessenen Bevölkerung. Böse Stimmen kolportieren, in diesem Landstrich würden auch die Frauen im Stehen pinkeln und das ganz einfach deshalb, weil sie ansonsten an der Klobrille festklebten ob der Hinterlassenschaften des Gatten.



Und wenn man dann keine dialektischen Begriffe für die menschliche Zone zwischen Bauchnabel und Knie entwickelt hat und sich einzig auf das Gesäß beschränkt, kommen eben Analysen heraus, wonach der Menschenschlag dort so geizig sei, dass nicht einmal zu erwarten sei, dass Fäkalien freiwillig ausgeschieden würden und Schotten als eigener Volksstamm gar nicht existierten sondern dies lediglich verschwenderische Schwaben seien, die man des Landes verwiesen habe und im hügeligen Flachland geht die Sage um, Gott habe diesen Höhenzug geschaffen, damit man irgendwo die Minderbemittelten unterbringe, die durch die Inzucht entstanden seien. Beweis für letzteres: Wahlen.
Rinderwahlkreise nennt man das als Hinweis darauf, dass hier jeder Ochs gewählt werde, solange er nur der CDU angehört.



Insgesamt ist die Bevölkerung dort so etwas wie der wissenschaftliche Beweis für die Evolution, da sich dort infolge jahrhundertelangen Mostabusus dickliche, rotgesichtige Sturschädel entwickelt haben, mit denen bereits die Kinder zur Welt kommen.

Aber bis in ein paar Millionen Jahren dürfte auch -der Erosion sei Dank- diese natürlich Barriere weg sein. Dann ist der Weg gen Bodensee frei.

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